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Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Titel: Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Ägypter auf dem anderen Gut ihm nicht hatte beibringen (oder was Dymas aufgrund seiner Jugend noch nicht hatte behalten oder begreifen) können, brachte der Perser ihm bei: die Eigenschaften lebender und toter Hölzer; die Jahreszeiten, zu denen bestimmte Baumarten am besten gefällt werden; welche Bäume stehend, welche liegend zu entrinden sind; welches Alter des lebenden und welche Ablagerungszeit des toten Holzes für welche Verarbeitung förderlich ist.
    Zunächst wurden in der Werkstatt, in der unter Leitung des Persers je nach Bedarf zwischen fünf und fünfzehn Sklaven arbeiteten, Gegenstände des täglichen Bedarfs angefertigt oder ausgebessert– Betten, Stühle, einfache Truhen, die Holzteile der Feldwerkzeuge, Karren und derlei; hierzu war oft Abstimmung mit den Schmieden nötig, die auch Adherbals Waffen herstellten. Wenn nichts Dringendes zu tun war, wandten der Perser und Dymas sich Zierkisten, beschnitzten Truhen und anderen Lustarbeiten zu, die später von Adherbals Verkäufern übernommen wurden. Dymas fragte nie, welchen Anteil am Gewinn der Perser einstreichen mochte– dem Sklaven stand nichts zu.
    Er schlief, wie alle anderen seines Standes, in einem von drei langen niedrigen Holzgebäuden, zuerst auf einer Strohmatte, später auf einem selbstgefertigten Bettgestell, mit Leder bespannt; das Leder hatte er von einem der Gerber erhalten, im Austausch gegen eine kleine Truhe, deren Oberfläche Dymas nach Entwürfen des Gerbers mit nackten Frauen und Männern in verwickelten Tätigkeiten beschnitzt hatte. Hierüber erfuhr er bald mehr, als er von der Beobachtung der Tiere und Menschen her wußte. In den heißen Nächten der Megara schlief er oft, in eine Decke gewickelt, unter einer uralten Zypresse etwas entfernt von den Sklavenunterkünften. Manchmal erwachte er nachts von Geräuschen in den nahen Büschen; eines Abends bemerkte eine Ägypterin, die ein wenig älter war als er, seine dunklen Haare an Wangen, Kinn und Oberlippe. Sie erkundigte sich, ob er auch ansonsten frühreif sei, und erkundete auf überraschende Weisen seine Körperbehaarung und jene Teile, wo das schwarze Leibeshaar am dichtesten wuchs.
    Wenn die Arbeit getan war, am Abend, hockten die Sklaven und die Arbeiter zusammen, tranken Wasser und dünnes Bier, sangen und erzählten. Dymas lauschte zunächst nur; besonders tief berührten ihn die unheimlichen oder gräßlichen Geschichten über alte, ferne Götter und Helden. Später begriff er mehr von den anderen, ein- oder zweideutigen Liedern und Geschichten, die ihn anfangs kaltgelassen hatten. Einige Frauen und Männer beherrschten auch Instrumente. Ein Ägypter, der in der Werkstatt aushalf, hatte eine billige, mißtönende Harfe gebaut; jemand besaß eine Barbiton genannte weiterentwickelte Lyra aus rissigem Fichtenholz; es gab Rasseln, Handtrommeln und allerlei Schilfflöten. Am ersten Abend mit Musik hörte Dymas nur zu, obwohl ihm die Finger zuckten; er wußte, daß er mit dem Doppelaulos allein bessere Klänge hervorbringen konnte als all die anderen hier mit ihrem unterschiedlichen Lärm. Bei der nächsten Gelegenheit schnitzte er sich neue Rohrblättchen aus dem Schilf, das an einem kleinen Tümpel auf dem Gut wuchs, steckte sie in die Doppelflöte aus Zedernholz und beteiligte sich an der Abendrunde. Nach und nach hörten die anderen auf zu spielen, starrten ihn an, bewegten sich zu den Klängen und begannen zu tanzen.
    Der Gerber half ihm bei der Anfertigung einer ledernen Gesichtsbinde mit verstellbarer Schnalle hinten und zwei Löchern vorn, vor dem Mund; die Doppelflöte war besser zu spielen, wenn Dymas sich dem Hervorbringen der Töne ganz widmen konnte und die schnell zu Verkrampfungen führende Arbeit der Wangenmuskeln und Kiefer, das Halten der Mundstücke, durch die Binde erleichterte. Der Perser beobachtete ihn eine Weile beim Versuch, eine Lyra zu bauen; dann gab er ihm feineres Holz. Er verstand nichts von Musik, oder nicht mehr als jeder andere, betrachtete den Bau des Instruments mit den nüchternen Augen des um mechanische Vollkommenheit bemühten Handwerkers und schlug bald ein paar Verbesserungen vor. Nach längeren Beratungen mit einem der Schmiede bat er diesen um gewisse Arbeiten und hüllte sich in Schweigen.
    An einem Abend, als Dymas in der Werkstatt die Festigkeit der Darmsaiten prüfte und sich daranmachte, die Lyra zu bespannen, kam der Perser zu ihm. Er trug einen länglichen Kasten, in dem es metallisch rappelte.
    » Ich schulde dir dieses

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