Alex Rider 6: Ark Angel
Löcher, manche so groß, dass er einen Arm hindurchstecken konnte – mehr allerdings auch nicht. Dann entdeckte er eine Tür – und die war nur angelehnt. Früher hatte sie vermutlich als Verbindungstür zwischen den Laderäumen gedient. Jetzt war sie der Ausgang, den Alex suchte. Er schwamm hin und versuchte sie aufzustoßen. Die Tür ging etwa fünf Zentimeter weit auf. Dann war Schluss. An der anderen Seite war eine Kette vorgelegt. Alex sah etwas glitzern. Die Kette war ganz neu. Jetzt begann er sich wirklich Sorgen zu machen.
Eine neue Kette an einer alten Tür. Dafür gab es nur eine einzige Erklärung: Drevin musste irgendwie herausgefunden haben, wer er war. Wie schlau war Alex sich vorgekommen, als er Drevin mit seinem iPod belauscht und auf der Insel herumgeschnüffelt hatte. Aber dann hatte er sich von diesen Leuten auf ein Boot setzen und aufs Meer hinausfahren lassen – er war ihnen einfach so, ganz freiwillig in diese tödliche Falle gegangen. Und jetzt hatten sie die Tür verschlossen. Sie hatten ihn zum Tod durch Ertrinken verurteilt.
Ihn packte rasende Wut. Sein Herz trommelte; er bekam keine Luft. Er war kurz davor, sich das Mundstück des Atemschlauchsherauszureißen und laut zu schreien. Er war hilflos. Auf Gedeih und Verderb einem Stück Schlauch und einem immer kleiner werdenden Luftvorrat ausgeliefert.
Die nächsten neunzig Sekunden waren vielleicht die schwierigsten, die er jemals erlebt hatte. Er musste sich uneheuer zusammenreißen, dass er, zweiundzwanzig Meter tief unter Wasser und den fast sicheren Tod vor Augen, nicht die Beherrschung verlor. Er musste versuchen, seine Wut von sich selbst irgendwie auf Drevin umzulenken, der ihn so rücksichtslos aus dem Weg geräumt hatte wie jeden anderen, der ihm jemals in die Quere gekommen war.
Wieder ein Geräusch. Ein Motor. Über ihm. Hoffnung flackerte auf, doch Alex schob sie sofort wieder beiseite. Da kam kein Retter – Kolo hatte seinen Auftrag erledigt, war zum Boot zurückgekehrt und fuhr gerade davon.
Und tatsächlich, das Geräusch wurde leiser und erstarb. Alex war allein.
Eins musste er unbedingt wissen, auch wenn er schreckliche Angst hatte, die Wahrheit zu erfahren. Er griff nach seinem Tauchcomputer. Wie viel Luft hatte er schon verbraucht? Die Anzeigenadel verriet ihm nichts Gutes. Alex hatte noch 120 bar übrig. Ab einem Druck von nur noch 35 bar wurde die Anzeige rot. Bei diesem Stand schloss sich das Ventil an der Sauerstoffflasche automatisch. Dann blieben ihm nur noch wenige Minuten. Und dann würde er sterben.
Als er sicher war, dass er sich wieder im Griff hatte, schwamm er langsam zurück. Er wusste, in dieser Tiefe würde ihm die restliche Luft bald ausgehen. Aber wenn er sich zu hastig bewegte und damit zu viel Energie verbrauchte, würde das Ende noch viel schneller kommen. Wie viel Zeit blieb ihmnoch? Höchstens fünfzehn Minuten. Er musste sich zwingen, den finsteren Gedanken von sich zu weisen, dass seine Lage aussichtslos war. Kein Mensch wusste, dass er hier unten gefangen war. Kein Ausweg war in Sicht. Und doch musste er es wenigstens versuchen. Klügere Leute als Drevin hatten ihn schon töten wollen und es nicht geschafft. Er würde einen Weg nach draußen finden.
Die Luke war fest verschlossen. Die Bullaugen waren zu klein. Fußboden, Decke und Wände waren aus massivem Stahl. Es gab nur die eine Tür, durch die er sich womöglich in Sicherheit bringen konnte, und die war mit einer Kette ge sichert. Alex sah sich um, dann nahm er eins der alten Gewehre, die überall herumlagen. Keine Chance nach so viel Jahren unter Wasser, dass man damit noch schießen konnte, aber vielleicht ließ es sich ja anders verwenden. Er brachte das Gewehr zu der Tür, packte es am Schaft und schob den Lauf durch die Ritze. Er würde es als Brecheisen benutzen. Vielleicht konnte er die Tür aufstemmen; die Kette war neu, aber sie war an einem uralten Griff befestigt, der längst morsch sein musste. Alex zog mit aller Kraft. Das Metall schien nachzugeben. Er zog noch fester, und plötzlich flog er mit einem Ruck nach hinten. Etwas war kaputtgegangen. Das Gewehr. Der Lauf war mitten entzweigebrochen.
Er schwamm zurück und holte sich ein anderes. Er spürte die Messgeräte an seinem Gürtel, aber er sah gar nicht mehr hin. Zu groß war seine Angst vor dem, was sie ihm anzeigen würden. Jeder Atemzug rauschte ihm in den Ohren. Und jedes Mal wenn er den Mund aufmachte, sah er eine Wolke von Blasen aufsteigen und wusste, sein
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