Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands
Hühnereier vorziehst. Glaubst du, damit umgehen zu können?«
Peukestas nickte stumm.
» Dann werden wir auch von Männern reden müssen, über die wenig bekannt ist. Wir werden Mutmaßungen darüber anstellen müssen, wie bestimmte Dinge gewesen sein könnten, damit wir andere Vorgänge erklären können. Vielleicht– vielleicht ist es eher Stoff für ein Satyrspiel oder eine Komödie, ein Epos, eine Tragödie. Weniger für eine wahrheitsgetreue Darstellung. Vielleicht solltest du, statt trockene Wahrheiten zu schreiben, die Geschichte auf erfundene und wirkliche Charaktere aufteilen und sie reden und handeln lassen. Es wäre eine kunstfertige Form der Lüge. Aber vielleicht ist für diese Belange eine ordentlich gearbeitete Lüge die einzig mögliche Wahrheit.«
2 .
Parmenions Traum
Im Morgengrauen ging der leichte Schneefall in Nieselregen über, der aber auch bald endete. Eine Stunde nach Sonnenaufgang war der Schnee geschmolzen; nur im Paß und an einigen schattigen Stellen des Tals hielten sich noch Reste. Auf der Nordseite des Passes, wo die Handelsstraße– ein holpriger Karrenweg– zur steinigen, graugrünen Hochebene abfiel, hatten die Makedonen die Schanzarbeiten vom Vortag wieder aufgenommen. Der etwa vierzigjährige Mann mit rotem Umhang und schmucklosem Kesselhelm unterhielt sich mit einem der Unterführer über die Höhe der Palisaden hinter dem Graben; dann ging er zurück zum größten der Lederzelte. Er griff nach einem dicken Lappen, nahm die Bronzekanne aus dem Feuer und goß mit Wein, Wasser und Honig versetzten Kräutersud in seinen Becher. Neben dem Feuer, auf einem Holzklotz, hockte der einzige unbewaffnete Mann des Lagers; er hielt ihm den Metallteller mit Fladenbrot und kaltem Fleisch hin.
» Danke. Wo steckt Drakon?«
» Macht seine Morgenentleerung, glaub ich.«
Undeutlich kam von jenseits des Zelts eine Stimme. » Dies unedle Tun, an dem keinerlei Tugend haftet, ist bald vollendet, edler Parmenion. Ich stehe gleich zu deiner Verfügung.«
Der Mann mit dem roten Umhang grinste. » Gut. Aufbruch. Du weißt, was dich erwartet, Phlebas?«
Der Unbewaffnete seufzte. » Du hast es mir oft genug ausgemalt, Parmenion. Warum hab ich Trottel bloß… Und ich könnte jetzt in Syrakus in der Sonne sitzen!«
Parmenion hob die Schultern. » Betrachte es als Hilfe für deine zurückgebliebenen hellenischen Brüder.«
» Hellenen? Brüder? Die Stinker hier in dem Kaff?«
Drakon erschien. Auch er war unbewaffnet und anders als Parmenion und Phlebas bartlos. Er mochte etwa fünfundzwanzig Jahre alt sein. » Stinker? Nun ja. Unter gewissen Umständen stinkt sogar ein Sikeliot aus dem feinen Syrakus. Stell dich nicht an, Junge.« Er verschwand im Zelt und kehrte sofort wieder zurück; von seiner Schulter hing eine Korbtasche.
Sie stiegen hinauf zum Paß. Vor der frisch errichteten Schutzhütte hockten drei Fußkämpfer an einem kleinen Feuer. Parmenion nickte ihnen zu. An der Südseite öffnete sich ein breites Tal. Rechts und links der Straße standen wenige Häuser, viele schäbige Hütten und ein paar Ställe. Pferde grasten auf einer nahen Weide, durch die ein kleiner Bach lief; weiter talab und an den Hängen sah man große Mengen Schafe und Ziegen, dazu einige Rinder.
Das größte Gebäude des Dorfs, teils Schweinestall, teils Versammlungsort, hatte nach Norden und Osten Wände aus Lehm und Steinen. Die beiden anderen Seiten waren offen; Pfosten trugen die verwitterte Holzdecke. Schweine waren nicht zu sehen, aber während der Unterredung nutzten hin und wieder Dörfler die Mistecke, um sich zu erleichtern.
Parmenion, Drakon und Phlebas gingen zu den Dorfältesten und dem vorangegangenen makedonischen Unterführer. Die meisten der Männer des Dorfs trugen rohe Felle; nur einer hatte sich in ein schmieriges Tuch gewickelt. Sein Haar und sein Bart waren ebenso struppig und verfilzt wie bei den anderen.
Auf dem groben Tisch standen Becher aus halbgebranntem Ton. Parmenion ließ sich auf einem der Schemel nieder, nachdem er die Versammlung begrüßt hatte. Er trank einen Schluck von dem dünnen warmen Bier, wischte sich den Mund und rülpste.
» Also, habt ihr einen Entschluß gefaßt?«
Der Sprecher der Dorfleute kratzte sich zwischen den Beinen. » Wir haben gestern abend mit den Männern der Nachbardörfer geredet.« Er deutete auf drei struppige Gestalten am Kopfende des Tischs. » Du kennst sie noch nicht.«
Parmenion verneigte sich im Sitzen. » Ich bin glücklich, diesen Makel
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