Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands
beheben zu können.«
» Wir haben ihnen all das gesagt, was du uns gesagt hast. Aber sie wollen es noch einmal von dir selbst hören.«
Drakon und Phlebas wechselten einen Blick, ohne das Gesicht zu verziehen. Parmenion schnitt eine Grimasse.
» Also, das habe ich euch doch nun wieder und wieder erklärt. In der Vergangenheit habt ihr, wie eure Väter und Großväter, dreifach Abgaben entrichten müssen. Wenn man es so nennen will. An die Fürsten des Landes. An den König der Makedonen. Und an die Barbaren, wenn sie euch überfallen und geplündert haben.« Er schob den Helm zurück und strählte seinen dichten schwarzen Bart mit den Fingerspitzen. » Manchmal sogar vierfach– wenn nicht nur die Paionen oder Thraker von Norden, sondern auch noch die Illyrer von Westen bei euch haltgemacht haben.«
Die Männer am Tisch nickten; einige murmelten unverständliche Wörter in der kehligen Mundart der Grenzlande.
» Das ist nun vorbei.« Parmenion beugte sich vor und hieb mit der flachen Hand auf den Tisch. » Die Dinge haben sich geändert, und sie werden sich weiter ändern. Dieses Land untersteht keinem Fürsten mehr– es untersteht nur noch dem König. Die westlichen Grenzen sind sicher. Philipp und ich, und das neue Heer, von dem noch zu reden sein wird, haben dafür gesorgt.«
» Wer sagt uns, daß die Ruhe dauern kann?« sagte einer der Männer aus dem Nachbardorf.
» Ich sage es.« Parmenion lächelte und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. » Ich sitze hier, in aller Ruhe, wie ihr seht. Ihr und eure Söhne, ihr werdet etwas dazu beitragen, daß dieser Friede erhalten bleibt.« Er löste die Hände wieder, nestelte an seinem Gürtel, schob das kurze Schwert beiseite und legte einen Beutel auf den Tisch. Es klirrte.
» Der Klang ist fast so überzeugend wie deine Worte«, sagte der Älteste. » Sprich weiter, Feldherr des Königs.«
» Ihr habt in euren Dörfern und Tälern gelebt. Ohne Schutz vor den Barbaren, vor Krankheiten, vor Hunger. Dafür habt ihr die Abgaben entrichtet. Für– nichts.« Er zeigte die rechte Handfläche. » Im Dreck habt ihr gelebt, in Angst und Not. Philipp hat Bardylis, den König der Illyrer, an der westlichen Grenze in einer großen Schlacht besiegt– Bardylis, der uns so lange behelligt hat; die Illyrer, gegen die König Perdikkas, Philipps Bruder, im Kampf gefallen ist. Philipp und ich, wir haben das Heer neu gebildet, umgebaut, wir werden eine sehr scharfe Waffe daraus schmieden. Eine Waffe, die immer da ist, nicht nur in Notzeiten. Ein stehendes Heer, Freunde. Dafür brauchen wir euch und eure Söhne. Und Philipp hat den Frieden sicher und dauerhaft gemacht– er hat Audata zur Frau genommen, die Tochter von Bardylis. Sie teilt sein Brot und sein Bett.« Er grinste; die Dörfler kicherten. » Sie nennt sich jetzt Eurydike, wie Philipps Mutter, damit der gute alte Name wieder von einer Frau getragen werde, die nicht mit Gift und Gewalt Schrecken verbreitet.«
Er trank einen weiteren Schluck Bier und sah die Männer der Reihe nach eindringlich an. » Friede, o ihr Bergmenschen, und Ruhe für wichtigere Dinge. Der Westen ist sicher; hier, im Norden, soll es genauso werden. Ich bin mit hundert Kämpfern gekommen. Achtundvierzig lasse ich hier. Sie werden den Paß befestigen, die Grenze sichern, die Abgaben verwalten; sie werden euch schützen. Und sie werden Kämpfer aus euren Söhnen machen. Jedenfalls aus denen, die nicht gleich mit mir kommen. Wir geben euch Sicherheit, für weniger als ein Drittel dessen, was ihr bisher bezahlen mußtet. Für jeden Sohn, der mit mir nach Pella zieht, lasse ich euch vier Drachmen hier.« Er grinste und zwinkerte. » Es wird vom Sold abgezogen; keine Sorge– der König geht nicht leichtfertig mit dem Geld um. Kommt, Freunde, laßt uns ein Ende machen. Wie viele von euren Söhnen gebt ihr mir?«
» Warum fragst du nicht lieber die Söhne selbst?« Drakon sprach um den Strohhalm herum, auf dem er kaute. » Für die paar Schafe und Ziegen gibt’s hier sowieso zu viele Söhne.«
» Das bringt mich zu einem anderen Punkt.« Parmenion nickte dem Unbewaffneten zu, der eine Grimasse schnitt und die Arme vor der Brust verschränkte, als ob er sich verteidigen wollte. » Phlebas hier ist Hellene– genauer: Sikeliot, aus Syrakus, wenn euch das etwas sagt. Er mag nicht gleich wieder heimreisen; wo er herkommt, ist es für seinen Geschmack zu heiß und trocken. Phlebas kennt sich mit vielen Dingen aus. Er wird ein Jahr bei euch bleiben,
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