Alex Delaware 25 - Tödliche Lektion
und zu mal aushilft.«
»Ein Flittchen«, sagte ich.
»Sie können auch Schlampe dazu sagen. Okay, ich sag Ihnen was über Elise – und über Sandy. Alle beide wurden von ihrem alten Herrn behelligt. Kapiert?«
»Missbraucht?«
»So könnte man es auch nennen.«
»Hat Sandy darüber gesprochen?«
»Nur einmal, als sie eine ihrer Launen hatte. Sie war weinerlich und wollte, dass ich sie in den Arm nehme oder so was Ähnliches. Danach nie wieder, so als wäre es nie passiert. Ich habe das Thema später nur noch einmal zur Sprache gebracht, als Sandy und ich einen Schlichtungsversuch unternommen haben. Sie wollte sich einen Großteil vom Restaurant unter den Nagel reißen. Ich war deswegen stinksauer und habe ihr vorgeworfen, dass sie von Grund auf verdorben wäre. Da habe ich ihr das mit ihrem Vater direkt ins Gesicht gesagt. Sie steht auf, kommt um den Tisch rum und knallt mir eine. Damit war die Schlichtung beendet. Hat sich selbst keinen Gefallen getan damit, weil das vor Gericht gar nicht gut ankam. Bestellen Sie ihr auf keinen Fall Grüße von mir, wenn Sie sie finden.«
»Was für ein Typ war ihr Vater?«
»Er ist gestorben, bevor ich Sandy kennengelernt habe, aber soweit ich weiß, war er ein Rumtreiber. Jedenfalls haben das die Leute in der Nachbarschaft gesagt. Nach außen hin war er ein geachteter Mann, Schulrektor obendrein. Ich würde ihm gern mal seine Beichte abnehmen. Ein anständiger Vater hätte nicht so zwei Schlampen großgezogen.«
»War Sandy untreu?«
»Sandy war eine Schlampe. Hat die ganze Zeit, in der wir verheiratet waren, mit anderen Typen gebumst. Ist abends ständig ausgegangen. Ich war allerdings auch blöd genug, die ganzen Geschichten von wegen Scrabbleclub, Bridgerunden und Gärtnerkursen zu glauben.«
»Und Elise war genauso?«
»Elise hat mich mal angegraben. Sandy war in der Küche, und Elise greift mir an den – Sie wissen schon. Ich habe sie angeschaut, als wäre sie nicht ganz bei Trost, und sie hat so getan, als wäre nie was gewesen. Das haben sie beide drauf. So tun als ob.«
»Wie war ihre Mutter?«
»Die war schon tot, als ich Sandy kennengelernt habe. Sandy hat nie über sie geredet.«
»An welcher Schule war ihr Vater Rektor?«
»An einer öffentlichen Schule für Schwarze.«
»Wie war sein Name?«
»Cyrus Freeman«, sagte er. »Dr. Cyrus Freeman. Sandy hat mich immer daran erinnert, wie tief sie gesunken ist, indem sie jemanden geheiratet hat, der bloß ein Jahr auf der Towson war. Und in der Zwischenzeit vögelt sie mit halb Baltimore und gibt mein Geld aus, als wäre sie eine Kongressabgeordnete.«
S. Freeman Stuehr stand im Telefonbuch von Santa Barbara. Die Stimme auf dem Anrufbeantworter klang angenehm und freundlich.
Hi, wer immer Sie auch sind, hier ist Sandy. Ich würde ja gerne mit Ihnen sprechen, aber ich bin entweder außer Haus oder genieße gerade ein bisschen die kalifornische Sonne. Hinterlassen Sie also bitte eine Nachricht.
Ein verlockendes Angebot, aber ich widerstand ihm.
Ein Treffer für Cyrus Freeman : eine winzige Meldung in der Baltimore Sun .
Die Pläne, das Auditorium der Chancellor Middle School in West Baltimore nach dem ehemaligen Rektor zu benennen, waren aus »internen wie auch aus etatmäßigen Gründen« verschoben worden, unter anderem auch »wegen der Kosten für die neue Beschilderung«.
Ich griff zum Telefon. Milo nahm ab.
»Ich habe eine Angehörige für dich gefunden, Großer.« Ich berichtete ihm alles, was ich erfahren hatte.
»Geht doch nichts über verbitterte Expartner, die ein wenig Licht ins Dunkel bringen. Danke, dass du dir die Zeit genommen hast, Alex. Zwei verlogene Schlampen also. Du hast dafür bestimmt eine medizinische Erklärung.«
»Sandy wohnt nur neunzig Meilen weit entfernt, hat dich aber nicht kontaktiert. Folglich weiß sie wahrscheinlich noch gar nicht, dass Elise ermordet wurde. Das deutet darauf hin, dass sich die Schwestern nicht besonders nahestanden. Möglicherweise ist sie also keine allzu nützliche Informantin. Andererseits ist sie vielleicht bereit, ein paar interessante Einzelheiten preiszugeben.«
»Ich liebe Santa Barbara. Gib mir ihre Nummer.«
Nachdem er sie notiert hatte, sagte ich: »Frank Stuehrs Urteilsvermögen ist eventuell durch seine Animositäten getrübt, aber er hat recht, was den Zusammenhang zwischen einem väterlichen Missbrauch und der Promiskuität der Töchter betrifft.« Ich teilte ihm mit, dass die Chancellor School ihre Pläne
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