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Alexander Gerlach - 05 - Echo einer Nacht

Titel: Alexander Gerlach - 05 - Echo einer Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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Zeit.« Nur zögernd gab sie die Tür frei. »Der Maler wollte eigentlich schon vor einer Dreiviertelstunde hier sein.«
    Sie führte mich durch einen winzigen Flur in ein kleines Wohnzimmer mit – für einen Altbaufan wie mich – bedrückend niedriger Decke, das mit Möbeln und anderem Hausrat restlos überfüllt war. Offensichtlich war zu den bereits vorhandenen Dingen auch noch der komplette Inhalt eines Kinderzimmers gequetscht worden. Unschwer zu erraten, welches Zimmer heute gestrichen werden sollte. Es gelang mir, mich zwischen Flohmarktstehlampe und Ikeaschrankwand hindurchzuschlängeln und auf einen Sessel zu zwängen, wobei meine Knie gegen die Kante einer großen, feuerwehrrot bemalten Spielzeugkiste stießen.
    Frau Sereno schuf für sich selbst Platz auf einem Sofa und sprang im nächsten Moment wieder auf, als hätte sie sich verbrannt. Augenblicke später kam sie mit einem großen Glas Wasser zurück. Mir bot sie nichts an. Sie zwang sich, mir unbefangen ins Gesicht zu sehen.
    »Was ist mit Iva?«
    »Ich würde gerne mit ihr sprechen.«
    »Und warum tun Sie es nicht?«
    »Weil mir bisher niemand sagen konnte, wo ich sie finde.«
    Wieder sprang sie auf, verschwand im Flur. Dieses Mal hielt sie einen kleinen karierten Notizblock in der Hand, als sie zurückkam. Sie setzte sich und begann mit geübten Bewegungen, eine Skizze zu zeichnen. Eine Reihe von Quadraten erkannte ich, zwei parallele, leicht gekrümmte Linien.
    »Da«, sagte sie schließlich, machte in einem der Quadrate ein Kreuz und riss das Blatt vom Block. »Südlich von Kirchheim. Das Kleingartengelände.«
    »Dort wohnt sie?«
    »Jedenfalls wohnt da ihr Mann, Ratko. Der wird Ihnen schon sagen können, wo Iva steckt.«
    »Sie selbst wissen es nicht?«
    »Hab sie ewig nicht mehr gesehen.«
    Es gibt gute Lügner und schlechte und hundsmiserable. Meine Gastgeberin wider Willen zählte zur dritten Gruppe.
    »Frau Sereno, Sie können ruhig offen zu mir sein. Gegen Ihre Freundin liegt nichts vor. Ich möchte wirklich nur mit ihr reden.«
    »Aber worüber denn?« Ein blitzschneller Blick zur Uhr.
    »Das geht nur Iva und mich etwas an.«
    »Ich kann Ihnen aber beim besten Willen nicht sagen, wo sie steckt. Fragen Sie einfach Ratko.«
    Ich beugte mich vor und versuchte, ihren Blick einzufangen. Es gelang mir nicht.
    »Können Sie nicht, oder wollen Sie nicht, oder dürfen Sie nicht?«
    »Ich … Ich kann nicht.«
    Die Türklingel schrillte dreimal kurz nacheinander.
    »Der Maler«, seufzte sie erleichtert und federte hoch. »Na endlich!«
    Immerhin Ivas Nachnamen verriet sie mir noch: Draskovic.
    Nach Kirchheim war es nicht allzu weit. Der Zettel mit der Skizze lag auf dem Beifahrersitz. Während der Fahrt suchte ich im Telefonbuch meines Handys Sönnchens Privatnummer. Zum Glück war sie zu Hause und kein bisschen empört, weil ich sie am Samstag mit dienstlichen Dingen belästigte.
    »Bei dem Mistwetter mag man ja sowieso nicht aus dem Haus«, meinte sie gut gelaunt. »Wie heißt die Frau noch mal?«
    »Sereno.« Ich diktierte ihr die Adresse.
     
    »Da ist keiner«, keuchte ein atemloser Jogger und blieb neben mir stehen. »Zu wem wollen Sie denn?«
    Ich schätzte den drahtigen Mann im schrillbunten Trainingsanzug auf Mitte dreißig. Er musterte mich neugierig. Sein Atem ging stoßweise und bildete kleine Wölkchen vor seinem auffallend breiten Mund.
    »Zu einem gewissen Herrn Draskovic. Ratko Draskovic.«
    »Da werden Sie kein Glück haben. In der Hütte da wohnt seit Ewigkeiten keiner mehr, soweit ich weiß.«
    Das unübersichtliche Grundstück, vor dessen rostigem Tor wir standen, lag am äußersten Rand eines Kleingartengeländes südlich von Kirchheim und machte einen verwilderten und verlassenen Eindruck. Überall wuchsen Brennnesseln, Brombeerbüsche und Gestrüpp. Dornige Zweige wucherten über den Zaun zur schmalen Straße hin. Hagebutten baumelten traurig an dürren Zweigen. Das schiefe Häuschen, das ich im Hintergrund teilweise ausmachen konnte, war aus allem möglichen und unmöglichen Gerümpel zusammengezimmert, zwei enorme Nussbäume spendeten im Sommer sicherlich angenehmen Schatten. Jetzt knarrten und knackten ihre Äste im wütenden Wind.
    Der Jogger hatte offenbar zu viel Zeit. Ich ließ ihn meinen Dienstausweis sehen.
    »Hab mir fast gedacht, dass Sie von der Polizei sind. Kommen Sie sonst nicht immer zu zweit?«
    »Nicht, wenn es eilig ist.« Ich steckte den Ausweis wieder ein. »Laufen Sie diese Strecke öfter?«
    »Nicht oft

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