Alex Rider 6: Ark Angel
die blendend weißen Strände, das üppige Grün der Pinien und Tropenbäume. Das Wetter konnte für den bevorstehenden Raketenstart nicht besser sein. Das Flugzeug legte sich ein zweites Mal in die Kurve und setzte nun endgültig zur Wasserung an. Grell schien die Sonne durch das Fenster.
»Da ist es!« Paul Drevin lehnte sich an Alex vorbei und deutete aufgeregt nach unten. »Das ist der Startplatz!«, rief er.
Die Insel war ungefähr drei Kilometer lang und hatte die Form eines springenden Fischs. Dicht an der Küste, etwa dort, wo das Auge sein müsste, befanden sich die beiden Startrampen.Ein paar Hundert Meter entfernt sah man ein Dutzend Backsteingebäude, viele mit Satellitenschüsseln auf dem Dach. Der Boden in diesem Gebiet war völlig kahl, die Vegetation vermutlich von Raketenabgasen niedergebrannt. Alex dachte daran, was Kaspar ihm während seiner Gefangenschaft bei Force Three gesagt hatte. Vier Vogelarten seien auf der Insel ausgerottet worden. Alex wunderte nur, dass es nicht noch mehr waren.
Der Kopf des Fischs war kahl; dafür war aber der Rest des Körpers mit dichtem Regenwald bedeckt, und nur eine einzige Straße durchschnitt die Insel von einem Ende zum andern. Die Straße endete an einem hohen, in nordsüdlicher Richtung verlaufenden Zaun; dort gab es einen Kontrollposten und in der Nähe ein paar Holzhütten. Das war der einzige Zugang zu der Raketenstartbasis. Überall auf der Insel waren Wachtürme verteilt, sodass niemand sich unbemerkt vom Wasser her nähern konnte.
Drevins Haus stand auf der Schwanzflosse des Fischs. Alex konnte schon aus der Luft erkennen, dass dieses weiße Gebäude ein ultramoderner Bau mit riesigen Fenstern war, die eine fantastische Aussicht aufs Meer bieten mussten. Der gewölbte Bauch des Fischs war ein einziger langer Strand, bewachsen mit Palmen, die sich übers Wasser lehnten. Als das Flugzeug herunterging, sah Alex einen bunt gestrichenen Anlegesteg, drei Motorboote und zwei Segelschiffe, die nicht weit davon vor Anker lagen. Von Calypsomusik auf Steeldrums war allerdings nichts zu hören und es war auch kein Rum zu riechen – beides hätte perfekt in diese Szenerie gepasst.
»Schnallt euch an«, sagte Drevin. »Wir landen jetzt gleich.«
Drevin saß auf der anderen Seite des Gangs. Er trug einhellgelbes Hemd mit offenem Kragen und hatte seit der Abreise aus New York nicht viel gesprochen. Alex hatte den Eindruck, dass Drevin ihn persönlich für das Durcheinander mit seinem Pass verantwortlich machte. Oder aber er ärgerte sich darüber, dass die amerikanischen Behörden einem seiner Gäste solche Unannehmlichkeiten bereitet hatten. Jetzt drehte er in Gedanken versunken an seinem Ring herum. In der hellen Sonne wirkte sein Gesicht noch blasser als sonst.
Alex war froh über das Schweigen. Er wusste nicht mehr, wie er sich Drevin gegenüber verhalten sollte. Die Sachen, die Joe Byrne ihm erzählt hatte, gingen ihm unablässig durch den Kopf. Innerhalb weniger Stunden war Drevin von einem bemerkenswert uninteressanten Milliardär, der ein schlechter Verlierer war, zum größten Verbrecher der Welt geworden. Er hatte mit der Russenmafia und den Triaden zu tun, die – erst vor wenigen Monaten – versucht hatten, Alex zu töten. Wer sich ihm in den Weg stellte, musste sterben. Er war ein Ungeheuer, und dieses Ungeheuer saß nur wenige Plätze neben ihm.
Die Cessna ging runter und landete glatt auf dem Wasser. Dann fuhr sie in weitem Bogen an den Landesteg heran. Paul Drevin erhob sich als Erster, nach ihm Tamara Knight, die hinter Alex gesessen hatte.
Sie traten in die schwüle Wärme des karibischen Nachmittags hinaus, wo ein Buggy, ein kleines Elektroauto, wie man es normalerweise auf Golfplätzen benutzt, auf sie wartete. Drevin hatte bereits erklärt, dass es auf der Insel nur sehr wenig Benzin gab; Elektrofahrzeuge waren praktischer. Nachdem er jetzt wieder festen Boden unter den Füßen hatte, schien er besserer Laune zu sein.
»Als Erstes gehen wir ins Haus und ziehen uns um«, verkündete er. »Alex, du möchtest dich bestimmt gern auf der Insel umsehen. Das schaffen wir noch vor dem Abendessen. Morgen bin ich mit den Startvorbereitungen beschäftigt, da werdet ihr zwei euch allein amüsieren müssen. Aber es gibt hier ja genug zu tun. Ihr könnt schwimmen gehen, tauchen, segeln ... Willkommen im Paradies, könnte man sagen.«
Drevin fuhr sie die kurze Strecke nach Little Point, der Landspitze, auf der sein Haus stand. Wie alles, was Drevin
Weitere Kostenlose Bücher