Alex Benedict 04: Das Auge des Teufels
Anfangsstadium.
F: Können Sie uns den Titel nennen?
A: Der Arbeitstitel lautet Das Auge des Teufels.
F: Sie besuchen also unsere schöne Stadt.
A: Ja, es sieht ganz so aus.
F: Darf ich folglich annehmen, dass Sie über Forrest Barryman schreiben?
A: Sie dürfen annehmen, was Ihnen gefällt.
F: Läge ich richtig?
A: (Lächelt) Ehrlich, Henry, noch ist alles offen! Ich denke immer noch darüber nach, wovon das Buch eigentlich wirklich handeln soll.
»Sie wirkt optimistisch«, sagte ich. Diese Vicki hatte wenig Ähnlichkeit mit der, die uns die Botschaft geschickt hatte.
»Wo immer das Problem liegt«, sinnierte Alex, »zu dem Zeitpunkt war es noch nicht existent!«
Wir sahen uns den Rest des Interviews an. Als sie gefragt wurde, was sie für ihren Aufenthalt in der Stadt geplant habe, sagte Vicki, sie wolle sich nur ein wenig umschauen. »Das ist eine schöne Stadt, und ich habe vor, alles ganz entspannt auf mich zukommen zu lassen.«
»Werden Sie das Grab besuchen?«
»Ach, das glaube ich nicht, Henry! Es ist ein bisschen unheimlich da draußen!«
Es gab ein Barryman-Museum. Es gab die Friedhofsbuchhandlung. Und dann war da noch die Okkultistische Übergangsgesellschaft, die virtuelle Reisen in das Leben nach dem Tod feilbot. Man konnte Hemden mit einem Bild des Monsters erwerben. Eine Sim, die die Ereignisse aufgriff. Ein Hologramm des Monsters selbst stand direkt vor dem Andenkengeschäft. Als wir dort eintrafen, wurde es gerade von einer Familie belagert, die sich mit ihm fotografieren ließ. Die Geschäfte in dieser Stadt schienen höchst einträglich zu sein.
Wir machten uns auf die Suche nach Leuten, die Vicki Greene begegnet sein könnten. Einfach jeder in diesem Ort schien zumindest ein begeisterter Anhänger von Horrorgeschichten zu sein. Die meisten Einheimischen, mit denen wir sprachen, sagten, ja, sie hätten gehört, dass Vicki Greene in der Stadt gewesen sei, und einige erklärten sogar, sie hätten selbst mit ihr gesprochen. Aber wirklich hilfreich war das alles nicht. Ein paar Leute erzählten uns, sie habe ein Buch über das Barryman-Monster schreiben wollen. »Warum hätte sie sonst herkommen sollen?«, argumentierte einer von ihnen. Die Nachricht von ihrem Schicksal hatte den Weg hierher noch nicht gefunden, und ihre Anhänger waren nur widerstrebend bereit, uns Glauben zu schenken.
Alles in allem hatten wir es nicht leicht, verlässliche Quellen aufzutun. Die Details stimmten einfach nicht. Vickis Kleidung wurde unterschiedlich beschrieben. Ihr Haar hatte mal diese, mal jene Farbe. Manchmal sprach sie mit Akzent, manchmal nicht.
Wir erkundigten uns, ob die Leute glaubten, dass die Barryman-Geschichte auf Fakten beruhe. Ich hatte angenommen, wir würden auf einige Skeptiker stoßen, vor allem unter den Jugendlichen. Aber nein. Natürlich war das alles so passiert. Fragen Sie, wen Sie wollen! Oder gehen Sie einfach selbst raus zum Friedhof, wenn Callistra am Himmel steht!
Bei Tag gab es geführte Touren zu Barrymans Grab, bei denen ein Schwebebus zum Einsatz kam, auf dem der Schriftzug Androidenshuttle prangte. Als ich mich beim Hotelportier erkundigte, ob es auch Nachttouren gäbe, sah er mich erschrocken an. »Aber nein junge Dame! Niemand geht bei Nacht dorthin. Das ist nicht gestattet!«
Dabei konnte er ein Lächeln aber nicht ganz unterdrücken.
Wir wurden am Hotel abgeholt. Unterwegs hielt der Bus noch einmal an, ehe er gen Norden zum Friedhof fuhr. An Bord waren etwa fünfzehn Personen, die Hälfte davon Kinder. Die Leute hatten Ferien. Es wurde viel gelacht, und ich hörte ein kleines Mädchen fragen: »Ist das wirklich wahr, Mami?«
»Nein, Liebling«, antwortete Mami, »es gibt keine Gespenster!«
Alex wartete auf eine Gelegenheit, dem Fremdenführer ein Bild von Vicki zu zeigen.
»Erinnern Sie sich, ob diese Frau eine Ihrer Touren mitgemacht hat?«
»Guter Mann«, sagte der, »haben Sie eine Ahnung, wie viele Leute an diesen Touren teilnehmen?«
Wir ließen die Stadt hinter uns und fuhren noch etwa drei Kilometer weit eine ebene, schnurgerade Straße hinunter. Bogen rechts ab auf eine Zufahrt. Und näherten uns einem doppelflügeligen Eisentor, das sich für uns öffnete (als Sicherheitsmaßnahme taugte das Tor nur wenig, da der Zaun selbst an mehreren Stellen Löcher hatte).
Der Friedhof war alt. Manche Grabmale waren über sechshundert Jahre alt und stammten folglich aus den Anfangstagen des Bandahriats. Der Reiseleiter, ein Mann in mittleren
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