Alex Delaware 25 - Tödliche Lektion
winkte.
Emilio Mendoza schien enttäuscht zu sein. Er war zehn Minuten zu früh gekommen und wollte möglicherweise seinen Text noch einmal proben. Aber wir hatten ihn um eine Viertelstunde geschlagen.
Er trug ein bügelfreies weißes Hemd, eine schwarze Bundfaltenhose und eine kleine schwarze Fliege, nicht aber die taillenlange rote Jacke, an die ich mich von meinem Lunch her erinnerte.
»Danke, dass Sie gekommen sind«, sagte Milo. »Wir warten, bis Sie bestellt haben.«
»Ich will nichts essen«, sagte Emilio Mendoza. »Es wäre schade ums Geld, weil mein Magen verrücktspielen würde.« Er tätschelte sich den Bauch. »Ich kann nicht lange bleiben, wir haben Gäste zum Abendessen. Außerdem muss ich zwei Anfänger ausbilden.«
»Apropos Ausbildung«, sagte Milo. »Wie ist Martin eigentlich auf die Windsor gekommen?«
»Sie meinen, wie es sich ein Kellner aus Uruguay leisten kann, seinen Sohn auf so eine Schule zu schicken? Ich kann es nicht, man hat ihm ein Stipendium bewilligt.«
»Als Baseballspieler.«
Mendozas Augen wurden schmal. »Haben Sie bereits mit jemandem von der Schule gesprochen?«
»Ich habe mir Martins MySpace-Seite angeschaut. Da ging’s nur um Baseball.«
Mendoza blickte ihn misstrauisch an.
»Wir machen nur unsere Arbeit, Mr. Mendoza. Wie also ist Martin an der Windsor gelandet, statt an einer anderen Schule?«
»Reden Sie auch mit anderen Schülern? Sie denken doch nicht, dass Martin irgendetwas angestellt hat?«
»Machen Sie sich Sorgen, dass Martin etwas angestellt haben könnte?«
»Natürlich nicht.« Emilio Mendozas Augen wurden feucht. »Vielleicht hole ich mir doch besser einen Kaffee.«
Als er sich mit einem Pappbecher wieder gesetzt hatte, fragte Milo: »Hat Martin einen besonders guten Freund? Jemanden, zu dem er gehen würde, wenn er niemanden sonst sehen will?«
»Nur seine Schwester.«
»Wo wohnt sie in Texas?«
»In San Antonio, sie ist Krankenschwester am Bexar Hospital. Martin hat sie an dem Tag angerufen, an dem er weg ist – nachdem seine Mutter und ich zur Arbeit gegangen waren. Er wollte nur kurz Hallo sagen. Das hat Gisella zu schaffen gemacht, weil es nicht Martins Art ist.«
»Ihr Sohn ist nicht der Gesprächigste?«
»Er ist ein ruhiger Junge.«
»Wie kam er Gisella vor?«
»Sie meinte, er hätte sich von irgendetwas ablenken lassen, wüsste aber nicht, was das war .«
»Hat Martin noch andere Geschwister?«
»Nein, es gibt nur die zwei.« Als ob er es bedauerte. »Gisella ist sieben Jahre älter, aber sie stehen sich sehr nahe.«
Milo ließ ihn einen Schluck Kaffee trinken und nutzte die Zeit, um seinen zweiten Burger zu vertilgen. »Ich würde trotzdem noch gern hören, wie Sie in Kontakt mit der Windsor gekommen sind.«
»Ach das«, sagte Mendoza. »Durch einen netten Mann – einen Stammgast im Club, dessen Kinder und Enkel auf die Windsor gegangen sind. Ich habe mit ihm über Martin geredet, habe gesagt, dass Martin ein kluger Junge ist und ich nicht zufrieden bin mit seiner Ausbildung. Wir wohnen in El Monte, und Martin war mit der öffentlichen Schule zufrieden, aber meiner Meinung nach bringt die doch nichts. Klar hat er sie gemocht, weil alles viel zu leicht für ihn war und er sich nicht anstrengen musste. Aber wenn man von dort aufs College wechselt, kann man mit den Kids, die auf bessere Schulen gegangen sind, nicht mithalten. Das Clubmitglied ist ein reicher, aber netter Mann, der jeden wie einen ganz normalen Menschen behandelt. Er hat gesagt: ›Vielleicht gibt’s dafür eine Lösung, Emilio.‹ Ich meine: ›Was, Sir?‹ Und er lächelt bloß. Als er beim nächsten Mal kommt und sein Tri-Tip-Steak und seinen Martini bestellt, drückt er mir eine Broschüre von der Windsor in die Hand.«
Er lachte, doch es klang eher wie ein Schnauben. »Genauso habe ich gegenüber Mr. Kenten reagiert. Ich habe laut gelacht. Dann habe ich mich dafür entschuldigt, dass ich unhöflich war und mich dumm benommen habe. Er sagt: ›Mach dir keine Gedanken, Emilio, mir ist klar, dass du damit nicht gerechnet hast. Wenn du dir wegen des Geldes Gedanken machst, finden wir vielleicht auch dafür eine Lösung.‹«
Mendoza stellte den Kaffeebecher auf den Tisch. »Ich kam mir nur noch blöder vor. Dann sagt er: ›Hast du nicht mal erwähnt, dass dein Sohn ein ausgezeichneter Pitcher ist?‹«
Mendoza zuckte die Achseln. »Ich kann mich nicht erinnern, das jemals gesagt zu haben, weil wir den Mitgliedern nie etwas Persönliches erzählen,
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