Alex Rider 9: Scorpia Rising (German Edition)
»Zunächst einmal hatte Kroll bei seiner Auffindung etwa zehn Stunden im Wasser gelegen. Demnach wurde er gegen elf Uhr abends erschossen. Wir haben auf der Gezeitentabelle der Themse nachgesehen. Um in Southwark ans Ufer getrieben zu werden, musste er weiter östlich ins Wasser geworfen worden sein, etwa auf der Höhe von Woolwich.«
Woolwich lag in der Nähe des City Airport. Blunt fiel dazu eine Frage ein, aber er wollte seine Stellvertreterin nicht unterbrechen.
»Wir haben unsere Bemühungen auf die Magnetkarte und die Informationen konzentriert, die wir aus seinem iPhone gewinnen konnten«, fuhr Mrs Jones fort. »Jammerschade, dass alle Telefonnummern verloren gegangen sind – das iPhone selbst ist nicht besonders aussagekräftig. Nach seiner Seriennummer zu urteilen, wurde es in New York gekauft. Wir versuchen immer noch die Zahlung zurückzuverfolgen. Wir haben jedoch die Wörter entschlüsselt. Sie bedeuten für sich genommen nicht viel. Man muss sie im Zusammenhang mit den anderen Dingen sehen, die Kroll dabeihatte. Der Schlüssel zu allem ist das Times Educational Supplement, das er in Heathrow gekauft hat. Ich habe die Ausgabe mitgebracht.«
Sie zog die Zeitung heraus und legte sie auf den Schreibtisch. »Was will ein Mann wie Kroll damit? Hat er sich für etwas interessiert, was mit Schule zu tun hat? Nehmen wir einmal an, dass ›Ju‹ Juni bedeutet und nicht Juli, dann stimmen die Daten – 30. Mai bis 3. Juni – zufällig mit den Ferien vieler Schulen in Großbritannien und anderen europäischen Ländern überein. Wir wissen, dass Kroll aus Kairo kam. Und Shafik, der im iPhone gespeicherte Name, klingt auch ägyptisch …«
»Demnach interessiert Scorpia sich für eine Schule irgendwo in Ägypten.«
»Wir sind zu demselben Schluss gekommen und haben in diese Richtung weiter nachgeforscht.«
Mrs Jones wickelte ein Pfefferminzbonbon aus und steckte es sich in den Mund. Blunt wartete geduldig.
»An den ägyptischen Schulen arbeiten insgesamt achtundzwanzig Männer und Frauen mit dem Nachnamen Shafik, elf davon in Kairo. Wir nahmen zunächst an, die Zahl fünfundvierzig beziehe sich auf das Alter. Das engte die Auswahl auf drei Personen ein. Nur eine davon unterrichtet in Kairo, eine Ms Alifa Shafik, Rektorin einer Grundschule. Wir haben sie überprüft und absolut nichts gefunden, was eine Organisation wie Scorpia interessieren könnte. Die Schule liegt in einem armen Stadtteil. Wir kamen zu dem Schluss, dass diese Spur nirgendwohin führt.«
Blunt nickte zustimmend. Er war beeindruckt. Mrs Jones hatte schnelle Ergebnisse geliefert, und was sie sagte, klang einleuchtend. »Shafik ist ein ziemlich häufiger Name«, wandte er ein. »Die Verbindung mit der Zeitung ist interessant und möglicherweise ist wirklich eine Schule im Spiel. Aber sie könnte genauso gut in Alexandria oder Port Said oder sogar Luxor liegen. Haben wir noch genauere Anhaltspunkte?«
»Die haben wir tatsächlich.« Mrs Jones blätterte durch die Zeitung. »Wir haben die Zeitung von Anfang bis Ende durchgelesen, nach Artikeln gesucht, die mit Ägypten zu tun haben, und versucht, Verbindungen herzustellen. Wir haben nichts gefunden, doch auf der letzten Seite ist die Stelle eines neuen Sicherheitschefs am Cairo International College of Arts and Education ausgeschrieben. Das College liegt in der Sheikh Zayed City am Stadtrand. Das konnte kein Zufall sein. Wir nahmen Kontakt mit der Schule auf und stießen auf etwas sehr Interessantes. Man braucht dort einen neuen Sicherheitschef, weil der alte auf dem Weg zur Arbeit überfahren wurde. Und er hieß ausgerechnet Mohammed Shafik. Der Verursacher beging Fahrerflucht. Der Unfall – wenn es denn ein Unfall war – ereignete sich vor fast zwei Monaten, am vierten Mai …«
Blunt starrte auf das Blatt vor ihm. »Am vierten Fünften«, murmelte er. »Vier und fünf, dieselben Zahlen.«
»Genau.«
»Also war Levi Kroll vermutlich deswegen in London«, fuhr Blunt fort. »Wenn diese Schule einen neuen Sicherheitschef sucht, will Scorpia dort vielleicht einen Mann einschleusen.« Er las rasch die Anzeige im Times Educational Supplement. Ein Londoner Arbeitsvermittlungsbüro hatte die Anzeige geschaltet, das Büro lag allerdings nicht in der Nähe von Woolwich, dem Ort, an dem Kroll womöglich getötet worden war. »Hat die Agentur einen Nachfolger für Mr Shafiks Stelle gefunden?«
»Jawohl, hat sie. Der neue Mann heißt Erik Gunter. Mutter Schottin, Vater Deutscher. Gunter ist in
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