Alex Delaware 25 - Tödliche Lektion
und ihr nicht. Als ob sich in einem Laden wie Arnie’s irgendwer drum schert.«
»Warum war sie mit Sal zusammen?«
»Woher soll ich das wissen? Der andere Typ, mit dem ich sie gesehen habe, war viel schnuckliger. Zu jung für sie, aber vielleicht war sie so eine Art Goldlöckchen, wenn Sie verstehen, was ich meine. Am einen Tag ist es zu heiß, am nächsten zu kalt. Kein Gespür für das, was genau richtig ist.«
»Erzählen Sie uns etwas von dem anderen Typ, Doris.«
»Ist er derjenige, der sie umgebracht hat, nicht Sal?«
»Wir wissen nicht, wer sie umgebracht hat, Doris. Deswegen sind wir hier.«
Doris lächelte übers ganze Gesicht. Ihre Zähne waren unregelmäßig gewachsen. »Sie haben gar nichts von dem anderen Typ gewusst, was? Tja, ziehen Sie mich nicht rein in die Sache, ich hab ihn bloß einmal gesehen.«
»Wo?«
»Als er mit ihr den Van Nuys runtergelaufen ist. Kurz vor Arnie’s bleiben sie stehen. Dort ist so eine Mauernische, bei dem alten Bürogebäude. Sie huschen rein, unter den Überbau, und kurz darauf knutschen sie miteinander. Sie gibt ihm einen dicken Kuss und fasst ihm so ans Gesicht.« Sie legte die Hand unter ihr Kinn. »Und schon kommt die Zunge zum Einsatz. Würg. Er war jung genug, um ihr Sohn zu sein.«
»Eine Mai-Dezember-Romanze.«
»Das könnte man so sagen. Man könnte aber auch sagen, dass sie schlichtweg scharf aufeinander waren.«
»Sie haben das alles gesehen, weil…«
»Ich bin hinter ihnen hergelaufen, als ich von der Bushaltestelle kam, so wie immer.«
»Welche Tageszeit?«
»Zwei, halb drei. Ich feuchte mir im Arnie’s gern die Kehle an, bevor ich in diesen Gourmetpalast gehe. Sie ist mir nur aufgefallen, weil ich sie mit Sal gesehen hatte. Und wegen ihrer Aufmachung. Ein enges rotes Kleid, als wollte sie zeigen, was sie zu bieten hat. Ich dachte mir: Hey, das ist das Goose-Mädel, aber dieses Schnuckelchen ist mit Sicherheit nicht Sal .«
»Wie ging es nach dem Kuss weiter?«
»Sie tätschelt seinen süßen kleinen Hintern, er zieht ab, und sie geht zu Arnie’s. Kurz darauf kreuzt Sal auf, und Blondie lächelt ihn an, als wär’s die wahre Liebe. Nach einem Drink nervt sie ihn dann so lange, bis er auch geht, dabei hat er sein Bier noch nicht mal ausgetrunken. So eine taube Nuss. Vielleicht hat er rausgefunden, dass sie ihn betrügt, und ist sauer geworden. Das denken Sie doch, oder?«
Sie wandte sich an die junge Bedienung hinter dem Tresen und rief: »Stell dir vor, Rosie, ich bin jetzt eine große Kriminalistin.«
»Was zahlen Sie dir, Dorrie?«, sagte Rosie.
»Wie jung war der andere Typ?«, fragte Milo.
»Viel jünger als sie – wie alt war sie, vierzig, fünfundvierzig?«
»Achtunddreißig.«
»Ich hätte sie älter geschätzt.«
»Was ist mit ihm?«
»In den Zwanzigern – zweiundzwanzig, dreiundzwanzig.«
»Nicht jünger?«
»Ist das nicht jung genug?«
»Hätte er ein Oberschüler sein können?«
»Für mich hat er gewirkt wie um die zwanzig«, sagte sie. »Aber wer weiß? Er war wie einer von diesen schnieken Studenten gekleidet. Hübsches Hemd mit Button-down-Kragen, Khakihose – aber Tennisschuhe, irgendwie streberhaft. Hatte ein Fülleretui in der Hosentasche – daran kann ich mich erinnern, weil ich das total affig fand. Ansonsten hat er aber nicht wie ein Streber gewirkt, dafür war er zu niedlich. Eher wie ein Surfer – mit so gebleichten Haaren.« Sie grinste. »Richtig knackiger Hintern. Ich habe mir gedacht, der könnte was Besseres kriegen als sie, aber Jungs wollen ja immer nur das Eine. Gibt man’s ihnen, sind sie wie Burger auf dem Grill.«
»Heiß«, sagte Milo.
»Heiß, zum Anbeißen und schlecht fürs Herz.«
»Lassen Sie uns über Sals Geldgeschichten reden.«
»Den nimmt doch keiner für voll«, sagte Doris. »Okay, hier ist eine, an die ich mich erinnere, weil sie so dämlich war. Ich gönne mir vor der Arbeit ein Bierchen, und Sal kommt rein, setzt sich ans andere Ende der Bar, tut so, als ob er nicht mit mir reden will, bestellt sich ein Bier und stößt einen tiefen Seufzer aus. Mit einem Mal ist er neben mir und gibt sich gesprächig: ›Ob du’s glaubst oder nicht, Dorrie, ich habe gerade eine dicke Provision für ein paar Tubas bekommen‹ – er verkauft Instrumente oder behauptet es jedenfalls. Ich hab ihn immer bloß rumhocken und trinken sehen. Glückwunsch, sag ich. Worauf er meint: ›Der Haken dabei ist, dass der Scheck erst in einer Woche eingelöst werden kann. Dann
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