Alex Benedict 04: Das Auge des Teufels
befreien!«
Da bat ihn ein großer, kahlköpfiger Mann, er möge aufhören. »Sie ängstigen die Kinder«, sagte er.
Als die Friedhofstour vorüber war, brachte uns der Bus zur nächsten Station, an der wir einen Blick auf das Androidenlabor werfen durften. Die Anlage bestand aus mehreren kleinen Gebäuden, ausgestattet mit Labortischen, Wannen, Zubern und exotisch aussehenden Laborgeräten. Es sei, wie uns der Fahrer erklärte, nicht das echte Labor, das bereits vor Jahrhunderten zerstört worden sei. Aber es sei eine akkurate Nachbildung. Zudem, so versicherte er uns, sei dies der Grund und Boden, auf dem es gestanden habe. Genau das waren seine Worte.
Dann fuhr er mit seinen Ausführungen fort, ganz so, als wäre noch alles beim Alten. »Hier und da drüben sind die Unterkünfte der Wissenschaftler, und zu Ihrer Rechten sehen Sie den Speiseraum.« Das Hauptlabor befand sich nach seinen Angaben in dem einstöckigen Laborgebäude auf der rechten Seite. Vor dem Gebäude hielt er den Bus an. »Selbstverständlich verursachten die Leute, die die Regierung geschickt hat, um alles einzusammeln, was irgendwie mit dem Monster in Verbindung gebracht werden konnte, die weitaus meisten Schäden an der Laboranlage. Wir aber glauben, dass die Kreatur selbst am Ende alles dem Erdboden gleichgemacht hat.«
»Die müssen uns alle für blöd halten!«, raunte ich Alex zu.
»Nein, nein, das ist nur Show! Sie wissen, dass ihnen das niemand abkauft. Sie wollen diese Skepsis nur für einen Moment ausschalten. Genauso wie in einer Sim. Schalte einfach ein bisschen ab und amüsier dich, Chase!«
»Okay!«
»Außerdem, wer weiß es schon genau?«
»Ob so etwas passiert ist? Würdest du bitte aufhören? Du hast wieder in Greenes Büchern gelesen, nicht wahr?« Er lächelte, und dann lachten wir beide herzhaft. »Aber ernsthaft, ich frage mich wirklich, ob es irgendeine reale Grundlage für diese Geschichte gibt. Ob man wirklich versucht hat, hier draußen Androiden herzustellen.«
Er zuckte mit den Schultern. »Schon möglich. Vielleicht haben sie wirklich versucht, einen besseren Bullen zu basteln. In einer Diktatur kann man schon mit so etwas rechnen. Das ist es, was die technologische Entwicklung so beängstigend macht, Chase. Manchmal ziehen die falschen Leute Nutzen daraus.«
»Meinst du, Vicki hat diese Tour auch mitgemacht?«
»Meinst du, es wäre auch nur entfernt denkbar, dass sie den ganzen Weg bis hierher zurückgelegt hat und die Tour nicht mitgemacht hat?«
Eine endlose Minute lang hielt ich die Klappe. Dann: »Was hältst du davon, wenn wir heute Nacht noch mal herkommen?«
»Was? Hierher?«
»Ja. Hierher!«
»Warum?«
»Weil Vicki das auch getan hätte! Sie hätte sich zweifellos ein Bild von der emotionellen Wirkung der Androidengeschichte machen wollen. Und der Besuch des Grabs bei Nacht ist Teil dieser Wirkung. Ich bezweifle, dass sie dieser Versuchung hätte widerstehen können.«
»Vermutlich hast du Recht, Chase. Aber ich sehe keinen Sinn darin, diese Sache weiterzuverfolgen. Stattdessen sollten wir herausfinden, wohin sie von hier aus gegangen ist.«
»Das kommt mir gemogelt vor! Ich dachte, wir wollten ihre Schritte nachvollziehen!«
»Das willst du wirklich, ja?«
»Ja«, sagte ich. »Ich möchte hier sein, wenn der Stern am Himmel steht. Genau so dürfte sie es auch gemacht haben.«
»Chase …«
»Wir sind hergekommen, um ihren Spuren zu folgen. Um zu tun, was sie getan hat. Und mir scheint, dass dies der Kern der Sache sein könnte.«
»Okay«, sagte er in resigniertem Ton. »Wenn du darauf bestehst!«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein!«
»Was, nein?«
»Ich gehe allein!«
»Warum?«
»Weil sie auch allein war!«
»Chase, mich führst du nicht an der Nase herum!«
»Was meinst du damit?«
»Du bist immer noch ein kleines Mädchen.«
Die Idee gefiel ihm nicht. Er hielt diesen Nachtausflug für gefährlich. Das sei, so sagte er, kein Ort für eine Frau allein. Wer könne schon wissen, wer sich zu dieser Nachtzeit dort herumtriebe? Außerdem könne es da draußen sogar gefährliche Raubtiere geben. Ich erklärte ihm, er möge sich keine Sorgen machen und ich würde mich sofort bei ihm melden, sollte irgendetwas Außergewöhnliches vorfallen. Außerdem sei ich bewaffnet. Ich hatte mir einen 21k-Scrambler gekauft, den ich mitzunehmen gedachte. »Aber«, so sagte ich zu ihm, »du könntest vielleicht eine Plasmawaffe bereithalten, nur für den Fall, dass da draußen wirklich ein
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