Alex Rider 08: Crocodile Tears
Karte durch das Gerät und steckte sie in den Schlitz unten am Federmäppchen. Es begann zu vibrieren und wenige Sekunden später spuckte es den Bibliotheksausweis wieder aus. Alex zog ihn erneut durch das Lesegerät. Mit einem Klick sprang die Tür auf.
Alex eilte hinein und schloss sie hinter sich. Er stand in einem großen, komfortabel eingerichteten Büro mit Blick auf den makellosen Rasen am Eingang. Dort hatten sie sich bei ihrer Ankunft versammelt. Einen flüchtigen Moment lang überlegte er, ob er wohl schon vermisst wurde. Konnte Tom für ihn einspringen, wenn ihre Namen noch einmal aufgerufen wurden? Alex begriff allmählich, wie riskant sein Plan war – aber jetzt war es zu spät.
Er sah sich um. In Straiks Zimmer standen vier, fünf Topfpflanzen, die offenbar durch genetische Veränderungen ein künstliches Aussehen erhalten hatten. Dazu kamen ein halbes Dutzend Bücherregale, ein antiker Spiegel und ein Glasschränkchen mit verschiedenen wissenschaftlichen Auszeichnungen. An der Wand lehnte ein Bild, das noch in Blasenfolie eingewickelt war. Zwei Designersessel standen nebeneinander vor einem alten Schreibtisch, auf dem sich Straiks Computer befand.
Alex ging zum Tisch. Er wollte seinen Auftrag möglichst schnell abschließen und zu seinen Freunden zurückkehren. In der Gruppe konnte ihm nichts passieren. Selbst wenn die Sicherheitsleute wussten, dass jemand in den Komplex eingedrungen war, würden sie ihn niemals verdächtigen. Alan Blunt hatte Recht. Manchmal half es tatsächlich, vierzehn zu sein.
Straik besaß einen Ledersessel, ein drehbares Ungetüm, das Alex an einen Zahnarztstuhl erinnerte. Er setzte sich hin und nahm seinen Radiergummi heraus. Smithers hatte ihn schon mehrfach mit genialen technischen Spielereien versorgt, dagegen nahm sich der Radiergummi eher einfach aus. Alex riss ihn in der Mitte auseinander und zog die eine Hälfte ab. Darunter kam der Speicherstick zum Vorschein.
Straiks Computer war bereits eingeschaltet, doch wichtige Dateien waren bestimmt verschlüsselt und durch mehrere Passwörter gesichert. Zum Glück hatte er damit nichts zu schaffen. Er suchte den USB-Anschluss. Dort steckte bereits ein Stick. Er zog ihn heraus, legte ihn auf den Schreibtisch und schob seinen eigenen hinein.
Augenblicklich erwachte der Bildschirm zum Leben. Vier Zahlenkolonnen liefen flimmernd über den Monitor, während der Wurm oder was immer Smithers in den Stick eingebaut hatte, sich in das Innere des Computers fraß und die dort gespeicherten Informationen las.
Plötzlich meinte Alex, draußen auf dem Flur Stimmen zu hören. Der Schweiß brach ihm aus allen Poren und er spürte den kalten Luftzug der Klimaanlage auf Nacken und Stirn.
Wie lange brauchte der Stick, um alles abzuspeichern? Eine halbe Minute, hatte Smithers gesagt, mehr nicht. Sekunden wurden zur Ewigkeit. Tausende von Dateien tauchten nacheinander auf dem Bildschirm auf, verschwanden wieder und wurden auf den Stick kopiert.
Jetzt näherten sich draußen tatsächlich Schritte! Alex hörte zwei Männer miteinander sprechen. Gingen sie an der Tür vorbei? Nein, verdammt! Sie blieben davor stehen. Einer von ihnen musste Straik sein. Alex stellte sich vor, wie er nach seiner Geldbörse griff und die Magnetstreifenkarte herauszog.
Der Stick hatte noch nicht alle Daten heruntergeladen. Alex war versucht, ihn herauszureißen und es später noch einmal zu versuchen. Aber wann? Was sollte er tun, wenn Straik sein Büro nicht mehr verließ? Wie sollte er zu den anderen Schülern zurückkehren?
Die Tür konnte jeden Augenblick aufgehen. Und dann saß er da wie auf dem Präsentierteller. Vielleicht konnte er Straik eine Lügengeschichte auftischen und Straik ließ ihn ziehen. Oder er rannte an ihm vorbei und versuchte, M r Gilbert und die anderen zu finden. Eine Gruppe bedeutete Sicherheit. Straik konnte ihn zwar ausschimpfen oder sogar verhaften lassen. Aber vor Zeugen erschießen konnte er ihn nicht.
Endlich hatte der Speicherstick den Kopiervorgang beendet und der Bildschirm wurde wieder schwarz. Die beiden Männer standen immer noch vor der Tür. Doch dann wurde das Schloss aktiviert. Alex hörte es leise piepen. Hastig zog er den Stick heraus und rannte zu dem einzigen Versteck in Sichtweite. Er hatte es gerade erreicht, da öffnete sich die Tür.
Im Spiegel sah er, wie Leonard Straik ins Zimmer trat. Erschrocken hielt er die Luft an. Er kannte ihn. Die silbernen Haare über Straiks Stirn standen ab, als hätte er sich
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