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Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Titel: Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Luft im Raum war dick und kaum zu atmen. Olympias bewegte sich langsam vor und zurück; ihr Gesicht zeigte einen Anflug von Ekstase. Alexander wirkte angewidert, gleichzeitig aber benommen oder berauscht.
    Philipp schloß die Tür, geräuschlos. Die Thrakerin beobachtete ihn mit glimmenden Augen. Er schüttelte den Kopf, wandte sich ab und ging zum Treppenhaus. Als er sich an einen der Wächter wandte, klang seine Stimme wie eine Tonscherbe unter einem Schuh.
    » Holt Archelaos her.«
    Der Hausmeister lief die Treppen hinauf; er keuchte, als er Philipp erreichte. Philipp nahm ihn mit in den Gang, ohne jeden Versuch, leise zu gehen oder leise zu reden. Die Thrakerin war verschwunden.
    Zwischen Olympias’ und Alexanders Türen, beide auf der gleichen Seite des Gangs, blieb Philipp stehen. » Archelaos, morgen besorgst du Baumeister und Zimmerleute. Ich will hier eine Wand haben, die den Gang verschließt. Genau hier. Mit einer starken, dicken Tür. Wenn alles fertig ist, schließ die Tür ab.«
    Archelaos blinzelte im Fackellicht. » Abschließen? Ja, Herr. Wer bekommt die Schlüssel?«
    Philipp wandte sich ab. » Wirf sie in einen Brunnen.«
    Am nächsten Morgen brach Philipp auf zu einer kleinen Rundreise; er wollte mehrere Gebietsfürsten besuchen. Parmenion und Antipatros blieben in Pella, um Vorbereitungen zu treffen: für die Ausführung der Pläne, für das Frühjahr.
    Philipp nahm nur wenige Reiter mit; sie wurden befehligt von einem seiner Edlen Gefährten, einem jungen, dunkelhaarigen Oresten namens Pausanias. Philipp ritt an der Spitze; neben ihm versuchte Antigonos der Einäugige, die schlechte Laune des Königs aufzubessern.
    » Es muß doch sein, Philipp. Du selbst hast es gesagt. Man muß die Fürsten bei Laune halten.«
    » Weiß ich. Aber Spaß machen muß es mir nicht, oder?«
    » Du solltest immerhin so tun als ob. Wir werden bald die Burg von Attalos erreichen. Nicht der angenehmste aller Fürsten, aber treu– noch. Bei ihm werden viele andere sein, Väter deiner jungen Gefährten– und der künftigen Gefährten Alexanders. Du brauchst sie, dein Sohn wird sie brauchen, also– immer lächeln, Herr der Makedonen.«
    » Na gut. Ich will es versuchen. So besser?« Philipp bleckte die Zähne; es sah weniger nach einem Lächeln aus als nach den Jagdvorbereitungen eines Wolfs.
    In der Burg des Fürsten Attalos fand ein gewaltiges Festmahl statt. Anders als in Pella nahmen daran jedoch keine Sänger, Musiker oder Dichter teil. Es war ein Wettbewerb im Trinken, im Prahlen, im Essen, unterbrochen von einigen Ringkämpfen nackter Thraker und Illyrer. Attalos’ elfjährige Nichte Kleopatra bediente den König, kümmerte sich aber kaum um seine Gefährten. Der junge Pausanias schien Gefallen an dem Mädchen zu finden.
    » Du bist der Sohn des Kerastos, oder?« sagte sie.
    Pausanias nickte; er strahlte sie an. » Aus der Orestis, ja. Kennst du meinen Vater?«
    » Er ist ein mieser alter Bock.« Ihre Stimme klang harsch. Philipp kniff sein Auge zu und gluckste.
    Pausanias holte tief Luft. » Es ist nicht üblich, Väter von Gästen zu beleidigen.«
    » Das kommt auf die Gäste an. Kann man Knaben beleidigen, die einem unaufgefordert nachstellen?«
    » Tss, tss, tss.« Philipp legte einen Finger auf seine Lippen. » Vertragt euch; wir wollen keine schlechte Stimmung erzeugen, oder? Magst du mir die wunderbaren Pferde zeigen?«
    Attalos und zwei seiner engeren Freunde waren eben damit beschäftigt, das gläserne Auge aus dem Kopf des betrunkenen Antigonos zu holen. » Mal sehen, wieviel Wein in die Höhle geht, was?« sagte einer der Männer. Attalos brüllte vor Lachen.
    Philipp stand auf; mit einem Griff leerte er seine rechte Augenhöhle, hielt den künstlichen Augapfel, den Drakon ihm eingesetzt hatte, in die Luft und ließ ihn in seinen Becher fallen.
    » Ich habe festgestellt, daß ich danach viel besser sehe.« Er nahm das Auge aus dem Wein, lutschte es ab, steckte es wieder zurück und stieß ein lautes Wiehern aus. Kleopatra lächelte.
    Attalos klatschte in die Hände. Pausanias streifte die Versammlung mit einem ausdruckslosen Blick und wandte sich zum Ausgang. Attalos stand auf und deutete auf ihn.
    » He, Junge– hierbleiben.« Er blickte seine Freunde an. » Hat er nicht einen wunderbar weichen, wogenden, wallenden Gang?«
    Philipp und Kleopatra verließen eben den Saal; Pausanias sah sich unschlüssig um, fast hilfesuchend.
    » Komm her, Junge; laß uns mal sehen, ob es unter dem Stoff auch so

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