Alex Delaware 25 - Tödliche Lektion
Elise pro Woche zu Ihnen geschickt?«
»Zu Spitzenzeiten habe ich fünfzehn Stunden pro Woche gegeben. Ich kann immer noch nicht glauben, dass sie tot ist.« Francks Blick schweifte zur Decke. Graue Flecken verunstalteten den Putz, als hätte sich ein Riese mit fettigen Haaren den Kopf angeschlagen.
»Siebenhundertfünfzig pro Woche«, sagte Milo.
»Wohlverdient, Lieutenant.«
»Aber jetzt haben Sie keine Zeit mehr dafür.«
»Ich muss mich auf meine Forschungsarbeit konzentrieren«, sagte Franck und schob sich die Haare aus der Stirn.
»Was erforschen Sie?«
»Katalyse- und Reaktionsverfahren.«
»Ach ja«, sagte Milo. »Davon hört man ständig im Fernsehen.«
Franck ging nicht darauf ein.
Milo schob sich näher zu ihm. »Sie stehen auf Farben, oder?«
»Was?«
»Ihre Haare, Sie färben sie doch.«
Franck leckte sich die Lippen. »Ich mache nur, was mir Spaß macht.«
»Was ist der nächste Schritt? Ein Katalyse-Tattoo?«
Ein zaghaftes Lächeln. »Das glaube ich nicht, Lieutenant.«
»Waren Sie Elises einzige Hilfskraft?«
»Ja.«
»Hat sie jemand anders engagiert, als Sie nach Harvard gingen?«
»Nein. Wenn ich im Sommer zurückkam, habe ich weitergemacht. War besser, als Burger zu wenden.«
»Jemanden mit Ihren Fähigkeiten«, sagte Milo, »kann ich mir auch nicht in einem Fast-Food-Restaurant vorstellen.«
»Wissen Sie was, Lieutenant, genau das habe ich im Sommer zweimal gemacht, als ich noch zur Schule ging. McDonald’s und Burger King. Dann habe ich mich zur Küchenhilfe in Schecky’s Deli hochgedient. Wenn Sie dünn geschnittenes Corned Beef wollen, bin ich der Richtige.«
»Gibt’s keine Sommerstipendien für kluge Kids?«
»Es gibt jede Menge unbezahlte Praktika«, sagte Franck. »Und für die besten Sommerangebote, wie zum Beispiel in Oxbridge, muss man bezahlen. Mein Vater unterrichtet Mathe, und meine Mutter ist Krankenschwester. Ergo musste ich mir eine komische Mütze aufsetzen und den Solisten an der Fritteuse geben.«
»Dann war das also eine Partnerschaft, die Ihnen der Himmel geschickt hatte«, sagte Milo. »Sie und Elise.«
»Es hat sich für uns beide gelohnt.«
»Wie kommt’s, dass Sie ein T-Shirt von Yale tragen?«
Franck zwinkerte. »Warum nicht?«
»Warum Werbung für die Konkurrenz machen?«
Der junge Mann lächelte breit und zeigte dabei seine Zähne. »Das ist auf Eliteuniversitäten so üblich. Mit der eigenen Uni zu protzen gilt als Angeberei.«
»Wenn mich also irgendein Wichser im Straßenverkehr schneidet und einen Aufkleber von der Uni Sowieso am Rückfenster von seinem Mercedes hat, ist er wahrscheinlich gar nicht auf die Sowieso gegangen?«
»Wenn er ein Wichser ist, wahrscheinlich schon«, sagte Franck. »Gehe ich recht in der Annahme, dass Sie keine Ahnung haben, wer Elise umgebracht hat?«
»Ich habe nie gesagt, dass sie umgebracht wurde, Trey.«
»Sie sind von der Mordkommission.«
»Manchmal untersuchen wir auch Selbstmorde.«
»Glauben Sie, dass es einer war?«
»Halten Sie es für möglich, Trey?«
»Was meinen Sie damit?«
»Gab es irgendwelche Hinweise darauf, dass Elise Depressionen hatte?«
»Nein.«
»Das sagen Sie einfach so.« Milo schnippte mit den Fingern. »Ohne herumzudrucksen.«
»Ich habe nie eine Depression bemerkt. Nicht im streng medizinischen Sinn.«
»Was heißt das?«
»Sie hatte ihre Launen«, sagte Franck. »Wie jeder. Aber meistens war sie guter Dinge, wenn ich sie gesehen habe.« Er zupfte an seiner Nagelhaut. »Vermutlich sollte ich das Thema nicht anschneiden, aber ich fühle mich dazu verpflichtet. Nicht dass ich es für relevant halte. Aber …«
Er zupfte immer noch.
»Es gab da einen Jungen namens Martin Mendoza. Er war im Abschlussjahr auf der Windsor, und Elise erteilte ihm Nachhilfeunterricht. Aber er kam nicht auf die übliche Art und Weise zu ihr. Die Schule hat ihn Elise zugewiesen.«
»Und?«
»Und es gab Probleme.«
»Was für Probleme?«
»Aggressionsbewältigung«, sagte Franck. »Er wollte nicht auf die Windsor gehen oder mit Elise arbeiten, und das hat er ihr auch klargemacht. Er kam im vorletzten Schuljahr, wurde als Pitcher fürs Baseballteam angeworben, weil er in der öffentlichen Schule ein Star war. Gleich zu Beginn der Spielzeit verletzte er sich und konnte nicht mehr spielen, aber die Windsor hatte ihm bereits einen Vertrag über volle zwei Jahre gegeben.«
»Einen Vertrag?«, sagte Milo. »Das klingt ja nach Profiliga.«
»In gewissem Sinn ist es auch so, Lieutenant.
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