Alexa, die Amazone – Die große Chance
daneben.
»Gut, Sie haben uns erwischt, wir haben hier ein Bier getrunken. Und? Was ist da schon dabei? Die Pferde sind versorgt, Sie können sich davon überzeugen. Wir hatten gerade eine halbe Stunde Leerlauf. Und da hatten wir Lust auf ein Kartenspiel. Das ist doch nicht schlimm!«
»Nein?«, antwortet Gerolf scharf.« Und wer hat in der Zeit, in der die Herren sich hier vergnügen, Bereitschaftsdienst?«
»Klaus Wagner hat versprochen, solange aufzupassen.«
»Klaus Wagner. So. Ausgerechnet Klaus Wagner, der sich vor euch in die Hosen macht. Ihr ladet euren Mist wohl auch immer auf dem Schwächsten ab. Seid auch noch stolz drauf, was?«
»Er wollte es ja ...«, versucht sich der Kurzhaarige zu rechtfertigen.
»Was du nicht sagst«, höhnt Gerolf. »Und was fällt dir zu dem Schlüssel ein? Der hat wohl gesteckt und euch zugewunken!«
»Nein, die Tür war offen!«
»Jetzt mach aber einen Punkt, Friedhelm! Ich schätze es nicht, wenn man versucht, mich für dumm zu verkaufen! Also, wie war das mit dem Schlüssel?«
»Nein, wirklich, die Tür war offen!«
»Du bestehst darauf!«
»Sie war offen!«
»Und ihr, behauptet ihr auch, sie sei offen gewesen?«
Die beiden anderen nicken.
»Ja oder nein?«, droht Gerolf.
»Ja«, lautet die leicht verhaltene Antwort.
»Ihr lügt doch!« Gerolf tritt einen Schritt zurück und vergräbt seine Hände in den Hosentaschen.
Alexa wird sich jetzt erst ihrer Lauscherrolle zwischen Tür und Angel bewusst. Was jetzt? In den Gang zurücktreten?
»Und wie seid ihr darauf gekommen, dass die Tür nicht geschlossen war? Stand das unten am schwarzen Brett?«
»Wir sind zufällig daran vorbeigekommen!«
»Hört auf damit. Ihr scheint euren Aufenthalt hier recht locker zu nehmen. Ich kann ihn euch aber auch verkürzen. Denkt daran. Und jetzt räumt hier auf, bezahlt euer Bier und macht, dass ihr an eure Plätze kommt. Wir sprechen uns noch. Heute Abend um zwanzig Uhr in meinem Büro. Ich werde Frau Jung und meinen Bruder dazu einladen. Vielleicht fällt euch dann mehr dazu ein!«
Alexa tritt einige Schritte zurück und geht zum Treppenabsatz vor. Missmutig kommt Gerolf nach.
»Es ist doch immer das Gleiche«, brummt Gerolf, während sie zusammen die Treppe hinuntergehen. »Die Jungs kommen und gehen – aber der Ärger bleibt immer derselbe!«
Sie gelangen in den Vorraum. Rechts das große zweiflügelige Tor in die Reithalle, links das gleiche Tor nach draußen und geradeaus eine breite Schiebetür in die Stallgasse.
»Das will ich mir jetzt einmal genau ansehen«, murmelt Gerolf.
Er schiebt die Tür einen Spaltbreit auf, Alexa schlüpft vor ihm durch. Eine lichtdurchflutete Stallung empfängt sie. Breit die Gasse, geräumig die Boxen, freundlich die Farben. Das hat sie sich schlimmer vorgestellt, Harald hatte recht, von außen wirkt das Gebäude viel düsterer. Gerolf geht nun langsam mit ihr von Box zu Box und erklärt ihr einiges über die darin stehenden Pferde. Alexa hat aber den Eindruck, als prüfe er nur die Streu, die Tränke und das Fell der Pferde. Bei einigen geht er hinein und kontrolliert die Fesseln und die Hufe.
»Na ja, gearbeitet haben sie wenigstens«, meint er schließlich. Kurz darauf bleibt er vor einer halb geöffneten Boxentür stehen. Ein edler, schneeweißer Kopf reckt sich ihm entgegen.
»Nanu?« Gerolf geht etwas zur Seite, damit er die Box besser überblicken kann. Dem schneeweißen Kopf folgt ein schneeweißer Hals, nur für die breite Pferdebrust ist der Durchgang noch etwas zu schmal. Schon beginnt aber die Schiebetür dem Druck nachzugeben.
»Halt, halt, zurück, Amor – hörst du nicht? Was ist denn los? Komm, schön zurück.«
Neben der Hinterhand des Schimmels taucht ein ungekämmter Haarschopf auf.
»Ach, Sie sind’s, Herr Struckat, Tag!«
»Schau an, Klaus, wo man dich überall findet. Stimmt etwas nicht mit Amor?«
»Der hat sich heute Nacht wieder hingelegt und gewälzt oder was weiß ich, ich schaff ’ jedenfalls schon eine Ewigkeit an ihm herum und er ist trotzdem kaum sauber zu kriegen. Dabei geht doch gleich die Springstunde los, dann braucht die Sabine ihn doch!«
»Lass das die Sabine nur ruhig mal alleine machen. Schließlich ist es ihr Pferd!«
»Ja, ja, schon«, druckst der etwa Sechzehnjährige und wischt sich mit der Hand unter der Nase entlang.
»Habt ihr etwa ein Abkommen getroffen, du und die Sabine? Gibt sie dir etwa Geld dafür, damit sie sich die Finger nicht schmutzig zu machen braucht?«
»Geld?«
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