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Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Titel: Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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aussprechen; keinem gelang es, länger als einige Momente die Ruhe herzustellen. Redner wurden unterbrochen, niedergeschrien, manche gaben auf. Die Mehrheit, das stand fest, war hinter Demosthenes; zum Teil aus Überzeugung, zum Teil aus Reue darüber, nicht früher auf ihn gehört zu haben, zum Teil auch, möglicherweise, aus anderen, minder ehrbaren Gründen.
    Eubulos, alt und müde geworden, hatte gegen den Rat von Demades und Aischines im Vorjahr darum gebeten, von der Bürde der öffentlichen Gelder und ihrer Verwaltung befreit zu werden– zu einem ungünstigen Zeitpunkt, im frühen Sommer, als Athens Flotten noch nicht aus dem Norden heimgekehrt waren, wo sie Byzantion und Perinthos entsetzen und Philipp in die Schranken weisen sollten. In der damals herrschenden Stimmung war es Demosthenes mühelos gelungen, seinen Parteigänger Lykurgos zum Nachfolger bestimmen zu lassen. Eubulos hatte altes Ansehen in den Streit einzubringen, war aber nun seit fast einem Jahr ohne Amt. Aischines, ohne Zweifel einer der geschicktesten Redner und nahezu unübertrefflich in seiner Bedenkenlosigkeit– selbst Demosthenes schien ihn gelegentlich deshalb zu bewundern–, war nicht in der Stadt und hätte auch bei Anwesenheit allenfalls seinen Hals in Gefahr gebracht, wenn er als Redner aufgeboten worden wäre. Er hatte etwa zu der Zeit, da Lykurgos die Nachfolge des Eubulos antrat und Athen den Krieg zur See betrieb, in Delphi geweilt, wo auf Betreiben Philipps nur sieben Jahre nach dem Ende des Dritten Heiligen Kriegs der Vierte Heilige Krieg beschlossen worden war, gegen Amphissa und Ostlokris, wiederum wegen Frevels. Aischines hatte zugestimmt; ferner hatte er bei der nächsten Beratung, im Herbst, dafür gesorgt– wenn auch nicht allein–, daß die im Rat zu Delphi versammelten Heiligen Gesandten der angeschlossenen Städte und Staaten die Amphiktyonie aufforderten, Philipp zum obersten Feldherrn in diesem Heiligen Krieg zu machen.
    » Und wenn schon«, sagte Eubulos laut; einen Moment herrschte gespannte Stille. » Was ist geschehen? Noch ist nichts geschehen, was nicht rückgängig zu machen wäre oder in allgemeinem Nutzen enden könnte. Amphissa und die östlichen Lokrer haben gefrevelt; die delphische Amphiktyonie hat Philipp zum Feldherrn gemacht. Es steht Delphi frei, einen Feldherrn zu bestimmen– hättet ihr geschrien, wenn sie einen Athener gewählt hätten, sagen wir Chares?«
    Hypereides sprang auf, hurtiger, als man es dem von Wohlleben geblähten Leib des Makedonenfeindes zugetraut hätte. » Chares?« rief er. » Chares, o edler Eubulos, ist ein guter Seemann, seit Jahren Stratege zur See, Nauarch Athens. Delphi hat keine Flotte!«
    Eubulos wartete, bis das Gelächter endete. » Ich danke für die Belehrung, teurer Hypereides; wie konnte ich dies nur vergessen, da ich doch selbst jahrelang eure Schätze an Chares und seine Niederlagen verschwenden mußte?«
    Hier und da wurde Empörung laut; Hypereides wechselte einen Blick mit Demosthenes, der zögerte und dann Lykurgos zunickte. Lykurgos stand auf und hob die Hand.
    » Als dein unwürdiger Nachfolger in diesem Amt, edler Eubulos, teile ich einige deiner Einschätzungen. Es mag aber sein, daß die Unternehmungen des ruhmreichen und verdienstvollen Chares deshalb gescheitert sind, einige jedenfalls, weil ihm nicht genug Mittel zur Verfügung standen. Weil, ah, jemand die Gelder der Stadt nicht in ausreichendem Umfang für den Ausbau der Flotte verwenden wollte.«
    Eubulos biß die Zähne zusammen; seine Wangenmuskeln arbeiteten. » Ich habe dafür gesorgt, daß die Flotte verdreifacht wurde. Wer mir vorwirft, zum Schaden Athens gespart zu haben, der ist ein Lügner!«
    Demosthenes lächelte und deutete auf Lykurgos. Demades seufzte. Leise sagte er einem seiner Mitarbeiter: » Jetzt kippt es. Darauf hätte Eubulos sich nicht einlassen dürfen.«
    Lykurgos breitete die Arme aus; ein mildes, gleichzeitig überlegenes und zerknirschtes Lächeln um die Lippen. » Fern sei es von mir, solches behaupten zu wollen, Eubulos; wir alle wissen, was wir dir verdanken. Es gab aber andere, wie du weißt – denken wir nur an Philokrates, der vor sieben Jahren jenen schändlichen Frieden mit Philipp durchgesetzt hat; der Philipps Eroberungen bestätigte; der die Rüstung Athens gehemmt und vermindert hat; den unser Freund Hypereides, ein Wohltäter der Vaterstadt, zu Recht anklagte; dessen Verurteilung zum Tode Hypereides erwirkte. Jener große Hypereides, der im vorigen

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