Alex Rider 9: Scorpia Rising (German Edition)
benutzt worden waren, wischten mühsam ganze Vorhänge von Wasser zur Seite. Fenster wurden hochgekurbelt, Schiebedächer hastig geschlossen. Viele Fahrer hupten, als könnten sie das schlechte Wetter dadurch vertreiben.
Alex rannte weiter. Das Wasser ging ihm bis über die Knöchel. In Kairo haben die Straßen keine Gullys. Die Autos schienen in einem Fluss zu schwimmen. Ein zweiter greller Blitz zuckte über den Himmel, der Regen prasselte unvermindert nieder.
Julius lief vor ihm zwischen den stehenden Autos hindurch. Was hatte er vor? Laut Gunter hatte er zum Übertragungswagen zurückkehren wollen, um bei Alex’ Tod dabei zu sein. Das ging jetzt nicht mehr, aber vielleicht wartete irgendwo ein zweiter Fluchtwagen, der ihn zum Hubschrauber bringen konnte.
Alex rannte schneller. Er war inzwischen bei der stehenden Autoschlange angekommen und lief nun daran entlang. Die Insassen der Autos waren durch die regennassen Scheiben kaum zu sehen.
Ein Schuss knallte. Alex hatte Julius nicht schießen sehen, aber er hörte, wie die Kugel in den Kotflügel eines grauen Peugeot schlug und im Blech eine Beule hinterließ. Der Fahrer und seine beiden Beifahrer schrien auf und duckten sich. Wer weiß, wie der Schuss inmitten des prasselnden Regens für sie geklungen hatte. Vielleicht glaubten sie, ein Blitz hätte in das Auto eingeschlagen.
Wieder knallte ein Schuss und neben Alex explodierte der Rückspiegel eines anderen Fahrzeugs. Alex versuchte gar nicht erst den Kugeln auszuweichen. Er hob seine Pistole. Das Wasser tropfte von ihrem Lauf und von seinem Handrücken. Er musste daran denken, dass er sich immer eine Pistole gewünscht hatte, seit er für den MI6 arbeitete, aber nie eine bekommen hatte. Jetzt hielt er eine in der Hand. Alan Blunt und Mrs Jones waren weit weg. Was hier geschah, machten er und Julius Grief unter sich aus.
Julius hatte sich hinter ein Auto geduckt, tauchte aber plötzlich wieder auf und rannte über die Straße. Dabei feuerte er erneut zwei Schüsse ab. Die Windschutzscheibe eines weißen Kleinbusses zerbarst und der Fahrer trat in seiner Panik anscheinend auf das Gaspedal. Jedenfalls machte der Kleinbus einen Satz nach vorn und krachte in das nächste Auto. Ein Mann stieg aus dem vorderen Auto aus und brüllte etwas auf Arabisch. Julius feuerte noch einmal. Der Mann drehte sich um sich selbst und aus seiner Schulter spritzte Blut. Kreideweiß im Gesicht sackte er neben seinem Auto zusammen. Der Fahrer des Kleinbusses starrte ihn entsetzt an. Das Hupen schien immer lauter zu werden. Julius hatte vier- oder fünfmal geschossen. Sein Magazin musste bald leer sein.
Nur noch sechs Autos trennten sie. Endlose Autoschlangen erstreckten sich vor, hinter und neben ihnen. Der Regen lief Alex über die Stirn und tropfte ihm vom Kinn. In seinen Schuhen stand Wasser, seine Kleider hingen wie nasse Lumpen an ihm herab. Er wischte sich mit dem Arm über die Augen, zielte und drückte ab. Der Abzug bewegte sich ganz leicht um den Zentimeter, von dem Gunter gesprochen hatte. Alex erschrak über den ohrenbetäubenden Krach und den Rückstoß der Tokarew, der ihm fast die Hand vom Arm riss. Die Kugel verschwand, ohne Schaden anzurichten, zwischen den Bäumen. Eine Frau mit Burka, von der nur die Augen zu sehen waren, starrte ihn durch das Fenster eines Wagens mit Allradantrieb empört an. Was fiel ihm ein, mitten in der Stadt eine Schießerei anzufangen!
Alex hatte danebengeschossen, aber der Schuss tat seine Wirkung. Julius bekam es mit der Angst zu tun. Er duckte sich hinter die Autos und sah sich nach einer Fluchtmöglichkeit um. Dann rannte er wieder zwischen zwei Autos hindurch über die Fahrbahn und verschwand hinter einem Laster mit offener Ladefläche. An der Straße zog sich ein Park entlang, auf der anderen Seite lag der Zoo. Julius rannte über den Grünstreifen, der die Fahrbahnen trennte, und begann die Gegenfahrbahn zu überqueren. Offenbar wollte er sich im Park mit seinen Büschen und Bäumen verstecken.
Er war schon fast am grasbewachsenen Randstreifen angelangt, da erfasste ihn ein Taxi. Nur auf dieser Fahrbahn bewegte sich der Verkehr noch – in Richtung Universität. Das Taxi fuhr nicht schneller als fünfzehn Kilometer pro Stunde, doch das reichte. Es schleuderte Julius zur Seite. Alex sah ihn stürzen, aufstehen und wie ein verwundetes Tier ein zweites Mal hinfallen. Der Fahrer hielt nicht an. Vielleicht hatte er den Unfall gar nicht bemerkt. Oder er hatte die Pistole gesehen, die Julius in
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