Alex Rider 9: Scorpia Rising (German Edition)
bei Smithers allerdings ausgehen konnte.
Er drückte den mit dem Latexstreifen bedeckten Daumen auf den Scanner. Das Gerät las den Abdruck und maß zugleich die Körpertemperatur dahinter. In der nächsten Sekunde sprang die Tür auf.
In einiger Entfernung rief jemand etwas. Alex erstarrte. Die Stimme gehörte einem Wachmann. Wenn er jetzt den Gang entlangkam und die offene Tür sah, war alles aus. Doch dann entfernten sich Schritte die Treppe zum ersten Stock hinauf. Alex blickte nach rechts und links. Es gab hier zwar keine Kameras, aber es konnte jeden Moment jemand auftauchen. Gunter würde in weniger als zwanzig Minuten zurückkehren. Er musste sich also beeilen.
Er ging in das Büro und schloss die Tür hinter sich.
Das Zimmer sah genauso aus, wie er es sich vorgestellt hatte: sauber, aufgeräumt und fast leer. Es enthielt nur einen Schreibtisch, zwei Stühle, einen stählernen Aktenschrank und ein Bücherregal. Das große Fenster war außen vergittert und ging hinaus auf den Haupteingang. An ihm musste der Junge gestanden haben, der Alex beim Verlassen der Schule zugeschaut hatte. Zum Glück hatte Gunter vor dem Gehen die Jalousie heruntergelassen, Alex konnte sich also frei bewegen, ohne gesehen zu werden.
Er begann mit der Schreibtischplatte. Auf ihr lag ein Taschenkalender mit einigen englischen Eintragungen, die aber alle Termine in der Schule betrafen. Interessante Adressen oder Telefonnummern fand Alex keine. Gunter hatte ein Dutzend Briefe bekommen. Alex blätterte sie schnell durch. Bei einigen handelte es sich um Bewerbungsschreiben. Der Vertreter einer Firma für Alarmsysteme bat um einen Termin. Die Frau des italienischen Botschafters beklagte sich über Einheimische, die am Schultor warteten und laut pfiffen, wenn Gabriela auftauchte. Alex fand keine Hinweise auf einen geplanten Anschlag, aber natürlich war Gunter ein vorsichtiger Mensch. Er würde kein verdächtiges Material offen herumliegen lassen, auch nicht in einem abgesperrten Büro.
Alex betrachtete das Bücherregal näher. Gunter las offenbar gerne Krimis und Thriller. Im Regal standen Bücher von Agatha Christie und Andy McNab, außerdem ein Ägyptenführer und ein dickes Buch mit dem Titel Arabisch für Selbstlerner. Die letzten beiden Bücher schienen unbenutzt. Ansonsten war das Regal leer. An den Wänden hingen keine Bilder. Das Zimmer wirkte, als sei der Besitzer eben erst eingezogen oder im Begriff auszuziehen. Vielleicht wollte Gunter nicht lange an der Schule bleiben.
Als Nächstes wandte Alex sich dem Aktenschrank zu. Er war abgeschlossen und Alex ärgerte sich, dass er Smithers nicht um etwas gebeten hatte, mit dem er Schlösser öffnen konnte. Er dachte an die Spezialcreme, die er bei seinem ersten Einsatz bekommen hatte. Eine kleine Menge davon hätte sich sofort durch das Metall gefressen. Aber mithilfe des Latexdaumens konnte er jederzeit noch einmal zurückkehren.
Er trat wieder an den Schreibtisch und zog an den Schubladen. Die erste enthielt Stifte, Umschläge, eine Taschenlampe und einen Stapel Meldebögen, die Gunter offenbar täglich ausfüllen musste. Die zweite ähnelte einer Hausapotheke. Sie enthielt verschiedene Tabletten und ein Fläschchen mit einer weißen Flüssigkeit, die nach Pfefferminz roch. Sie erinnerte Alex daran, dass Gunter aufgrund der Kriegsverletzungen ein kranker Mann war. Einen Augenblick lang war er versucht zu gehen. Er hatte kein Recht, hier zu sein und in das Privatleben eines Fremden einzudringen. Aber für solche Skrupel war es jetzt zu spät. Er hatte einen Auftrag auszuführen und je schneller er damit fertig wurde, desto besser.
An der Tür klopfte es.
Alex erstarrte. Draußen rief eine Stimme etwas auf Arabisch. Vielleicht gehörte sie dem Wachmann, den er gehört hatte. Suchte der Mann Gunter? Oder hatte er gemerkt, dass jemand ins Zimmer eingedrungen war? Alex war ihm ausgeliefert. Wenn die Tür aufging, konnte er sich nirgends verstecken. Die Sekunden vergingen. Alex hörte sein Herz klopfen. Die Tür blieb zu. Wer auch immer geklopft hatte, war wohl wieder gegangen.
Rasch wandte Alex sich der dritten Schublade zu. Er konnte jederzeit entdeckt werden. Die Schublade war bis auf einige Werbebroschüren der Schule leer. Er schloss sie und zog sie wieder auf. Hatte in der Schublade ein metallischer Gegenstand geklappert oder hatte er sich das nur eingebildet? Er hatte deutlich gehört, wie etwas über den Schubladenboden gerollt und mit einem Klacken gegen die hölzerne Umrandung
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