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Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Titel: Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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und jenes«, sagte er auf Persisch; Dymas hatte inzwischen auch diese Sprache gemeistert, die sie oft verwendeten, wenn sie spöttische Bemerkungen auszutauschen wünschten.
    » Wieso, was schuldest du mir, Meister?«
    » Die Zierkistchen und Truhen, Dymas– ich habe sie ja nicht allein gebaut.« Er hob die Hand, um Dymas’ Einwände abzuschneiden. » Ich weiß, du bist Sklave, dir steht nichts zu, aber trotzdem. Vielleicht kommst du einmal frei. Ein Brandzeichen trägst du ja noch immer nicht. Man hat etwas anderes mit dir vor, nehme ich an.«
    » Was denn? Weißt du etwas?« Dymas starrte den gebeugten Mann aufgeregt an.
    » Ich weiß nichts. Ich denke nur manchmal. Die anderen Sklaven tragen Adherbals Pferdekopf eingebrannt, du nicht. Vielleicht warten sie, bis du ganz ausgewachsen bist; vielleicht haben sie andere Pläne. Aber darum geht es nicht. Sieh mal.«
    Er hielt ihm den langen Kasten hin. Staunend nahm Dymas die Gegenstände heraus, die der Schmied angefertigt hatte. Er begriff sofort, wozu sie dienen sollten.
    Die Lyra, die er aus dem weitgereisten Holz einer Rotbuche gebaut hatte, sah etwa so aus wie ein aufrechtes Ei, dessen oberes Viertel abgeschnitten war. An den Kopfenden der beiden Seiten hatte Dymas mit Leim und Holzstiften fein geschnitzte Schlangenhäupter befestigt; sie blickten nach außen, voneinander fort. Unter ihren Hälsen, in sauber gebohrten Löchern, steckte der hölzerne Steg, an der linken Außenseite mit einem dickeren Holzpfropfen versehen, um ein Durchrutschen durch das Loch zu verhindern. An der rechten Außenseite saß ein aus Hartholz geschnitztes, auf den Steg geleimtes Zahnrad, das in ein entsprechend größeres auf der Lyra paßte. Wenn er den Pfropfen am anderen Ende entfernte, konnte Dymas die ineinandergreifenden Zahnräder lösen, den Steg drehen und neu befestigen; dies diente zur gleichzeitigen Grobstimmung aller vier Saiten. Die Feinstimmung erfolgte, indem er am Steg angebrachte Bällchen aus Wolle, Schwarte und Harz drehte, um die das obere Ende der jeweiligen Saite gewickelt war– eine klebrige Arbeit, die nie lange hielt, da entweder die Saite nachgab oder irgendwann das am Steg klebende Bällchen. Die Unterenden der Saiten wurden um den dicksten Teil des Holzbogens geschlungen und verknotet.
    Nun hielt Dymas eiserne Kunstwerke in der Hand: eine rechteckige, dünne Platte mit vier Löchern nahe der Oberkante und einem Dutzend feinen Nagellöchern unten, einen Eisensteg mit vier Kerben zur Befestigung der Saiten, und hinter den Kerben saßen auf dicken Stiften Metallrollen mit zwei ineinandergreifenden Zahnrädern an der vom Steg abgewandten Seite. Die äußeren Zahnräder wiesen jeweils eine viereckige Vertiefung auf. Die Rollen oder Walzen zeigten außerdem seitlich kleine Löcher.
    » Schau her.« Der Perser holte einen Hammer und dünne Nägel. Vorsichtig, um nicht das Holz zu beschädigen, nagelte er das eiserne Rechteck auf den unteren Teil des Bogens. Er nahm die dickste Saite, steckte sie durch das rechte der vier Löcher, zog sie fast ganz hindurch und schlug ins Ende des Darms einen Doppelknoten.
    » So, nun kann sie nicht mehr durchrutschen.«
    Dann entfernte er den Holzsteg, setzte den eisernen ein, befestigte ihn vorläufig mit kleinen Keilen, nahm die Saite, legte sie in die Kerbe, fädelte das obere Ende durch das seitliche Loch der Walze und machte auch hier einen doppelten Knoten. Dann hielt er einen vierkantigen Metallstift hoch, einen Schlüssel, steckte ihn in die Vertiefung des äußeren Zahnrads und drehte, bis die Saite straff war.
    Seine Musik war besser und klang schärfer als je zuvor; sein Körper war ausgewachsen, seine Arbeitsleistung übertraf die vieler Älterer. An den Sklavenfeuern behandelte man ihn längst wie einen Mann, wozu die Ägypterin möglicherweise mehr beitrug als die Musik. Aber er spürte Grenzen und unsichtbare Ketten; oft saß er zu Beginn der Nacht irgendwo allein mit einem der Instrumente und brachte Töne hervor, die seiner düsteren Schwermut entsprachen, für die er keine Worte gefunden hätte. Andere fanden sie um so deutlicher.
    » Wir können nicht, uns würde man sofort wieder einfangen und auspeitschen, oder schinden.« Die Ägypterin, die nackt neben ihm lag, deutete auf den Pferdekopf, der in ihre Schulter gebrannt war. Das Licht der Sterne und des Mondes und das der flackernden Feuer in der Ferne reichte aus, die Umrisse zu sehen. » Die Megara ist von der großen Seemauer umgeben, kein Durchgang

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