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Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Titel: Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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denn er tat es abends, nach der Arbeit–, daß sie es andererseits billigten: denn es erhöhte seinen Wiederverkaufswert.
    Als er elf Jahre alt war, kam der Besitzer, der große Kaufherr Adherbal, zum erstenmal auf das Gut nahe der Ostküste. Er sprach mit dem Verwalter und einigen Aufsehern, besichtigte die Werkstätten und die Unterkünfte, nahm gewissermaßen sein Gut in Besitz. Dymas beobachtete ihn verstohlen und beinahe enttäuscht. Der allmächtige Herr über das Gut, die Sklaven und die zahlreichen Leben war nur ein Mensch– ein Mann mit scharfgeschnittenen Zügen, einem fein ausrasierten, schwarzen Bart, weiten weißen Gewändern aus teurem Tuch, goldenen Ohrringen und gepflegten Händen. Er sprach wenig, stellte einige Fragen, sah alles und lauschte.
    Drei Tage blieb Adherbal auf dem Gut; am Abend vor seiner Abreise ließ er Dymas ins Haupthaus kommen, das der Junge noch nie betreten hatte. Staunend und besorgt stolperte er über die weißen Platten des Bodens, sah die Bogengänge und die grünen Innenhöfe mit den Wasserspielen, warf sich schließlich in einem großen hellen Raum, der mit weichen Teppichen ausgelegt war und dessen Wände von Tuchbildern und Buchrollen in Gestellen starrten, auf die Knie und wartete auf das furchtbare Verhängnis.
    Jemand reichte ihm ein kleines, auf den Knien zu haltendes Schreibpult mit festgeklemmter Papyrosrolle, Ried und Tintenbehälter. Auf ein Zeichen des Verwalters hin setzte Dymas sich auf den Boden.
    Adherbal saß in einem Scherensessel; die Armlehnen waren aus geschnitztem Elfenbein, der Sitz mit einem Löwenfell belegt. Das Gesicht des Kaufherrn schien gleichmütig, fast gleichgültig.
    » Schreib«, sagte der Verwalter. » Zuerst in der Sprache von Qart Hadasht, dann auf Hellenisch, dann mit ägyptischen Bildzeichen. Schreib dies, und ergänze die Rechnung: Der Kaufherr Adherbal hat in seiner Güte und Weisheit beschlossen, den Wert des Sklaven Dymas, den er für eineinhalb Minen erwarb– das sind wieviel shiqlu, wieviel Drachmen?–, so zu steigern, daß er bei einem Verkauf das Dreieinhalbfache seines Preises erbringt. Wieviel ist das?«
    Dymas schrieb in Phönikisch, was der Verwalter gesagt hatte; er gab den Wert eineinhalb Minen mit 150 Drachmen oder 90 shiqlu an, das Dreieinhalbfache mit fünfeinviertel Minen oder 525 Drachmen oder 315 shiqlu. Er schrieb das gleiche mit hellenischen Zeichen auf Hellenisch, dann mit den vereinfachten Volks-Zeichen der Ägypter nieder, legte das Schreibried in die dafür vorgesehene Rille und reichte dem Verwalter den Papyros.
    Adherbal streckte die Hand danach aus, las und schaute Dymas an. » Gut. Lyra und Aulos wirst du mir in Qart Hadasht vorspielen. Die Erzeugnisse deiner Holzwerker-Hände sind befriedigend. Ich will sehen, ob du zu Besserem taugst. Morgen früh reisen wir.«
    Dymas schlief kaum in dieser Nacht; morgens nahm er bitteren Abschied von einigen: dem alten Ägypter, dem alten Sikelioten, einer Hellenin, die ihn gepflegt hatte, wenn er krank war, zwei oder drei etwa Gleichaltrigen, mit denen er gespielt und gerungen und gelacht hatte, einer zwölfjährigen Libyerin, die ihn auf den Mund küßte. Der Sikeliot fuhr sich mit der Hand über die Augen, drückte ihm den Doppelaulos aus Zedernholz in die Hand, wandte sich um und ging zu seiner Arbeit.
    Die Reise führte zunächst zu einem weiteren Gut Adherbals, südlich von Tynes, am Ufer des nach dieser Stadt benannten Sees. Von dort ging es schließlich zur Hauptstadt. Der Reisezug bestand aus etwa dreißig Personen: Adherbal, seine Mitarbeiter, Diener, Sklaven, Treiber. Sie ritten am Nordufer des Tynes-Sees entlang, zwischen Feldern und durch Vorstädte, bis sie die große Landmauer von Qart Hadasht erreichten: den einzigartigen Schutzwall, der vom Ufer des Sees zu den Buchten im Norden reichte und über fünftausend Schritt lang war, fast sechzig Stadien. Ein zweiundzwanzig Schritt breiter, fünf Mannshöhen tiefer Graben mit Sicheln und Dornen; eine mit Stacheln bewehrte Schräge vor der ersten Mauer, zwei Männer hoch und sieben Schritt breit; ein weiterer Graben mit einem Wald aufrechter Speere darin, eine weitere bewehrte Schräge und die zweite Mauer, fünf Männer hoch und sieben Schritt breit, mit Brustwehr und Scharten für Bogenschützen und Schleuderer; ein weiterer Graben und dann der Große Wall: acht Männer hoch, fünfzehn Schritt breit, mit nach außen und nach unten gerichteten Eisenstacheln an der Kante der Brustwehr, mit viergeschossigen

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