Alex Rider 08: Crocodile Tears
beiden Männer je auf die Idee gekommen wäre, es könnte sich noch jemand im Zimmer befinden.
Alex musste unbedingt wissen, was sie vorhatten. Ganz langsam beugte er sich einige Zentimeter vor, bis er wieder das Bild im Spiegel sah. McCain hielt den Stick in der Hand, Straik hatte sich seinem Computer zugewandt, hämmerte wütend auf die Tasten ein und starrte unverwandt auf den Bildschirm. Auf seinen Wangen brannten zwei kleine rote Flecken.
»Irgendwer ist in meinen Computer eingebrochen!«, rief er.
»Eingebrochen?«
»Er hat versucht, Dateien und Dokumente von der Festplatte herunterzuladen. Wahrscheinlich ist es ihm auch gelungen.«
Straik griff hastig nach einem Telefon und wählte eine Nummer. Eine kurze Pause entstand, dann meldete sich jemand am anderen Ende.
»Ich bin’s, Leonard Straik. Ich brauche den aktuellen Sicherheitsstatus.«
Straik schwieg kurz. Alex hätte gern gehört, was am anderen Ende gesagt wurde. Schwer zu erraten war es nicht. Dann sprach Straik weiter.
»Rufen Sie die höchste Alarmstufe aus!«, befahl er erregt. »Alle Sicherheitsbeamten müssen sich sofort versammeln. Es handelt sich nicht um eine Übung. Wir haben ein gravierendes Sicherheitsproblem.«
Er legte auf.
»Was ist los?«, fragte McCain.
»Wir haben einen Eindringling. Vor zehn Minuten sind unsere Überwachungskameras ausgefallen. Offenbar blockiert jemand das Signal. Und der Eindringling war hinter dem hier her.« Er wies mit einem Nicken auf den Computer. »Wir müssen ihn um wenige Minuten verpasst haben.«
»Was bedeutet höchste Alarmstufe?«
»Jeder, der sich unerlaubt innerhalb des Biozentrums aufhält, wird sofort abgeknallt.«
Alex wollte seinen Ohren nicht trauen. In was war er da hineingeraten? Was war so streng geheim, dass Straik bereit war, dafür zu töten?
»Aber Sie haben doch eine Schulklasse hereingelassen«, sagte McCain.
»Ich weiß. Aber ich bin kein Idiot, auch wenn Sie das vielleicht denken. Ich habe meine Mitarbeiter entsprechend instruiert.« Er schaltete den Computer aus. »Ich gehe in den Kontrollraum. Kommen Sie mit?«
»Selbstverständlich.«
Alex fiel auf, dass McCain eher belustigt als beunruhigt klang. Das passte zu seinem Charakter. Noch hielt er die Fäden in der Hand und fühlte sich unbesiegbar.
Die beiden Männer standen auf. Straik kam hinter seinem Schreibtisch hervor und Alex hörte den Stoff seines Anzugs am Tisch entlangstreifen. Die Tür wurde geöffnet und wieder geschlossen.
Dankbar kroch Alex aus seinem Versteck und streckte sich. Er versuchte seine Gedanken zu ordnen. In Straiks Büro war er wohl vorerst sicher. Er wurde gesucht, aber nicht hier. Andererseits konnte er nicht ewig in diesem Zimmer bleiben. Vielleicht schickte man die Schüler aufgrund des Alarms vorzeitig nach Hause. Er musste unbedingt rechtzeitig am Bus sein und durfte auf keinen Fall allein zurückbleiben.
Seine Lage hatte sich gefährlich zugespitzt. Er konnte sich nur retten, wenn es ihm gelang, M r Gilbert und die anderen zu finden. Der Tod des Informanten war kein Zufall gewesen, und egal was Blunt gesagt hatte, bei Greenfields gingen einige höchst unerfreuliche Dinge vor sich. Warum sollte der Direktor sonst anordnen, jeden Eindringling abzuknallen? Alex musste wieder zu seiner Klasse. Keiner von Straiks Leuten würde Alex vor Zeugen erschießen. Bei den anderen war er sicher – als ein gelangweilter Schüler unter vielen.
Er wollte schon zur Tür gehen, da sah er das Glasfläschchen auf Straiks Schreibtisch liegen. Genauer gesagt handelte es sich um ein verschlossenes Reagenzröhrchen, das mit einer trüben grauen Flüssigkeit gefüllt war. Das musste die Probe sein, von der die beiden Männer gesprochen hatten. Alex hatte keine Ahnung, was sie enthielt, aber zweitausend Liter davon befanden sich auf dem Weg ins Ausland. Einer spontanen Eingebung folgend trat er zum Tisch, nahm das Röhrchen und steckte es zu dem Speicherstick in seine Tasche. Smithers konnte die Flüssigkeit analysieren und die Sache war abgeschlossen. Dann wussten sie bestimmt, was die Männer planten.
Alex öffnete die Tür, vergewisserte sich, dass der Gang leer war, und trat nach draußen. Er wollte auf demselben Weg zurückkehren, auf dem er gekommen war. Wo die anderen waren, wusste er nicht, und er konnte zu seinem großen Leidwesen auch keinen Kontakt zu ihnen aufnehmen. Unter normalen Umständen hätte er Tom oder James einfach angerufen, aber sie hatten ihre Handys ja im Bus lassen müssen. Was
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