Alex Rider 7: Snakehead
nächsten Gasse verschwinden, und erst da wurde mir bewusst, dass er außer der Pistole auch ein Messer gehabt hatte. Und dieses Messer steckte mir bis zum Heft im Bauch. Gespürt habe ich nichts. Aber als ich nach unten sah ... jede Menge Blut. Es sprudelte aus mir heraus. Am Boden war schon eine große Lache.«
Ash unterbrach sich. Das Brummen der Flugzeugmotoren wurde einmal kurz lauter. Alex fragte sich, ob sie schon zum Landeanflug nach Jakarta ansetzten.
»Der Schmerz setzte erst viel später ein«, sagte Ash. »Du kannst dir nicht vorstellen, wie schlimm das war. Ich wäre gestorben, wenn dein Vater mich nicht gefunden hätte. Er fürchtete das Schlimmste – und er setzte sein eigenes Leben aufs Spiel, denn wenn Yassen ihn gesehen hätte, hätte er unsere Inszenierung sofort durchschaut. Inzwischen krümmte ich mich am Boden. Schon halb bewusstlos. Mir war eiskalt. Ich habe noch nie in meinem Leben so gefroren.
Dein Vater hat das Messer nicht herausgezogen. Das hätte mich auf der Stelle getötet. Er drückte nur auf die Wunde und ließ seine Hand da, bis der Krankenwagen kam. Ein Hubschrauber brachte mich nach Valletta, wo ich eine Woche lang auf der Intensivstation lag. Ich hatte fast drei Liter Blut verloren. Am Ende bin ich durchgekommen, aber ... du hast dieNarbe gesehen. Man musste mir den halben Magen entfernen. Anders ging es nicht. Es gibt mindestens hundert Sachen, die ich nicht essen darf, weil ich sie nirgendwo mehr unterbringen kann. Und ich muss Medikamente nehmen ... jede Menge. Aber ich bin am Leben. Und dafür sollte ich wohl dankbar sein.«
Sie schwiegen lange.
»Aber schließlich hat Scorpia meinen Dad doch noch erwischt«, sagte Alex.
»Ja. Ein paar Monate später. Kurz nach deiner Taufe, Alex. Es war beinahe das letzte Mal, dass ich deinen Vater gesehen habe – und falls du dich besser fühlst, wenn ich dir das sage: Ich hatte ihn noch nie so glücklich gesehen wie an diesem Tag, als er dich in seinen Armen hielt. Er und deine Mutter. Es war, als hättest du sie wieder zu richtigen Menschen gemacht. Du hast sie aus dem Schattenreich herausgeholt.«
»Du bist mit ihnen zum Flughafen gefahren. Sie wollten nach Frankreich. Du hast gesagt, sie wollten nach Marseille.«
»Richtig. Sie mussten dich zurücklassen. Du hattest eine Mittelohrentzündung und durftest nicht fliegen. Sonst hätten sie dich mitgenommen.«
»Du warst dabei, als die Bombe in ihrem Flugzeug explodiert ist.«
Ash wandte sich ab. »Ich habe dir gesagt, ich möchte nicht darüber reden, und das habe ich auch so gemeint. Irgendwie hatte Scorpia erfahren, dass wir sie reingelegt hatten, und das war ihre Rache. Das ist alles, was ich weiß.«
»Und was ist dann aus dir geworden, Ash? Warum hast du den MI6 verlassen?«
»Das will ich dir sagen, Alex, aber dann ist auch Schluss. Ich denke, ich habe meinen Teil der Abmachung erfüllt.«
Ash zerquetschte seinen Plastikbecher und stopfte die Bruchstücke in das Zeitungsnetz vor ihm.
»Meine Leistung bei der Operation auf Malta wurde nicht allzu gut bewertet, wenn du’s genau wissen willst«, sagte er. »Ich war sechs Wochen krankgeschrieben, und kaum erschien ich wieder zur Arbeit in der Liverpool Street, rief Alan Blunt mich in sein Büro und machte mich für alles verantwortlich, was auf Malta schiefgegangen war.
Da war erst einmal die Sache mit der Zeit. Die falsche Uhr. Aber mein dümmster Fehler war der, dass ich aufgesprungen war, nachdem Yassen auf mich geschossen hatte. Verstehst du, da hat er gewusst, dass wir alle kugelsichere Westen trugen, und deshalb hat er, als er auf Travis und die anderen geschossen hat, auf den Kopf gezielt. Das war alles meine Schuld – jedenfalls hat Blunt mir das an den Kopf geworfen.«
»Das war nicht fair«, murmelte Alex.
»Weißt du was? Das habe ich auch bei mir gedacht. Aber dann bin ich Yassen auch noch nachgelaufen, obwohl der Plan doch vorsah, ihn entkommen zu lassen. Das war der letzte Nagel zu meinem Sarg. Blunt hat mich nicht rausgeschmissen. Aber ich wurde degradiert. Er sorgte dafür, dass ich nie mehr irgendeine Operation leiten konnte. Dass ich beinahe getötet worden wäre, zählte nicht. Irgendwie machte es das sogar noch schlimmer. Ein reizender Mann, dieser Alan Blunt. Ganz entzückend!«
Ash schüttelte den Kopf.
»Als dann wenig später deine Eltern in diesem Flugzeug starben, habe ich keinen Sinn mehr in meiner Arbeit gesehen.Wie ich dir schon in Bangkok gesagt habe: Dein Vater war Patriot und wollte
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