Alex Rider 4/Eagle Strike
ansonsten so perfekt wirkende Tag wurde von einem tragischen Ereignis überschattet. Offenbar war jemand ums Leben gekommen. Ein Foto erschien auf dem Bildschirm, das Gesicht einer Frau, die Alex sofort wiedererkannte: die lehrerhaft wirkende Journalistin, die Cray mit ihren unangenehmen Fragen über die Gewalt in dem Computerspiel gelöchert hatte. Ein Polizist erklärte dem Reporter, dass die Frau beim Verlassen des Hydeparks von einem Auto angefahren worden sei. Der Fahrer habe Fahrerflucht begangen und man habe ihn bislang nicht ausfindig machen können.
Am nächsten Morgen gingen Alex und Jack zum Bahnhof Waterloo und kauften zwei Tickets für den Eurostar, den Zug, der durch den Tunnel unter dem Ärmelkanal London mit Paris verbindet.
Um die Mittagszeit waren sie bereits in der französischen Hauptstadt.
Rue Britannia
S tell dir das nur mal vor, Alex!«, sagte Jack aufgeregt. »Genau hier, wo wir jetzt sitzen, saß auch schon Pablo Picasso!« Sie holte tief Luft, bevor sie begeistert fortfuhr: »Und Marc Chagall! Und Salvador Dal í …«
»An diesem Tisch hier?«
»Na ja, auf jeden Fall in diesem Café. Alle berühmten Künstler waren schon hier.«
»Was willst du damit sagen, Jack?«
»Als o – eigentlich möchte ich wissen, ob du das ganze Abenteuer nicht vergessen und mit mir ins Picasso-Museum gehen möchtest. Paris ist einfach super. Und es würde mir entschieden besser gefallen, Bilder in einem Museum anzuschauen, statt das Risiko einzugehen, erschossen zu werden.«
»Niemand erschießt dich, Jack.«
»Hoffen wir’s!«
Seit ihrer Ankunft in Paris war ein Tag vergangen. Sie hatten sich in einem kleinen Hotel einquartiert, das Jack bereits kannte und das in der Nähe der Kathedrale Notre-Dame lag. Jack kannte die Stadt recht gut. Sie hatte vor einigen Jahren zwei Semester an der Sorbonne Kunst studiert und wäre vielleicht sogar irgendwann nach Paris zurückgegangen. Doch dann war plötzlich Ian Rider ermordet worden und sie war in London geblieben, um sich um Alex zu kümmern.
In einer Hinsicht hatte sie jedenfalls Recht gehabt: Es war sehr leicht gewesen, Marc Antonios Adresse herauszufinden. Drei Anrufe hatten genügt, bis sie auf die Agentur stießen, für die der Fotograf arbeitete. Dann hatte Jack ihren ganzen Charm e – und ihre etwas eingerosteten Französischkenntniss e – einsetzen müssen, um dem Mädchen an der Telefonzentrale der Agentur Antonios Telefonnummer zu entlocken.
Als noch weit schwieriger erwies es sich jedoch, ihn selbst zu treffen.
Im Verlauf des Vormittags hatte sie die Nummer fast ein Dutzend Mal angerufen, bevor sich endlich jemand gemeldet hatte. Eine Männerstimme. Nein, er sei nicht Marc Antonio. Ja, das sei Marc Antonios Wohnung, aber er habe keine Ahnung, wo sich Marc aufhalte. Die Stimme klang sehr misstrauisch. Alex hatte sein Ohr mit an den Hörer gepresst und das Telefonat verfolgt. Jetzt nahm er selbst den Hörer.
»Hören Sie«, sagte er. Sein Französisch war fast so gut wie Jacks. »Mein Name ist Alex Rider. Ich bin ein sehr guter Freund von Edward Pleasure, einem englischen Journaliste n …«
»Den kenne ich.«
»Wissen Sie auch schon, was vor ein paar Tagen mit ihm passiert ist?«
Eine Pause. »Was wollen Sie von Marc?«
»Ich muss dringend mit ihm sprechen. Ich habe ein paar wichtige Informationen für ihn.« Alex überlegte einen Moment. Sollte er dem Mann alles erzählen, was er wusste? »Es geht um Damian Cray«, sagte er schließlich.
Der Name schien zu wirken. Wieder trat eine Pause ein, dieses Mal jedoch länger.
»Kommen Sie zum La Palette . Das ist ein Café an der Rue de Seine. Wir treffen uns dort um ein Uhr.«
Ein Klicken. Der Mann hatte aufgelegt.
Und jetzt saßen Jack und Alex im La Palette . Es war zehn Minuten nach eins. Das Café lag an der Ecke eines Platzes, der von Kunstgalerien umgeben war. Es war klein und sehr gut besucht. Kellner mit langen weißen Schürzen eilten hin und her. Sie trugen schwer mit Getränken beladene Tabletts hoch über ihren Köpfen. Das Lokal war absolut überfüllt, aber Jack und Alex war es gelungen, einen Tisch am Rand der abgegrenzten Fläche zu bekommen, wo sie am leichtesten gesehen werden konnten. Jack trank ein Glas Bier, Alex hatte einen leuchtend roten Fruchtsaft vor sich stehe n – Siroup de Grenadine mit Eis. Das war sein Lieblingsgetränk, wenn er in Frankreich war.
Allmählich hatte er Zweifel, ob sich der Mann, mit dem er am Telefon gesprochen hatte, wirklich blicken lassen
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