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Alex Cross 05 - Wer Hat Angst Vorm Schattenmann

Alex Cross 05 - Wer Hat Angst Vorm Schattenmann

Titel: Alex Cross 05 - Wer Hat Angst Vorm Schattenmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Patterson
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aber sie kommen und gehen die ganze Nacht über.
    Ich saß da und schaute auf die vertrauten, roten, flackernden Votivlampen. Ich sog den Geruch des Weihrauchs tief ein. Ich blickte zum großen vergoldeten Kruzifix hinauf und zu den wunderschönen bunten Glasfenstern, die ich liebte, seit ich ein kleiner Junge war.
    Ich zündete eine Kerze für Christine an und hoffte, dass sie trotz allem noch lebte. Doch es war mehr als unwahrscheinlich.
    Meine Erinnerung an sie verblasste schon ein wenig, und dafür hasste ich mich. Eine Säule aus Schmerz stieg von meinem Magen in die Brust hinauf. Ich hatte Atemprobleme. So war es seit dem Tag, an dem Christine verschwunden war – vor fast einem Jahr.
    Und dann gestand ich mir zum ersten Mal ein, dass es Christine nicht mehr gab. Ich würde sie nie wiedersehen. Dieser Gedanke zerschnitt mir die Kehle wie eine scharfkantige Glasscheibe. Tränen traten mir in die Augen. »Ich liebe dich«, flüsterte ich in den Raum. »Ich liebe dich so sehr, und du fehlst mir unsagbar.«
    Ich sprach noch ein paar Gebete, erhob mich von der langen Bank und ging schweigend zum Portal am Eingang. Ich sah die Frau nicht, die still und unscheinbar in einer Seitenbank saß.
    Sie überraschte mich mit einer plötzlichen Bewegung.
    Dann erkannte ich sie aus der Suppenküche. Sie hieß Magnolia. Das war alles, was ich über sie wusste – nur dieser eigenartige Vorname, der vielleicht bloß erdacht war. Sie sprach mich mit lauter Stimme an. »He, Erdnussbutter-Mann, jetzt weißte, wie das is’.«
    J ones und Sandy Greenberg von Interpol hatten geholfen, die anderen drei Reiter zu observieren. Das ausgeworfene Netz war groß, genauso wie die Beute, wenn wir Erfolg hatten.
    Der politische Riesenskandal in England wurde vom Geheimdienst genauestens beobachtet und überwacht. Sollte sich herausstellen, dass vier englische Agenten Mörder in einem bizarren »Spiel« waren, hätte das für den gesamten Geheimdienst einen gewaltigen Schaden zur Folge, der nie wiedergutzumachen wäre.
    Shafer ging am Mittwoch und am Donnerstag pflichtbewusst in die Botschaft. Er kam kurz vor neun Uhr und ging pünktlich um fünf. Einmal drinnen, blieb er in seinem kleinen Büro, ließ sich nicht sehen und wagte sich nicht einmal zum Mittagessen heraus. Er surfte stundenlang im Internet, was von uns aufgezeichnet wurde.
    An beiden Tagen trug Shafer dieselbe graue Hose und einen zweireihigen blauen Blazer. Seine Kleidung war verknittert und unordentlich – untypisch für ihn. Sein dichtes blondes Haar war zurückgekämmt. Es wirkte fettig und schmutzig; kein Härchen rührte sich im steifen Wind, der durch Washington wehte. Er sah blass aus und schien äußerst nervös zu sein.
    Würde er schlappmachen?
    Am Freitag saßen Nana und ich nach dem Abendessen hinter unserem Haus an der Fünften Straße. Wir verbrachten so viel Zeit zusammen wie seit Jahren nicht. Ich wusste, dass sie sich meinetwegen Sorgen machte, und ich ließ sie so viel helfen, wie sie wollte. Für uns beide.
    Jannie und Damon erledigten drinnen den Abwasch, ohne allzu viel zu streiten. Damon spülte, Jannie trocknete ab. Damons Kassettenrekorder spielte die wunderbare Filmmusik von Beloved .
    »Heutzutage haben die meisten Familien eine Spülmaschine«, sagte Nana, nachdem sie einen Schluck Tee getrunken hatte. »Die Sklaverei in Amerika gibt es nicht mehr, Alex.
    Schon davon gehört?«
    »Wir haben Geschirrspüler. Hört sich an, als würden sie ganz ordentlich funktionieren. Wenig Wartung, niedrige Kosten. Kaum zu schlagen.«
    Nana schnalzte mit der Zunge. »Mal sehen, wie lange das gut geht.«
    »Wenn du einen Geschirrspüler willst, können wir einen kaufen – oder übst du dich nur in der feinen Kunst des Streitgesprächs, ehe du etwas loslässt, das deinen Begabungen würdiger ist? Wenn ich mich recht entsinne, bist du ein Fan von Demosthenes und Cicero.«
    Sie stieß mich mit dem Ellbogen an. »Klugscheißer«, sagte sie. »Du hältst dich für schrecklich gebildet, was?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Eigentlich nicht, Nana. Das war nie eines meiner großen Probleme.«
    »Glaub ich auch nicht. Du hast Recht, an Selbstüberschätzung leidest du wirklich nicht.« Nana schaute mir in die Augen. Ich hatte das Gefühl, sie würde in meine Seele eindringen.
    Nana hat die Fähigkeit, sehr tief in Dinge hineinzuschauen, die wirklich wichtig sind. »Wirst du jemals aufhören, dir die Schuld zu geben?«, fragte sie. »Du siehst grauenvoll aus.«
    »Danke. Wirst du

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