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Alex Cross 05 - Wer Hat Angst Vorm Schattenmann

Alex Cross 05 - Wer Hat Angst Vorm Schattenmann

Titel: Alex Cross 05 - Wer Hat Angst Vorm Schattenmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Patterson
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die Sojourner Truth.«
    Das Mädchen schaute mich an. Ihre rot geweinten Augen blickten misstrauisch. »Sie werden niemanden erwischen«, sagte sie schließlich. Das war die vorherrschende Meinung in diesem Stadtviertel – und weitgehend zutreffend. Außerdem durften Sampson und ich eigentlich gar nicht hier sein. Ich hatte meiner Sekretärin gesagt, ich wäre wegen des Mordes an Frank Odenkirk unterwegs. Ein paar Kollegen deckten uns.
    »Wie lange haben Tori und Marion schon in Petworth gearbeitet? Kennst du noch andere Mädchen, die dort … die sich dort verkaufen?«
    Evita schüttelte den Kopf. » Tori ist in Petworth auf den Strich gegangen, nicht Marion. Meine Cousine war ein guter Mensch. Beide waren prima Mädchen. Marion war so was wie mein kleines Hündchen«, sagte Evita, und wieder strömten die Tränen.
    »Marion war aber mit Tori dort.« Ich sagte ihr die Wahrheit, soweit ich sie kannte. »Wir haben mit Leuten gesprochen, die sie in der betreffenden Nacht am Princeton Place gesehen haben.«
    Evita warf mir einen zornigen Blick zu. »Sie haben ja keine Ahnung, was Sie da reden, Mister Detective. Sie irren sich. Sie haben alles verdreht.«
    »Dann erzähl mal, Evita. Deshalb bin ich ja hier.«
    »Marion hat da nicht ihren Körper verkauft oder so was. Sie hatte bloß Angst um Tori. Sie ist hingegangen, weil sie Tori beschützen wollte. Sie hat nie irgendwas Schlimmes für Geld gemacht. Das weiß ich ganz genau.«
    Wieder begann das Mädchen zu schluchzen. »Meine Cousine war ein guter Mensch, meine beste Freundin. Sie wollte bloß Tori beschützen, deshalb hat man sie umgebracht. Die Polizei wird gar nichts tun. Wenn Sie heute verschwunden sind, kommen Sie nie wieder her. Nichts wird geschehen. Wir sind Ihnen doch ganz egal. Wir sind allen scheißegal«, erklärte Evita Cardinal, und damit schien alles gesagt zu sein.
    W ir sind allen scheißegal. Es war eine schreckliche und vollkommen zutreffende Behauptung. Und sie war die tiefste Wurzel der Ermittlungen in den Jane-Namenlos-Morden und der Suche nach dem Wiesel. Sie war die Quintessenz von George Pittmans zynischer Philosophie über den Stadtkern. Sie war auch der Grund, dass ich mich an diesem Abend um halb sieben hundemüde und wie betäubt fühlte. Ich glaubte, dass die Jane-Namenlos-Morde allmählich ausuferten.
    Andererseits hatte ich in den letzten Tagen meine eigenen Kinder viel zu selten gesehen, deshalb beschloss ich, lieber nach Hause zu fahren. Unterwegs dachte ich an Christine und wurde sofort ruhiger. Seit ich ein kleiner Junge war, hatte ich immer wieder einen Tagtraum: Ich stehe allein auf einem kalten, öden Planeten. Es ist beängstigend, aber vor allem einsam und furchteinflößend. Dann tritt eine Frau zu mir. Unsere Hände finden sich, wir umarmen uns – und dann ist alles wieder gut. Diese Frau war Christine, und ich hatte keine Ahnung, wie sie aus meinen Träumen in die wirkliche Welt getreten war.
    Nana, Damon und Jannie verließen gerade das Haus, als ich auf die Einfahrt fuhr.
    Was ist los?, fragte ich mich. Wo gehen sie hin?
    Alle waren festlich gekleidet und sahen besonders hübsch aus. Nana und Jannie trugen ihre besten Kleider und Damon einen blauen Anzug, dazu ein weißes Hemd mit Krawatte.
    Damon trägt fast nie diesen »Affen-« oder »Beerdigungsanzug«, wie er ihn nennt.
    »Wohin wollt ihr denn alle?«, fragte ich, als ich aus meinem alten Porsche stieg. »Was ist los? Wollt ihr mich verlassen?«
    »Nichts ist los«, antwortete Damon seltsam ausweichend.
    Seine Blicke huschten durch den Garten.
    »Damon singt jetzt im Washington-Knabenchor unserer Schule!«, platzte Jannie stolz heraus. »Er wollte nicht, dass du was erfährst, bis er’s geschafft hat. Nun, er hat’s geschafft.
    Damon ist jetzt Chorsänger .«
    Ihr Bruder schlug ihr auf den Arm. Nicht fest, aber so, dass man sah, dass er nicht begeistert war, dass Jannie sein Geheimnis verraten hatte.
    »He!«, sagte Jannie und hob die Fäuste wie die kleine Ama-teur-Boxerin, die sie unter meinen wachsamen Augen werden wird.
    »He, he!«, rief ich und trat wie ein Ringrichter dazwischen, wie Mills Lane, der die großen Profikämpfe leitet. »Kein Boxen außerhalb des Ringes. Ihr kennt die Regeln. Also, was ist mit diesem Chor?«
    »Damon hat für den Knabenchor vorgesungen, und die haben ihn aufgenommen«, erklärte Nana und blickte strahlend auf Damon. »Er hat es ganz allein geschafft.«
    »Du singst ?«, sagte ich und schaute ihn nun ebenfalls strahlend an.

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