Alex Delaware 25 - Tödliche Lektion
Nutzflächen von Oxnard und Ventura führte uns an Carpinteria vorbei, wo der Pazifik unser westlicher Nachbar wurde. Das flache blaue Wasser, das sich gischtend am Strand brach, wirkte beruhigend. Seelöwen tummelten sich darin, Surfer nutzten die Wellen, Tanker, die so groß waren, dass sie eine eigene Postleitzahl verdient hätten, zogen am Horizont dahin. Ein paar Meilen vor Santa Barbara kühlte der sattgrüne Gürtel aus alter Vegetation rund um Montecito die Luft auf eine angenehme Art und Weise. Wer sich Gedanken wegen der globalen Erwärmung macht, sollte einen Baum pflanzen.
Santa Barbara kündigte sich mit der prachtvollen Lagune am östlichen Rand des Cabrillo Boulevard an. Weiter westlich erstreckte sich noch immer der Ozean. Touristen waren auf beiden Seiten der sonnigen Durchgangsstraße auf Fahrrädern oder in Rikschas unterwegs. Sandra Freeman Stuehr wohnte ein paar Meilen hinter Stearn’s Wharf und westlich der State Street in einem minzgrünen Bungalow, der an einer ruhigen, schattigen Straße lag. Drei einzeln stehende Gebäude auf einem acht Morgen großen Grundstück. Ihres war der Straße zugewandt.
Vom Stil her nicht viel anders als das Haus ihrer Schwester, aber nicht so abgeschieden.
Sie kam barfuß und mit einer Kaffeetasse in der Hand an die Tür. Sie trug eine eng anliegende schwarze Leinenbluse mit Mandarinkragen, buttergelbe Shorts, kreisrunde Ohrringe und ein halbes Dutzend goldene Armreifen. Ihre Zehennägel waren scharlachrot lackiert, die Fingernägel rosa. Die honigblonden Haare waren zu einem Pagenkopf frisiert.
Sie war etwa fünfzehn Kilo schwerer als Elise und zwei Jahre jünger, hatte porzellanfarbene Haut und klare blaue Augen und war auf eine Weise geschminkt, die den Altersunterschied noch größer wirken ließ; sie hätte für Ende zwanzig durchgehen können.
Milo stellte uns vor. Sandra Stuehrs Handschlag glich einer flüchtigen Zärtlichkeit. Sie bat uns hinein, rollte eine Haarsträhne um den Zeigefinger, stellte die Hüfte leicht schräg und verströmte den Duft von Chanel No. 5. Ein ebenmäßiges Polster aus festem Fleisch betonte ihre perfekte Sanduhrfigur. Zu Rubens’ Zeiten hätten Maler Schlange gestanden für das Privileg, sie auf Leinwand bannen zu dürfen.
»Unser herzliches Beileid«, sagte Milo.
»Danke. Ich bin bereit, Ihnen zu helfen, soweit ich kann.« Sie zog kurz eine Schnute, sah aber nicht so aus, als hätte sie geweint; ihre saphirblauen Augen funkelten. »Kaffee? Ich hole mir noch einen.«
»Wenn es keine Umstände macht.«
»Ganz und gar nicht.« Sie wirbelte herum wie eine Tänzerin und ging zu einer hellen, offenen Küche mit Blick auf korallenrote Bougainvilleen.
Der Duft des französischen Parfüms hing im ganzen Haus. Wir waren meilenweit vom Strand entfernt, aber Sandra Stuehrs Einrichtung bemühte sich nach besten Kräften darum, Erinnerungen an Sand und Brandung heraufzubeschwören: Polstersessel mit weißen Segeltuchschonbezügen, gewachste und matt schimmernde Kiefernholztische, Muscheln, Treibholz und glatt geschliffene Steine, die so geschickt verteilt waren, dass der Raum nicht überladen wirkte.
»Bitte sehr.«
Die Tasse, die sie mir reichte, war perlgrau, mit einem erhabenen goldenen Kruzifix und einer Goldinschrift.
Blessed Heart College. Die ersten hundert Jahre .
Sie nahm auf einem Zweisitzer Platz und legte die Beine übereinander. »Wie war die Fahrt von Los Angeles?«
»Entspannt«, sagte Milo. »Großartiger Kaffee, danke.«
»French Press, die Bohnen mahle ich selbst.« Ein leichtes, trauriges Lächeln. »Wenn man etwas macht, sollte man es auch richtig machen.«
»Wir versuchen, im Zusammenhang mit dem Mord an Ihrer Schwester so gründlich wie möglich zu ermitteln, Ms. Stuehr.«
»Selbstverständlich.« Das Lächeln kam zu schnell, geriet zu breit und wirkte etwas verkrampft, wie bei einem ersten Rendezvous.
Ich drehte die Tasse so, dass Milo die Inschrift sah. Er deutete darauf und sagte: »Über das Blessed Heart haben wir Sie gefunden.«
»Wirklich?«
»Sie haben einen Aufruf an die Ehemaligen ins Internet gestellt.«
»Dieses alberne Absolvententreffen«, sagte Sandra Stuehr.
»Haben Sie nicht daran teilgenommen?«
»Nur traurige Menschen leben in der Vergangenheit, Lieutenant. Hat Ihnen das College meine Nummer gegeben?«
»Nein, die haben wir von Ihrem Exmann.«
»Der gute alte Frank. Er hat sicher allerlei wunderbare Sachen über mich gesagt.«
»Wir sind nicht auf die persönlichen
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