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Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Titel: Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Aufklärung oder Fehleinschätzung der persischen Führung deutet, scheint mir unhaltbar; die Abwehr derartiger Invasionen fiel zunächst in die Zuständigkeit der betroffenen Satrapien, eine Mobilisierung der gesamten Heeresmacht nahm mehr Zeit in Anspruch und konnte erst erfolgen, wenn die Satrapien überfordert waren, und schließlich konnten auch frühere griechische Invasoren (z. B. Agesilaos 396 f., vgl. Chronologie) zunächst unbehelligt landen.
    Es liegt, wie gesagt, in der Natur der geheimdienstlichen Dinge, daß genaue Namen, Daten etc. hierzu von den antiken Historiographien nicht verzeichnet sind. Bagoas » der Heile« ist fiktiv bzw. aus mehreren realen Persern der Alexandertexte (vor allem Arrian) zusammengesetzt. Der Korinther Demaratos war Händler und Gastfreund Philipps, schenkte Alexander den Hengst Bukephalos und brachte die Versöhnung zwischen Philipp und Alexander zustande; seine Rolle in der Geschichte (er begleitete Alexander bis an die Grenzen Indiens, wo er starb) geht über jene Dinge hinaus, die man einem bloßen Händler und Gastfreund abnehmen würde. Alles andere ist unbeweisbare, aber möglicherweise plausible Spielerei. Der Karthager Hamilkar erscheint in Alexanders letzten Tagen als Gesandter in Babylon; daß in einem Moment, in dem nur noch zwei Großmächte übrig sind, die westliche Großmacht Karthago– nächstes Angriffsziel Alexanders– einen bloßen Händler nach Babylon schicken soll, scheint mir eine viel fantastischere Annahme zu sein als die, daß es sich bei ihm um den Chef der karthagischen Geheimdienste gehandelt haben könnte.
    Musik & Mysterien
    Über diese beiden wichtigen Bereiche des antiken Lebens ist kaum etwas bekannt. Genaues über die Mysterien wußten offenbar nur die Initiierten, die einer Schweigepflicht unterlagen und schwiegen; der » innere Monolog« der Olympias im 4. Kapitel ist der zweifellos unzulässige Versuch, mit Hilfe antiker Sakraltexte aus Griechenland, Ägypten, Mesopotamien und Indien unter Hinzuziehung von C. G. Jung und Erich Neumann eine Unschärfe-Relation des Mysterienkomplexes zu erstellen.
    Die Versuche neuerer Musikwissenschaftler, aus den theoretischen Schriften von Pythagoras und Boethius (und den Äußerungen z. B. von Platon und Aristoteles über die Bedeutung der Musik) eine Art Rekonstruktion zu bewerkstelligen, lesen sich wie das hypothetische Unterfangen, aus einem Essay von Descartes und einem von Adorno die gesamte Musik zwischen Bach und Bartok zu destillieren. Überdies stellen die Theoretiker oft die für praktische Belange falschen Fragen. Es ist sicher, daß die Musik (und ihre Bedeutung im Leben) in Griechenland ebenso entwickelt war wie Dichtung, Architektur, Malerei und Plastik; daß es enge Beziehungen zwischen Dichtung und Musik, zwischen Musik, Tanz und Kultus gab. Wir haben jedoch keinerlei Tondokumente, und die wenigen mit Buchstaben verschlüsselten Hinweise auf Melodien reichen nicht aus, wirklich Substantielles zu sagen. Andererseits sind die Dinge längst nicht so kompliziert, wie die Musikwissenschaft sie macht. Wir wissen, daß die Griechen auf Musik ähnlich reagiert haben wie wir – sie konnte Heiterkeit auslösen, Gelassenheit, Schwermut, Ekstase; wir wissen nur nicht, welche Sorte Musik welche Empfindungen auslöste. Was Aristoteles entzückte, wäre für uns möglicherweise Katzenmusik; ihm dagegen könnte ein a-Moll-Akkord äußerst dissonant klingen. Was an der grundsätzlichen Ähnlichkeit des Reagierens auf Musik nichts ändert.
    Spätestens im 5. Jahrhundert v. Chr. gab es in Griechenland und anderen Mittelmeerländern professionelle Musiker, Virtuosen. Aus der bildlichen Darstellung antiker Instrumente wie Lyra oder Kithara lassen sich keinerlei Schlüsse auf ihre Stimmbarkeit ziehen; allerdings wäre die Annahme absurd, professionelle virtuose Musik auf Saiteninstrumenten hätte sich darauf beschränkt, unscharf gestimmte Saiten anzureißen, ohne sie durch Greifen zu modifizieren. Das ist nur bei den vielsaitigen Harfen denkbar. Wer einmal versucht hat, eine frei schwingende Saite in der Tonhöhe durch Greifen zu verändern, weiß, daß dabei nur dumpfes Knurren und Schnarren zustande kommt. Die simple Existenz virtuoser Kitharisten zwingt zur Annahme entwickelter Spieltechniken; da die antiken Saiteninstrumente sämtlich nicht über ein Griffbrett verfügten, muß es andere Möglichkeiten des Greifens gegeben haben – z. B. mit Hilfe einer Art von Fingerhüten. Ferner muß zur

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