Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands
Belagerer, die Geographen, die Wegvermesser, die Baumeister, die Heiler. Und wie sein Vater tat er nichts ohne dreifachen Nutzen. Der Feldzug, den er im Frühjahr begann, hatte vielerlei Hintergründe; über den Verlauf wirst du gleich selbst lesen können.
Die Hintergründe waren etwas anderes. Bevor er nach Asien gehen konnte, mußten die Grenzen sicher sein. Er mußte wissen, ob er sich auf die Gebietsfürsten, die Verbündeten, die Beamten in Pella verlassen konnte. Ob Antipatros nicht doch schon zu alt war, um Pella zu leiten und Olympias zu zähmen. Was die Hellenen tun würden, wenn er weit fort war. Und wie das Heer, Philipps Heer, mit den neuen Hypaspisten, mit den Kerntruppen, mit den thessalischen Reitern und den verbündeten Agrianen unter seiner Führung kämpfen konnte. Er mußte wissen, ob die Offiziere Philipps verläßlich waren, und ob er sich bei seinen jungen Gefährten nicht nur auf die Treue, sondern auch auf ihre Fähigkeiten stützen konnte. All dies.
Und all dies beschrieb Ptolemaios, Sohn des Lagos, und er gab mir, ehe sie nach Asien aufbrachen, eine Abschrift. Später bat er mich, etwas einzufügen; ich habe es versäumt, du kannst es nachholen.«
» Was ist es?«
» Als sie am Istros standen, den die Kelten weiter am Oberlauf Danoubis nennen, und die Insel im Strom war voller Feinde, ebenso das andere Ufer, da empfand, schrieb Ptolemaios mir, Alexander jene ungeheure Sehnsucht, die ihn später immer weiter trieb, oder zog. Sehnsucht nach dem anderen Ufer, nach der anderen Seite der Berge, nach der verborgenen Seite der Dinge, nach der Unterseite des Schattens und der Rückseite des Windes. Er habe damals nicht gewußt, wie gewaltig dies Sehnen war und sein würde, schrieb Ptolemaios; deshalb habe er es nicht erwähnt.«
» Das Sehnen Alexanders…« murmelte Peukestas.
Aristoteles hustete; er ließ sich wieder sinken, lag auf dem Rücken. » Das Sehnen Alexanders, ja. Aber darüber werden wir zu reden haben– später. Lies. Es ist die besonders dicke Rolle, zu deinen Füßen, im Korb. Die mit dem roten Band.«
Bei Frühjahrsbeginn zog Alexander nach Thrakien zu Triballern und Illyrern, weil er von Abfallbestrebungen erfahren hatte und es ihm nicht geraten schien, sich weit von der Heimat zu entfernen, ohne diese Völker der Grenze befriedet zurückzulassen. Er brach von Amphipolis auf und drang in das Gebiet der sogenannten Freien Thraker ein, wobei er Philippoi und das Orbelosgebirge links liegenließ. Dann überschritt er den Nestos und kam nach neun Tagen an den Haimos. Dort stellten sich ihm am Aufstieg zur Paßenge eine Masse von Einheimischen in Waffen sowie die Freien Thraker entgegen. Sie hatten Karren zusammengefahren, Schutzwehr zur Verteidigung, falls man den gewaltsamen Durchbruch versuchte. Zugleich wollten sie diese Karren auf die makedonische Phalanx hinabrasen lassen; je dichter diese Säule war, desto gründlicher würden die herabrollenden Fahrzeuge sie zersprengen.
Alexander überlegte, wie man sicher das Gebirge überqueren könne. Als er zu der Ansicht gekommen war, einen anderen Weg gebe es nicht, befahl er den Schwerbewaffneten, sie sollten, wenn die Wagen herabkämen, auseinandertreten. So könnten die Wagen durch sie hindurchfahren. Die aber, die im Gelände feststeckten, sollten sich zu Boden werfen und unter den aneinander gelegten Schilden zusammenrollen, damit die Karren über sie hinwegbrausten. Und wie Alexander vermutet hatte, verlief alles weitere: Die einen schufen Lücken, bei den anderen rollten die Karren über die Schilde hinweg und richteten wenig Schaden an. Verluste gab es nicht.
Dann stürmten die Makedonen mit Gebrüll auf die Thraker los. Alexander ließ die Bogenschützen vom rechten Flügel vor die anderen Teile der Phalanx rücken, weil sie sich dort leichter bewegen und die Thraker beschießen konnten, wo sie sich näherten. Er selbst nahm Leibtruppen, Hypaspisten und Agrianen und bezog seinen Platz auf dem linken Flügel. Mit Pfeilschüssen trieb man die Thraker zurück; dann bezwang die Phalanx im Nahkampf die nicht gepanzerten, schlecht ausgerüsteten Gegner, so daß diese, als Alexander vom linken Flügel aus angriff, die Waffen wegwarfen und bergab flohen. Etwa tausendfünfhundert von ihnen kamen um, gefangen wurden wegen ihrer Behendigkeit und Geländekenntnis nur wenige. In makedonische Hand jedoch fielen alle Frauen, die sie begleiteten, sowie die Kinder und die ganze Habe.
Alexander ließ die Beute zum Verkauf in die
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