Alex Delaware 25 - Tödliche Lektion
Arbeit gemacht?«
Er runzelte die Stirn. »Ich habe meinen Master gemacht und mit der Doktorarbeit angefangen.«
»In …«
»Physik.«
»Arbeiten Sie noch an der Doktorarbeit?«
»Irgendwann werde ich mit der Dissertation schon noch fertig werden.«
»Wo haben Sie Ihr Studium absolviert?«
»Das Grundstudium am M.I.T, Hauptstudium und Abschluss an der Universität von Michigan.«
Milo pfiff. »Unterrichten Sie an der Windsor noch etwas anderes?«
»Chemie auf Collegeniveau, genauso wie Physik. Zusätzlich leite ich ein Seminar für Biophysik in der Ökologie, das Schülern offen steht, die eine Eins in den Leistungskursen haben.«
»Die Wahrheit über die globale Erwärmung?«
»Ein bisschen komplexer.«
Milo schob sich näher heran. Winterthorn warf ihm einen erschrockenen Blick zu, als wollte er sagen: Was habe ich bloß angestellt?
»Beim Chemieunterricht… arbeiten Sie da auch mit Trockeneis?«
Winterthorn kicherte.
»Was ist an der Frage so komisch, Jim?«
»Mein Naturwissenschaftslehrer hat in der fünften Klasse einmal Trockeneis in den Unterricht mitgebracht, um damit spektakuläre Vulkaneffekte zu erzielen. Er wollte uns beweisen, dass Naturwissenschaften cool sein können. Nein, Lieutenant, wir sind in unseren Leistungskursen ein bisschen weiter. Der Schwerpunkt liegt auf Berechnungen. Im Grunde genommen handelt es sich um einen Lehrplan auf Collegeniveau.«
»Keine Vulkane also«, sagte Milo. »Schade. Als mein Lehrer das gemacht hat, war ich wirklich überzeugt davon, dass Naturwissenschaften total cool sind.«
Winterthorn wurde wieder ernst. »Wollen Sie damit sagen, dass Trockeneis etwas mit Elises … etwas mit dem zu tun hat, was passiert ist?«
»Was für einen Eindruck hatten Sie von Elise, Jim?«
Winterthorn drückte den schmalen Rücken an die Stuhllehne, als wollte er ein Stück zurückrutschen. »Sie wirkte sehr pflichtbewusst.«
»Wirkte?«
»Wahrscheinlich war sie es auch. Ab und zu habe ich gesehen, dass sie den Schülern auch nach Unterrichtsschluss noch zur Verfügung stand.«
»Das ist Ihnen aufgefallen, weil …«
»Weil ich das auch so halte.«
»Wissen die Schüler so viel Engagement zu schätzen?«
»Das will ich doch meinen.«
»Hatte Elise irgendwelche Lieblinge – Schüler, mit denen sie öfter zusammen war als mit anderen?«
»Das weiß ich nicht… Können Sie mir sagen, worum es hier geht? Ich vermute, irgendetwas an ihrem Tod ist verdächtig. Warum würden wir sonst mit der Polizei sprechen?«
Milo reichte Winterthorn seine Karte.
Der junge Mann riss die Augen auf. »Wurde Sie definitiv ermordet?«
»Definitiv?«
»Was ich damit meine, ist… diese Unmittelbarkeit«, sagte Winterthorn. »Wenn etwas so Schreckliches im nahen Umfeld geschieht.« Er klang eher fasziniert als schockiert, so als beschreibe er ein komplexes Molekül.
»Also«, sagte Milo, »keine Lieblingsschüler, soweit Sie wissen?«
»Ich habe nicht darauf geachtet.«
»Hatte sie Konflikte mit irgendjemandem an der Windsor? Mit Schülern, Lehrern, Hausmeistern?«
»Absolut nichts dergleichen«, sagte Winterthorn.
»Hätten Sie es erfahren, wenn sie mit jemandem Schwierigkeiten gehabt hätte, Jim?«
»Was meinen Sie damit?«
»Sie sind ja schließlich im mathematisch-naturwissenschaftlichen Zweig tätig.«
»Diese Abgrenzung gilt nur für die Kontakte untereinander«, sagte Winterthorn, der auf seinem Stuhl hin und her rutschte und sich an der Nase kratzte. »Die Windsor ist eine kleine Welt für sich, in der sich Aufsehen erregende Ereignisse schnell herumsprechen. Wenn Elise schwerwiegende Probleme gehabt hätte – etwas, das dazu geführt hätte, dass … ja, das hätte ich erfahren. Aber ich habe nie etwas gehört.«
»Der Flurfunk funktioniert an der Windsor also hervorragend.«
»Eigentlich nicht, es ist nur so, dass man von wichtigen Sachen eben immer was mitbekommt.«
»Was gab es für Klatsch über Elise?«
Winterthorn biss sich auf die Lippe. »Mir ist nicht ganz wohl dabei, hinter ihrem Rücken über sie zu reden. Vor allem jetzt.«
»Jetzt müssen Sie hinter ihrem Rücken über sie reden, Jim. Denn dieser Rücken liegt zurzeit auf der kalten Stahlplatte eines Seziertisches in der Rechtsmedizin.«
Winterthorn erschauderte. »Grundgütiger, Sie ersparen einem nichts, oder?«
»Ich habe die Erfahrung gemacht, dass einem das nicht weiterhilft, wenn man es mit einem Mord zu tun hat.«
»Mord … das kommt mir so unwirklich vor.«
»Kommen wir auf
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