Alex Rider 4/Eagle Strike
von irgendwoher einen pfeifenden Ton gehört. Es war alles so schnell gegangen und er hatte sich dermaßen hart auf den Boden fallen lassen, dass er glaubte, sämtliche Rippen gebrochen zu haben. Es blitzte hell auf und Funken sprühten durch die Luft. An der Schulter spürte er einen brennenden Schmerz; offenbar war er doch nicht schnell genug gewesen. Der Bumerang war durch sein T-Shirt gedrungen und hatte auch seine Haut aufgerissen. Das war verdammt knapp gewesen! Wenn es so weiterging, würde er nicht einmal die zweite Zone erreichen.
Still verfolgten ihn die Kameraaugen. Alles wurde aufgezeichnet. Eines Tages würde man das sicher alles in Crays Software programmiere n – wahrscheinlich für Gefiederte Schlange Versio n 2.0 .
Alex rappelte sich auf und versuchte, sein zerrissenes T-Shirt wieder zurechtzuziehen. Wenigstens hatte der Bumerang auch einen positiven Nutzen: Er hatte den Efeu glatt durchtrennt und die elektrischen Leitungen kurzgeschlossen, die sich darin verbargen. Alex konnte gefahrlos die Armbrust herausholen. Sie war aus Holz und Eisen gefertigt und schien zwar alt, aber noch voll funktionsfähig zu sein. Doch Cray hatte ihn auch damit ausgetrickst: In der Armbrust lag zwar ein Pfeil, allerdings ohne Spitze. Er war viel zu stumpf, um als ernsthafte Waffe dienen zu können.
Da er keine bessere Waffe hatte, beschloss Alex, Pfeil und Armbrust mitzunehmen. Er trat vor die Wand, in der, wie er sich erinnerte, das Schwert versteckt sein musste. Tatsächlich entdeckte er es, ungefähr zehn Meter über seinem Kopf. Locker sitzende Steine und Handmulden schienen den Weg nach oben zu weisen. Alex wollte gerade hinaufsteigen, als er plötzlich nachdenklich innehielt. Schließlich war er schon einmal mit knapper Not davongekommen. In der Wand waren sicherlich ebenfalls Fallen eingebau t – vielleicht ein Stein, der sich auf halber Höhe löste. Bei einem Absturz würde er sich mit Sicherheit mindestens ein paar Knochen brechen. Cray hätte natürlich größte Freude daran, ihn hilflos auf dem silberglänzenden Boden liegen zu sehen und dann irgendein Geschoss auf ihn abzufeuern, das ihm den Rest gab. Wahrscheinlich war das Schwert sowieso stumpf.
Aber während er noch darüber nachdachte, kam ihm plötzlich ein anderer Gedanke, eine Antwort auf die Frage, wie er diese künstliche Welt besiegen konnte, die Cray gebaut hatte.
Jedes Computerspiel ist eine Abfolge programmierter Ereignisse. Nichts bleibt dem Zufall überlassen. Als Alex das Spiel im Game Dome spielte, hatte er die Armbrust benutzt, um eines der Monster abzuschießen, die ihn angegriffen hatten. Nach demselben Prinzip musste es für verschlossene Türen Schlüssel geben und für jedes Gift ein Gegengift. Und gleichgültig, wie viele Möglichkeiten man hatte, galten doch immer bestimmte verdeckte Spielregeln.
Aber Alex selbst war nicht programmiert worden. Er war ein menschliches Wesen und konnte tun und lassen, was er wollte. Er hatte seine Lektion gelernt, auch wenn ihn das ein T-Shirt und beinahe sogar das Leben gekostet hatte. Wenn er nicht versucht hätte, an die Armbrust heranzukommen, hätte er dem Bumerang auch kein Ziel geboten. Und wenn er jetzt die Mauer hinaufstieg, um das Schwert zu holen, würde er schon deshalb in Gefahr geraten, weil er damit genau das tat, was von ihm erwartet wurde.
Um lebend aus Crays verrückter Spielwelt herauszukommen, musste er also immer das tun, was nicht von ihm erwartet wurde.
Anders ausgedrückt: Er musste mogeln.
Alex ging zu einer der lodernden Fackeln an der Wand und versuchte, sie aus der Halterung zu ziehen. Klar, dass sie fest verschraubt war; Cray hatte an alles gedacht. Aber er hatte nur die Fackeln sichern können; die Flammen konnte er nicht festschrauben. Kurzentschlossen zog Alex das T-Shirt über den Kopf und wickelte es fest um den Holzpfeil. Dann steckte er es in Brand. Er grinste zufrieden. Jetzt besaß er eine Waffe, die im Programm nicht vorgesehen war.
Der Ausgang befand sich an der hintersten Wand des Tempels. Vermutlich hatten die Programmierer angenommen, dass er direkt darauf zugehen würde. Stattdessen beschloss er, einen langen Umweg zu machen, sich dicht an der Wand entlangzuschleichen und jeder nur denkbaren Falle aus dem Weg zu gehen. Jetzt sah er die zweite Kammer vor sic h – die Grube mit den aus der Tiefe aufragenden Säulen, die auf der Höhe des Bodens endeten. In der Kammer regnete es in Strömen.
Alex trat durch den Tempelausgang und blieb am schmalen
Weitere Kostenlose Bücher