Alex Delaware 25 - Tödliche Lektion
ein weißes Button-down-Hemd, eine blaue Stoffhose und blaue Slipper und hätte auch als Oberstufenschüler an der Windsor durchgehen können.
»Pünktlich auf die Minute, Jim«, sagte Mary Jane Rollins. »Lieutenant, das ist Mr. James Winterthorn, der stellvertretende Leiter unseres naturwissenschaftlichen Fachbereichs.«
Winterhorn begrüßte uns misstrauisch und reichte uns seine schlaffe, feuchte Hand. »Ich wünschte, ich wüsste, worum es hier geht.«
»Kommen Sie rein, Sir, dann klären wir Sie auf.«
Rollins führte uns an der Treppe vorbei zu einem Hinterzimmer mit Blick auf einen winzigen Garten. In dem Raum befanden sich leere Bücherregale, ein funktionierender Kamin und ein Kabelanschluss für den Flachbildfernseher, der einst über dem Sims gestanden hatte.
Hier hatte sich früher die Familie versammelt, als Rollins sich auf jenes Leben eingelassen hatte, das ihr Mann mit in die Ehe brachte.
Zwei Klappstühle standen einem dritten gegenüber, der etwa zwei bis zweieinhalb Meter entfernt war. Milo schob unsere beiden einen guten Meter näher ran und bedeutete Winterthorn, auf dem einzelnen Stuhl Platz zu nehmen. Dann wandte er sich an Rollins.
»Genießen Sie Ihr Buch, Doktor. Aber bitte nicht hier im Haus.«
»Ich habe die Anweisung hierzubleiben, Lieutenant Sturgis.«
»Mag sein. Aber soeben haben Sie neue Anweisungen erhalten.«
»Lieutenant, bringen Sie mich bitte nicht in eine unangenehme Lage …«
»Gott bewahre. Sie können in der Nähe bleiben, aber nicht hier drin. Ich schlage vor, dass Sie einen Spaziergang machen. Das Wetter ist schön, bis zum Rodeo Drive sind es nur ein paar Schritte. Andernfalls müssen wir gehen. Mit Mr. Winterthorn.«
Winterhorn verfolgte den Wortwechsel und wurde zusehends unruhiger.
»Das muss ich melden«, sagte Rollins.
»Gute Idee«, erwiderte Milo. »Wenn es auf das Einimpfen fester moralischer Werte ankommt, geht nichts über offene Kommunikation.«
Rollins’ Schritte entfernten sich auf dem Hartholzboden, dann wurde eine Tür zugeschlagen.
James Winterthorn saß da und hatte die Hände im Schoß liegen. Seine bloßen Unterarme waren blass, unbehaart und von ausgeprägten Adern durchzogen.
»Danke, dass Sie gekommen sind, Sir«, sagte Milo.
»Mir blieb ja nichts anderes übrig. Dr. Helfgott ließ mich aus dem Chemieunterricht holen. Offenbar hat er das Gefühl, dass es um etwas Wichtiges geht.«
»Hat er Ihnen erklärt, warum es wichtig ist?«
»Genau genommen habe ich nur mit seiner Sekretärin gesprochen. Sie hat gesagt, Elise Freeman sei verstorben und die Polizei müsse mit Angehörigen des Lehrkörpers sprechen. Mir ist nicht ganz klar, weshalb?«
»Wie war Ihre Beziehung zu Elise Freeman?«
»Beziehung? Wir waren Kollegen. Sozusagen.«
»Sozusagen?«
»Sie war Aushilfslehrerin für Englisch und Geschichte, ich unterrichte Chemie und Physik.«
»Getrennte Welten?«
»Die Naturwissenschaftler tendieren dazu, untereinander zu bleiben, und so weiter. Vielleicht steckt diese Art von Tribalismus in unseren Genen.«
»An der Arbeit gab es also nicht viele Kontakte«, sagte Milo. »Was ist mit der Freizeit?«
»Davon weiß ich nichts, Lieutenant.«
»Gehen Sie nicht gern unter Leute?«
»Ich habe eine Freundin, und wir planen, gegen Ende des Schuljahrs zusammenzuziehen. Mit der Arbeit und der gemeinsamen Zeit mit Emily sind meine Tage ziemlich ausgefüllt.«
»Ist Emily ebenfalls Lehrerin?«
»Sie studiert an der hiesigen Universität Medizin.«
»Sie beide wohnen derzeit getrennt?«
Winterthorn errötete. »Wir wohnen beide noch bei unseren Eltern. Das ist zwar nicht der Idealzustand, aber in Anbetracht der wirtschaftlichen Lage waren wir der Meinung, dass wir uns vielleicht etwas Eigenes leisten könnten, wenn wir jetzt so viel wie möglich sparen.«
»Wo wohnen Ihre Eltern?«
»In Encino.«
»Südlich oder nördlich des Boulevard?«
»Südlich«, sagte Winterthorn.
»Nett.«
»Mein Vater ist Neurochirurg.«
»Sowohl der Papa als auch die Freundin sind Ärzte«, sagte Milo.
»Mein Bruder und meine Schwester ebenfalls.«
»Nur Sie schlagen aus der Art.«
Winterthorn lächelte.
»War das Medizinstudium nichts für Sie?«
Das Lächeln verschwand. »Warum interessieren Sie sich so sehr für meinen Lebenslauf?«
»Ich versuche Sie nur kennenzulernen, Jim. Wie alt sind Sie?«
»Neunundzwanzig.«
»Wie lange arbeiten Sie schon an der Windsor?«
»Seit zwei Jahren.«
»Was haben Sie zwischen dem College und der
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