Alex Cross 07 - Stunde der Rache
Übergrößen in Houston gekauft hatte. Er verneigte sich vor den Zauberern, als diese eintraten, und flüsterte, dass er sich durch ihren Besuch geehrt fühle.
»Sollten Sie auch«, fuhr Charles ihn an. »Wir hatten einen langen Tag und sind müde. Sie wissen, weshalb wir hier sind. Packen wir's an!« Außer auf der Bühne redete meistens Charles, besonders wenn sie jemanden wie diese armselige Null George Hellenga vor sich hatten. Sofort geleitete Hellenga Daniel und Charles nach unten. Sie waren die Herren, er der Sklave. Es gab Legionen wie er, die in vielen Städten warteten und beteten, Gelegenheit zu erhalten, dem Sire zu dienen. Als Daniel die Treppen hinunterging, lächelte er. Er betrach
tete den Gefangenen, den Sklaven, und dieser gefiel ihm sehr. Er ging zu dem Jungen, der ungefähr achtzehn oder neunzehn war, und sagte zu ihm: »Jetzt bin ich hier. Ich freue mich, dich kennen zu lernen. Du bist wunderbar.« Der junge Bursche war fast zwei Meter groß, hatte kurz geschnittene, blonde Haare, muskulöse Gliedmaßen und volle Lippen, die durch die filigranen Silberringe betont wurden.
»Er schmollt. Er schaut so traurig drein. Binde ihn los!«, befahl Daniel dem Sklaven Hellenga. »Wie heißt der arme Kerl?« »Er heißt Edward Haggerty, Sire. Er ist ein Erstsemester an der Louisiana State University. Er ist Euer Diener«, erklärte George Hellenga, der jetzt sichtbar zitterte.
Edward Haggertys schlanke Hände waren an die Backsteinmauer gefesselt. Er trug einen silbernen Umhang und einen silbernen Fußring. Sonst nichts. Er war ein prächtiges Geschöpf, schlank, festes Fleisch – in jeder Hinsicht perfekt. George Hellenga warf nervös einen verstohlenen Blick auf den Sire. »Er könnte weglaufen, wenn wir ihn losbinden, Sire.« Daniel streckte die Arme aus und umfing den Jungen, als sei dieser ein kleines Kind. Er küsste ihn auf die Wangen, die Stirn und diese üppigen rosigen Lippen.
»Du läufst doch nicht weg, oder?«, sagte er mit leiser, einschmeichelnder Stimme.
»Nicht vor dir«, antwortete der Junge. »Du bist der Sire, und ich bin nichts.« Daniel lächelte. Das war die perfekte Antwort.
59
M ein Telefon klingelte früh am Morgen. Es war Kyle. In seiner bedächtigen Art teilte er mir mit, dass sich Daniel und Charles am gestrigen Abend in Luft aufgelöst hätten. Er war stinksauer auf seine Leute. Noch nie hatte ich ihn so wütend erlebt. Bis jetzt waren aber keine neuen Morde in oder um New Orleans gemeldet worden. Gegen sechs Uhr morgens waren die Zauberer in ihrem Haus im Garden District wieder aufgetaucht. Wo waren sie die ganze Nacht über gewesen? Was war geschehen? Etwas musste passiert sein. Das stand fest.
Ich blieb an diesem Tag in Washington und erholte mich immer noch von der Infektion. Ich studierte Daniel und Charles und erstellte ein vorläufiges Profil von ihnen, um es mit dem in Quantico zu vergleichen. Eine wichtige Information war, dass die Zauberer nachweislich in Savannah, Charleston und Las Vegas aufgetreten waren. Ich setzte mich mit dem FBI in Quantico in Verbindung. Sie stellten nicht nur fest, dass die Tour der Zauberer mit der Hälfte unserer Morde übereinstimmte, sondern verifizierten auch, dass Daniel und Charles tatsächlich zu den Zeitpunkten in den betreffenden Städten aufgetreten waren, als die Morde stattgefunden hatten. Ein weiterer wichtiger Baustein war, dass Daniel und Charles die Tiger nur dann mitgenommen hatten, wenn ihr Engagement mindestens eine Woche lang dauerte. In den nächsten drei Wochen sollten die Magier in New Orleans auftreten. Dort besaßen sie ein Haus im Garden District.
Ich schickte Quantico meine Ergebnisse, und sie legten sie in der Akte ab, die ständig dicker wurde. Außerdem faxte ich alles an Jamilla Hughes in San Francisco. Sie bemühte sich, nach New Orleans zu kommen, aber ihr Boss hatte noch keine Entscheidung getroffen.
Ich rief deshalb Kyle an. Er zierte sich erst, versprach aber dann, seinen Einfluss geltend zu machen, um Inspector Hughes für ein paar Tage loszueisen. Schließlich hatte alles mit ihrem Mordfall angefangen.
Zu Hause fiel mir langsam die Decke auf den Kopf. Ich hatte das frustrierende Gefühl, in meinem Schlafzimmer eine Observation durchzuführen – aber es gab nichts zu observieren. Ein wenig trösteten mich die vielen Stunden mit Klein-Alex, und dass ich mehr Zeit mit Jannie und Damon verbringen konnte. Aber irgendwie kam ich mir bei dieser Mordserie auf verlorenem Posten vor.
Am Nachmittag
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