Alex Delaware 25 - Tödliche Lektion
wiederum heißt, dass er möglicherweise Spanisch spricht. Was außerdem bedeutet, dass er Mr. Ameisenbär mühelos Geld geben konnte, um für ihn Eis zu kaufen. Andererseits wäre Mord eine ziemlich heftige Reaktion darauf, dass man gegen seinen Willen Nachhilfe bekommt, und nach Aussage von Franck ist Mendoza nicht mehr bei Elise aufgekreuzt.«
»Jedenfalls nicht zur Nachhilfe«, sagte ich.
Seine Lider hoben sich. »Du meinst, sie hat’s ihm ebenfalls besorgt?«
»Ein weiterer junger Mann.«
»O Mann… Aber wenn bei einem jungen Täter irgendwas sexuell aus dem Ruder läuft, würde ich doch erwarten, dass er ausrastet und unüberlegt handelt. Hier ist das glatte Gegenteil der Fall. Der Mord wirkt antiseptisch, inszeniert. Das passt nicht zusammen.«
»Nein, es sei denn, Martin ist einer von denen, in denen es vorher lange Zeit innerlich brodelt.«
Er rief die Verkehrszulassungsstelle an und erkundigte sich nach Martin Mendoza. Jede Menge Fahrer mit diesem Namen waren gemeldet, aber niemand im fraglichen Alter. Das Gleiche galt für das Vorstrafenregister.
»Der Junge hat nicht mal einen Führerschein. Muss toll für ihn sein, den reichen Kids dabei zuzuschauen, wie sie den Schülerparkplatz ansteuern. Sei’s drum, wir müssen ihn irgendwie ausfindig machen.«
»Sein Vater arbeitet in einem Country Club. Das grenzt die Sache ein bisschen ein.«
»Scheiß drauf.« Er bleckte die Zähne. »Onkel Milo geht wieder zur Schule.«
20
Das Hotel Bel Air steht auf dem teuersten Grund und Boden des Planeten und teilt sich das Land mit Immobilien, deren Wert sich im zweistelligen Millionenbereich bewegt. Im alten Bel Air gibt es keine Gehsteige, denn dadurch hält man sich das Fußgängergesindel vom Leib. Den gleichen Zweck erfüllen die hohen Mauern, die Tore, die Überwachungskameras und die Mietbullen.
Wenn man heute versucht, im alten Bel Air ein Hotel zu bauen, löst das Protestgeschrei einen Überschallknall aus. Aber wenn ein ausländischer Potentat beabsichtigt, das Hotel, das er vor mehreren Jahren gekauft hat, zu seinem privaten Xanadu umzubauen, wird die geballte Wut der Nachbarn wie eine Flutwelle über ihn hereinbrechen und dafür sorgen, dass er schleunigst wieder heimfliegt und zu einem Hotelier in Abwesenheit wird.
Der Zahn der Zeit nagt an allem, manchem verleiht er aber auch eine schöne Patina, und die Menschen lernen das zu lieben, was sie gewohnt sind. Das, so dachte ich, könnte eine Erklärung dafür sein, weshalb man in dem nördlich des Sunset Boulevard gelegenen Teil von Brentwood so stolz darauf war, dass sich dort der sechzehn Morgen große Campus der Windsor Preparatory Academy befand. Der Grund dafür ist sicher nicht die Überzeugung, dass Bildung ein wertvolles Gut ist; die leiseste Andeutung, dass in diesem Bezirk eine öffentliche Schule gebaut werden soll, kann einen Stadtrat zu Fall bringen.
Die Windsor befindet sich in einem abgelegenen Winkel von Brentwood, am Ende einer nach Norden führenden Sackgasse. Kein Schild weist auf sie hin. Eine zweispurige, dreihundert Meter lange gepflasterte Zufahrt schlängelt sich von den viereinhalb Meter hohen Torpfosten zu einem Wachhäuschen mit einer Schranke. Hinter der Barriere führt ein großzügig angelegter Kreisverkehr zu einem barocken Tor, durch das man einen Blick auf die exklusive Welt werfen kann, die dahinter liegt.
Sechzehn Morgen Land bieten laut der Webseite der Schule reichlich Platz für ein Dutzend Gebäude im klassischen Monterey-Kolonialstil , ein Schwimmbecken mit olympischen Maßen, eine Turnhalle mit Fitnessstudio, Yogaraum und Basketballfeld, einen Footballplatz sowie für ein Baseballfeld. Der Golfplatz mit seinen neun Löchern war in jüngerer Zeit auf vielfachen Wunsch der Schüler hinzugekommen. Trotz alledem bieten, wenn es die Jahreszeit und die Luftqualität zulassen, die weitläufigen Rasenflächen und trockenheitsverträglichen Pflanzen die Gelegenheit zu Seminaren unter freiem Himmel, aber man kann in besinnlichen Momenten auch einfach die unversehrte Umwelt genießen.
An der Windsor beginnt der Schultag um halb neun Uhr morgens. Um acht betrachteten Milo und ich den Verkehr, der über die Zufahrtsstraße ein- und ausströmte. Eine lange Autoschlange, niemand muckte auf, alles verlief ganz gesittet. Wegen des geringen Tempos konnten wir in aller Ruhe die Fahrzeuge nach Martin Mendoza absuchen, dessen Gesicht wir von seiner Seite auf MySpace kannten.
Außerdem konnten die Fahrer und Beifahrer uns
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