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Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Titel: Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Hiram, in den Werkstätten. Er sah sich um, sprach mit einigen Handwerkern, stellte Fragen, lauschte aufmerksam. Seine Augen, fand Dymas, waren nicht eisig, sondern schneidend.
    Nach über einer Stunde kam Demaratos zu ihm und sah zu, wie er aus dem harten Holz des Ölbaums eine Figur schnitzte, eine Karchedonierin mit steilen Brüsten, die neben anderen ähnlichen Gestalten ein kleines Schreibpult zieren sollte. Als niemand sonst in der Nähe war, begann der Korinther schnell und leise zu sprechen, auf Hellenisch.
    » Ich habe gehört, du bist gut mit den Händen, mit dem Kopf, spielst Lyra und Aulos, beherrschst mehrere Sprachen. Und hast kein Brandzeichen. Willst du frei sein?«
    Dymas’ Schnitzmesser rutschte ab; um ein Haar hätte er sich geschnitten. Er starrte den Korinther sprachlos an.
    » Sag etwas. In mehreren Sprachen.«
    Langsam und leise sagte Dymas, wobei er ins Phönikische, dann ins Persische, dann ins Ägyptische wechselte: » Edler Handelsherr Demaratos aus Korinth, wer würde nicht frei sein wollen? Ich frage mich nur, ob Freiheit das richtige Wort ist. Ich nehme an, du wirst mich dem Karchedonier abkaufen, so daß ich einer Sklaverei ledig werde um den Preis der nächsten.«
    Demaratos steckte seine Hand in die weite Tasche seines Umhangs, zog sie heraus und zeigte Dymas die Handfläche, auf der ein Stein, ein Nagel, eine Münze, zwei Weizenkörner, ein Lorbeerblatt, ein Splitter Zedernholz, ein Lederriemchen, wie man es guten Pferden in Schweif oder Mähne bindet, ein Olivenkern, ein Würfel, ein Ring, ein Fetzen Papyros mit einem Schriftzeichen und eine Tonscherbe lagen. Nach wenigen Augenblicken schloß er die Hand und steckte sie in die Tasche.
    » Was hast du gesehen?«
    Dymas schloß die Augen; er sah die Hand vor sich und zählte die Gegenstände auf. Als er die Augen öffnete, sah er die Spur eines Lächelns um den Mund des Korinthers.
    » Nicht schlecht. Später, wenn du es geübt hast, wirst du mir sagen können, welcher Stein es war, welche Münze, welche Länge, Dicke und Farbe das Riemchen hatte, welche Augenzahl der Würfel gerade zeigte, welches Zeichen auf dem Papyros stand. Aber– nicht schlecht. Willst du mitkommen? Reisen, das Meer und andere Länder sehen, frei sein abgesehen von kleineren Aufträgen, mit ausreichend Zeit für Musik?«
    Dymas nickte wortlos; sein Herz klopfte im Hals.
    Demaratos wandte sich ab. » Gut. Erinnere dich, daß du einen Onkel namens Lysandros hattest, früher, in– wo war es? Herakleia? Der Onkel ist aus Syrakus. Klar?«
    Dymas bemühte sich, nicht allzu schlecht zu schnitzen; Demaratos wanderte weiter, sprach ein paar Worte mit Hiram und ging zurück zum Palast.
    Einige Zeit später wurde Dymas geholt. Man brachte ihn auf die Terrasse, zu Adherbal und Demaratos. Der Karchedonier musterte ihn mit seinen eisigen Augen; diesmal schien jedoch Witz in den Augenwinkeln zu lauern.
    » Stimmt das, du hast einen Onkel namens wie?«
    » Lysandros, Herr; aus Syrakus.« Dymas kniete vor Adherbal und wagte kaum aufzublicken.
    » Steh auf. Wenn es so ist, dann bist du ein lange verlorener Verwandter meines Handelsfreundes Demaratos aus Korinth. Demaratos hat die Tochter deines Onkels zur Frau genommen, oder so ähnlich. Steh auf, sag ich.«
    Langsam erhob sich Dymas, hielt aber den Kopf gesenkt.
    » Ein Verlust«, murmelte der Karchedonier » Wir haben zwei Minen für ihn gezahlt, und seine Ausbildung…«
    » …wurde vermutlich von anderen Sklaven bestritten und hat dich nichts gekostet, mein Freund.« Der Korinther kicherte. » Was willst du für ihn haben? Zwei Minen? Zuviel, wenn du mich fragst, er hat dir inzwischen durch seine Arbeit das Zwanzigfache eingetragen.«
    Adherbal hob die Hände. » Du übertreibst– und du vergißt, daß er gegessen und getrunken hat, gekleidet wurde, gepflegt, wenn er krank war. Nein, zwei Minen? Lächerlich. Sagen wir zehn.«
    Sie feilschten eine Weile; Dymas stand reglos daneben, mit gesenktem Kopf und heißen Wangen. Schließlich einigten sie sich auf viereinhalb Minen– eine irrsinnig hohe Summe, selbst für einen überaus vielseitigen und gebildeten Sklaven.
    » Morgen früh«, sagte Demaratos. » Sieh zu, daß alles fertig ist, was du mitnehmen willst. Ich nehme an, Neffe des Vaters meiner Frau, daß du dich von Freunden verabschieden willst? Oder magst du diese Nacht schon außerhalb der Sklavenunterkünfte verbringen, wie es einem freien Hellenen zusteht?«
    Dymas schüttelte stumm den Kopf; Adherbal stand auf

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