Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Titel: Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
Vom Netzwerk:
einem Speer in der Brust. Zwei muskulöse Sklaven in Fellschurzen klaubten Steine auf; sie bewarfen Paionen, die von den Pferden gesprungen waren und sich zwischen die Wagen drängten.
    Als die Dörfler und die Makedonen eintrafen, löste sich alles zu einem Handgemenge zwischen stürzenden Karren und rasenden Pferden auf. Ein Paione kletterte auf einen Wagen; dort stand ein hölzerner Käfig mit einem riesigen braunen Bären. Der Paione wurde von einem Pfeil des ruhigen jungen Mannes getroffen und brach zusammen; im Fallen riß er den Riegel auf. Brummend und knurrend sprang der Bär vom Wagen; er fletschte die Zähne und hieb um sich.
    Die Hopliten saßen ab. Während die Reiter, geführt von Parmenion, die berittene Horde angriffen, mehrfach schwenkten und den Gegner durcheinanderwirbelten, sich zurückzogen und erneut stürmten, bildeten die Hopliten eine kleine Phalanx. Die langen Sarissen starrten den Paionen entgegen; Schilde schützten die makedonischen Fußkämpfer vor den Geschossen der Barbaren. Die Paionen, von Parmenions Reitern bedrängt, galoppierten gegen das starrende Viereck, aber der Angriff brach in sich zusammen, als die ersten Pferde schreiend zu Boden gingen. Die meisten Paionen gerieten zwischen die Sarissen der vorrückenden Fußkämpfer und die Speere und Schwerter der Reiterei, wurden niedergemacht oder flohen. Es gab nur wenige Gefangene. Der Bär schaukelte hoheitsvoll davon, über die Ebene; niemand kam auf den Gedanken, ihn zu verfolgen oder gar einzufangen.
    Drakon kümmerte sich um einige leichtverwundete Makedonen. Die jungen Männer aus dem Dorf hatten auf Parmenions Anweisung hin zunächst abgewartet und staunend gesehen, wie die gefürchteten, zahlenmäßig weit überlegenen Paionen von den makedonischen Kämpfern scheinbar mühelos aufgerieben wurden. Zusammen mit den Gefangenen halfen sie nun, eine große Grube auszuheben.
    Drakon rupfte ein langes Gras aus dem Boden, schob es zwischen die Zähne und ging zu Parmenion, der mit dem ältesten Händler redete. » Darf ich, Herr der Krieger?« Er bleckte die Zähne.
    Parmenion ächzte leise. » So viel Zeit haben wir nicht. Muß das sein?«
    Drakon zuckte mit den Schultern. » Ah, du weißt doch…«
    Parmenion hob beide Hände, ließ sie sinken und nickte. Drakon kaute seinen Halm durch, spuckte einen Teil aus, kaute auf dem Rest weiter und schlenderte dorthin, wo die toten Paionen lagen. Aus dem Beutel über seiner Schulter nahm er einen kleinen Meißel und eine krumme Zange.
    Der Händler sah, wie Drakon den Mund eines Gefallenen aufstemmte und Zähne zu ziehen begann. Er wandte sich an Parmenion. » Wozu soll denn das gut sein?«
    » Er sammelt Zähne. Macht Gebisse draus. Die steckt er dann denen in den Mund, die ihre eigenen Zähne verloren haben.«
    » Bah.«
    Langsam klärte sich das Durcheinander. Die umgestürzten Karren wurden aufgerichtet und wieder beladen, die durchgegangenen Pferde neu eingeschirrt. Parmenion sah dem jungen Bogenschützen zu, der die Sehne gelöst hatte und herumliegende Papyrosrollen einsammelte, um sie wieder auf dem Wagen zu verstauen.
    » Gutes Auge, gute Hand. Wenn man den Kopf behalten kann, während ringsum alle ihren verlieren…«
    Der junge Mann blickte auf und lächelte.
    Parmenion kniff die Augen zusammen. » Habe ich dich nicht schon mal irgendwo gesehen?«
    » Das hast du, edler Parmenion. Damals war ich aber noch ein Kind.«
    Parmenion kratzte sich den Kopf; plötzlich lachte er. » Aristoteles, was? Also, das muß Jahre her sein.«
    » Zu viele Jahre für manche, zu wenige für die meisten. Aber es ist schmeichelhaft, daß du dich meiner entsinnst.«
    Parmenion lehnte sich gegen den Karrenrand. » Was machst du denn, wenn du dich nicht gerade mit Händlern und Barbaren balgst? Das letzte, woran ich mich erinnere, ist der Tod deines Vaters. Der beste Arzt, den je ein makedonischer König hatte. Und du bist dann gegangen. Nach– Athen, ja?«
    Aristoteles nickte. » Dein Gedächtnis ist bewundernswert, edler Parmenion. Vor acht Jahren bin ich in die Akademie gegangen, um die Früchte des Wissens von Platons Lippen zu pflücken. Ich pflücke immer noch ein bißchen, hin und wieder, werde mich aber wohl selber aufs Säen verlegen; Platons Früchte werden trocken und saftlos.«
    Parmenion grinste. » Hier ist aber nicht die Akademie, mein Freund. Was treibt dich in den Norden? Und wo warst du?«
    Aristoteles hob die Schultern; seine rechte Hand tastete nach dem Bogen, dann dem Köcher. Ein

Weitere Kostenlose Bücher