Alex Rider 9: Scorpia Rising (German Edition)
schulterte seinen Rucksack und machte sich auf den Heimweg.
Seltsame Fotos
E rik Gunter war den ganzen Montag auf einer Konferenz in Alexandria und wurde derweil von einem Ägypter namens Naquib vertreten, der entweder rauchte oder in der Sonne döste. So ärgerlich es auch war, ohne Gunter konnte Alex nicht in dessen Büro einbrechen. Er musste auf seine Rückkehr warten. Am Dienstag nach Unterrichtsschluss ergab sich endlich die passende Gelegenheit.
Es war ein ganz gewöhnlicher Schultag gewesen, aber Alex hatte sich nicht konzentrieren können, weil er ständig daran denken musste, was er noch vorhatte. Er hatte Gunter in der Mittagspause mit einigen Lehrern zusammensitzen und ein Glas Milch trinken sehen. Feste Nahrung nahm der Sicherheitschef scheinbar keine zu sich. Alex hatte Französisch, Geschichte, Mathematik und den Rest irgendwie überstanden. Anschließend war er schwimmen gegangen und hatte für das Schultheater geprobt. Endlich war die letzte Stunde aus. Er hatte sich Zeit gelassen, bis er sicher wusste, dass die anderen Schüler weg waren. Halb vier war vorbei, um vier wurde das Tor geschlossen. Ihm blieb also nur eine halbe Stunde, was vielleicht nicht reichte.
Er kannte den Tagesablauf von Gunter, Naquib und den anderen Wachmännern, die in der Schule für Sicherheit sorgten, inzwischen auswendig. Gunter kehrte jeden Tag um Viertel vor drei in sein Büro zurück, arbeitete dort zwanzig Minuten, ging dann zum Haupttor und sah zu, wie die Schüler das Gelände verließen. Offenbar hatte er eine wichtige Regel seiner Ausbildung bei der Armee vergessen. Er wiederholte sich – und Wiederholungen nutzten dem Gegner. Sie machten einen berechenbar und damit zu einem leichten Ziel.
Alex wartete im Gang in der Nähe von Gunters Büro, bis die Tür mit einem Klicken aufging. Dann setzte er sich in Bewegung und traf genau in dem Moment vor der Tür ein, in dem Gunter nach draußen trat. Alex warf einen raschen Blick hinein, bevor Gunter die Tür schloss. Sie verriegelte sich automatisch.
»Brenner!« Gunter war überrascht, ihn zu sehen. »Was machst du hier?«
»Ich wollte Sie sprechen«, sagte Alex.
»Warum?«
Alex steckte die Hand in die Hosentasche. »Ich habe das hier gefunden.« Er holte ein iPhone heraus und gab es Gunter.
»Was soll damit sein?«
»Jemand hat es im Unterricht vergessen. Ich wollte es anstellen, aber es ist durch ein Passwort gesichert. Ich dachte, Sie könnten herausfinden, wem es gehört, und es dem betreffenden Schüler zurückgeben.«
Gunter starrte ihn an. Gesichter wie seins mit kahl rasiertem Schädel und stechendem Blick sahen schnell verärgert aus. »Für Fundsachen bin ich nicht zuständig. Gib das iPhone am Eingang ab. Dann wird eine Nachricht ans Schwarze Brett gehängt und der entsprechende Schüler kann es abholen, wenn er morgen in die Schule kommt.« Er gab Alex das iPhone zurück und setzte sich in Bewegung, wieder mit seltsam unsicheren Bewegungen, als arbeiteten Muskeln und Knochen nicht richtig zusammen.
Er hatte erst zwei Schritte gemacht, da drehte er sich noch einmal um. »Wie kommst du zurecht?«, fragte er.
»Gut.«
»Bestimmt vermisst du deine Freunde in London.«
»Ja. Aber ich habe inzwischen auch hier schon viele Freunde.«
»Schön. Freut mich zu hören.«
Gunter humpelte weiter, während Alex sich fragte, woher der Sicherheitschef wusste, dass er aus London kam. Natürlich konnte Gunter in seiner Akte nachsehen, aber die lag im Sekretariat – und warum sollte Gunter sich die Mühe machen, sie dort zu lesen? Ein interessanter Ausrutscher.
Der Gang war leer. Es war sechs nach halb vier. Alex hielt das iPhone noch immer fest und passte auf, dass er den Monitor nicht mit den Fingern berührte. Er hatte es nicht gefunden, sondern am Wochenende bekommen. Smithers hatte es ihm in einem gefütterten Umschlag und mit einer einseitigen Bedienungsanleitung geschickt. Alex hob die Hand mit dem iPhone und betrachtete den Bildschirm. Ja, Gunter hatte darauf einen deutlich sichtbaren Daumenabdruck hinterlassen. Alex suchte nach der kleinen, seitlich angebrachten Taste und drückte sie. Es summte leise und das Gerät in seiner Hand begann zu vibrieren, während der Abdruck verarbeitet wurde. Der ganze Vorgang dauerte etwa zwanzig Sekunden, dann kam aus dem Schlitz, in den man sonst das Netzkabel steckte, ein rosafarbener Latexstreifen. Alex wickelte ihn sich um den Daumen. Er »trug« jetzt Gunters Daumenabdruck, vorausgesetzt das Gerät funktionierte – wovon man
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