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Alexander Gerlach 09 - Das vergessene Maedchen

Alexander Gerlach 09 - Das vergessene Maedchen

Titel: Alexander Gerlach 09 - Das vergessene Maedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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Minuten lang im Netz gewesen, ohne dass ein Anruf rausgegangen wäre. Zu diesem Zeitpunkt hatte er sich nicht mehr in Heidelberg befunden, sondern in Kehl, nur wenige Hundert Meter von der Europabrücke entfernt, die über den Rhein nach Straßburg führte. Ich informierte die dortigen Kollegen und gab das Kennzeichen von Hennings ferrariroter Vespa durch.
    Eine Viertelstunde später kam die Meldung, dass Hennings geliebter Motorroller seit Stunden verlassen vor dem Kehler Bahnhof stand. Ein polnischer Lkw-Fahrer, dessen Lastzug seit dem frühen Morgen mit Getriebeschaden auf einem nahen Parkplatz stand, behauptete, gegen Mittag einen jungen Mann in olivgrünem Parka gesehen zu haben, der den Roller dort abgestellt habe und anschließend zu Fuß in Richtung Bahnhofseingang gelaufen sei. Nach Ansicht des Polen hatte Henning einen verstörten Eindruck gemacht. Seine Bewegungen seien hektisch gewesen, und zunächst habe er offenbar gar nicht gewusst, wohin er wollte. Einen großen, grauen Trekkingrucksack habe er dabeigehabt.
    Ich wählte die Nummer der Mutter, um ihr die Neuigkeit schonend beizubringen, von der ich noch nicht wusste, ob sie gut oder schlecht war.
    »Vermutlich sitzt er in irgendeinem Café, um einen Tee zu trinken, und wird in den nächsten Minuten gefunden.«
    »Aber warum hat er die Vespa stehen lassen? Er hütet das Ding sonst wie seinen Augapfel.«
    »Vielleicht hat er kein Benzin mehr gehabt? Oder er wollte mit dem Zug weiter nach Straßburg?«
    »Es geht um dieses Mädchen«, meinte sie mit erstickter Stimme. »Er will sie finden. Hoffentlich macht der Junge … Wenn ich nur …«
    Es knackte. Sie hatte aufgelegt.
    Als ich um kurz vor sieben meine Wohnung betrat, schallte Gelächter aus der Küche. Es duftete nach Knoblauch und mediterranen Kräutern.
    »Du kommst spät«, sagte Theresa und küsste mich auf den Mund, ohne mich zu umarmen, da sie die Hände gerade in einer bedenklich aussehenden, aber interessant riechenden Pampe hatte.
    »Ist was mit Henning?« Sarah hatte meine Miene richtig gedeutet.
    »Wir haben seinen Roller gefunden«, sagte ich so beiläufig wie möglich. »Zeugen haben ihn heute Mittag gesehen.«
    »Wo?«
    »In der Nähe von Straßburg. Aber auf der deutschen Seite. Ihr habt wohl recht gehabt. Er sucht Lea.«
    »Schluss damit«, verkündete Theresa resolut. »Die Polizei ist ab sofort geschlossen, und der Chef hat dienstfrei. Würdest du bitte die Zwiebeln schneiden, Alexander?«
    Es wurde ein schöner Abend. Theresa war selig, dass wir auf einmal so etwas Ähnliches wie eine Familie waren. Ein Mann und eine Frau beim gemeinsamen Abendessen mit ihren nicht übel geratenen Töchtern. Die Zwillinge gaben sich heiter, aber es entging mir nicht, wie sie hin und wieder besorgte Blicke wechselten, weil sie sich Gedanken um ihren Freund machten. Manchmal übertrieben sie es für meinen Geschmack mit ihrem wohlerzogene-Töchter-Getue. Aber sie meinten es gut, wollten ihren Vater nicht blamieren. Theresa genoss das Ganze. Und das war die Hauptsache für mich.
    Hin und wieder sah ich unter dem Tisch auf mein Handy, wenn ich mich unbeobachtet glaubte. Aber es kamen keine Neuigkeiten aus Kehl. Was unter diesen Umständen vielleicht die besten Neuigkeiten waren.
    Theresa hatte eine riesige Menge Salat gemacht, der allen vorzüglich schmeckte und groß gelobt wurde. Das Geheimnis war eine Knoblauchzehe, die mindestens eine halbe Stunde in der Vinaigrette ziehen musste, verriet sie uns, als die Schüssel leer war.
    Als zweiten Gang gab es Spaghetti mit Gemüsesoße, der es ebenfalls nicht an Knoblauch mangelte. Den Zwillingen schmeckte es, dass es eine Freude war. Ich hatte anfangs keinen rechten Appetit. Aber das legte sich bald. Theresa und ich tranken zum Essen einen Montepulciano, den sie mitgebracht hatte. Mir wurde warm, und meine dienstlichen Sorgen verschwanden hinter einer Wolke aus Small Talk, guter Laune und weinseligem Völlegefühl.
    Als Nachtisch servierte Theresa eine Crème brulée, zu deren Herstellung sie eigens einen kleinen Gasbrenner mitgebracht hatte. Die Zwillinge beschlossen, dass auch wir auf ein solches Gerät nicht länger verzichten konnten.
    Nach dem Essen verzogen meine Töchter sich diskret in ihre Zimmer. Kaum waren sie außer Sicht, küssten wir uns, als wäre es verboten, und stießen wortlos an. Später hörten wir eng aneinandergeschmiegt Musik und fanden es schade, dass wir anständig bleiben mussten. Als ich einmal wagte, Theresas Brust zu

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