Alex Cross - Cold
Lächeln auf ihrem Gesicht... und bei allem gebührenden Respekt gegenüber sämtlichen Anwesenden dieses Abends, das war für mich der Höhepunkt des Abends. Wenn ich mich nicht irrte, dann hatte ich es endlich doch geschafft, Miss Ava zu beeindrucken. Und mehr als eine persönliche Begegnung mit der First Lady der Vereinigten Staaten war dafür nicht nötig gewesen.
Das nutzte ich aus und verbrachte den gesamten Abend damit, mich gut zu fühlen, zufrieden mit mir zu sein, und auch danach tat ich noch eine ganze Weile so, als sei ich irgendwie bedeutend.
Aber dass mir niemand auf die Idee kommt, das Nana zu verraten.
117
»Sir, es ist jetzt zwei Monate her, dass diese Leichen am Strand von Truro entdeckt worden sind. Seitdem haben wir keinerlei Attacken durch Al Ayla mehr registriert. Alle abgehörten Telefonate und alle Geheimdiensterkenntnisse aus Saudi-Arabien deuten darauf hin, dass sie sämtliche Aktivitäten in Washington vorerst eingestellt haben.«
Präsident Coyle blickte über seinen Schreibtisch hinweg auf das Dutzend hochrangiger Männer und Frauen, die sich im Oval Office versammelt hatten. Die Ereignisse der vergangenen Monate hatten bei vielen deutlich sichtbare Spuren der Erschöpfung hinterlassen. Das konnte er in ihren Augen sehen.
Aber sie hatten auch ein neues Gefühl der Zusammengehörigkeit unter den verschiedenen Geheimdiensten geschaffen. Die Bandbreite an schierem Wissen und Erfahrung, die sich an diesem Abend hier eingefunden hatte, war alles andere als unbedeutend.
»Was ist mit den Toten? Gibt es da irgendwelche Fortschritte?«, wollte Coyle wissen.
»Drei davon konnten wir immer noch nicht identifizieren, Sir«, antwortete Norma Tiefel. »Bei dem vierten handelt es sich um Tarik Al Dossari, den Ehemann der Frau, die unserer Ansicht nach die Zelle in Washington geführt hat, bevor sämtliche Aktivitäten eingestellt wurden.«
»Und sie ist...?«
»Nicht auffindbar. Wie vom Erdboden verschwunden. Wir glauben, dass sie die anderen ermordet haben könnte.«
Coyle ließ einen eleganten Goldfüller wie einen Propeller um seinen Daumen kreisen. Das hatte Zoe ihm letzten Sommer beigebracht, auf dem Flug nach China. Es kam ihm vor wie eine Ewigkeit.
»Was ist mit anderen Städten? New York, Chicago, L. A.?«
»Alles ruhig, soweit wir das beurteilen können«, teilte FBI-Direktor Burns ihm mit.
»Es ist natürlich nicht auszuschließen, dass sie sich einfach nur neu formieren«, meldete sich Evan Stroud von der CIA zu Wort. »Aber alle großen Dienste rechnen damit, dass wir, bevor sie ihre Aktivitäten wieder aufleben lassen, das eine oder andere verräterische Telefonat abfangen werden.«
»Genau. Weil wir ja bis jetzt noch nie überrumpelt worden sind«, meinte der Präsident.
»Bitte entschuldigen Sie, Sir. Ich möchte die Dinge wirklich nicht allzu sehr vereinfachen. Ich wollte damit nur sagen, dass die Momente der Stille zwischen den Vereinigten Staaten und dem Königreich Saudi-Arabien immer seltener werden.«
»Was lediglich eine andere Formulierung für Abwarten und Tee trinken ist«, knurrte Coyle. Er lehnte sich zurück und ließ den Blick durch den Raum schweifen. »Nun, es wird niemanden hier besonders überraschen, dass ich mich jetzt nicht in mein schützendes Heim zurückziehen werde«, sagte er. Auf den erschöpften Gesichtern der anderen war das eine oder andere höfliche Lächeln zu entdecken. »Ich werde mich vielmehr wieder der Führung dieses Landes widmen, und ich schlage vor, dass Sie alle dasselbe tun.«
»Ja, Sir«, kam es im Chor zurück.
»Gestatten Sie, dass ich mich korrigiere. Ich erwarte, dass Sie alle dasselbe tun.«
Dann erhoben sich die Anwesenden, und der Präsident verließ den Raum durch das Portal, das zum westlichen Säulengang führte.
Auf dem Weg zurück in die Residenz dachte Coyle, dass natürlich sehr viele unterschiedliche Meinungen im Raum vertreten gewesen waren. In solchen Fragen ließ sich keine vollkommene Einigkeit erzielen, darüber machte er sich keine Illusionen, ja, er hielt das nicht einmal für erstrebenswert.
Aber an einem entscheidenden Punkt hatte er absolutes Vertrauen. Jeder Mann und jede Frau in dieser Sitzung, daran hatte er nicht den geringsten Zweifel, besaß eine unerschütterliche Achtung gegenüber dem Land, dem sie dienten, gegenüber dem Amt des Präsidenten und gegenüber der Aufgabe, die vor ihnen lag.
Zu führen.
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