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Alexander Gerlach 09 - Das vergessene Maedchen

Alexander Gerlach 09 - Das vergessene Maedchen

Titel: Alexander Gerlach 09 - Das vergessene Maedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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mehr. Mein Eindruck war, dass sie ihn ein wenig …«
    »Ausgenutzt hat?«
    Dorothee Dellnitz sah zur Fensterfront. »Sie war mir nicht übermäßig sympathisch. Sie hatte so etwas … Flatterhaftes. Unstetes. Und sie kann einem nicht in die Augen sehen. Sie verbirgt ihre Unsicherheit hinter übertrieben zur Schau gestelltem Selbstbewusstsein.«
    »Wie es aussieht, hat Henning in den vergangenen Tagen alles darangesetzt, sie zu finden.«
    »Er war schon am Donnerstag merkwürdig unruhig. Seit Dienstag hat er mit einer fiebrigen Erkältung im Bett gelegen. Und am Freitag war er dann plötzlich verschwunden. Obwohl er immer noch Fieber hatte. Erst abends war er auf einmal wieder da. Und wollte mir partout nicht verraten, wo er gesteckt hatte.«
    »Er war in Straßburg. Um Lea zu treffen.«
    »Ich weiß. Das hatten Sie mir schon gesagt.« Sie sah auf. »Aber wozu?«
    »Angeblich haben sie sich gestritten.«
    »Wie er zurückkam …« Sie schüttelte den Kopf, wie um eine Fliege oder einen schlechten Gedanken zu vertreiben. »Der arme Junge war völlig erschöpft. Man konnte kein vernünftiges Wort mit ihm reden. So habe ich Henning überhaupt noch nie erlebt, so aufgewühlt und verstört. Er hat sich dann in sein Zimmer verkrochen und die Tür abgeschlossen. Das macht er sonst nie. Wir haben ein sehr vertrauensvolles Verhältnis.«
    Auf der Straße unten quietschten Bremsen. Ein kleiner Hund bellte hysterisch.
    »Was war am Samstag?«
    »Henning hat bis in den Nachmittag hinein geschlafen. Ich habe ihn schlafen lassen. Später hatte ich den Eindruck, dass es ihm besser ging. Er hatte auch kein Fieber mehr. Meinen Fragen ist er aber immer noch ausgewichen.«
    »Sie haben sonst ein gutes Verhältnis zu Ihrem Sohn?«
    »Ein sehr gutes sogar.«
    »Wussten Sie zu dem Zeitpunkt schon, dass Lea die Ursache für seinen Zustand war?«
    »Natürlich war mir nicht entgangen, wie er sie angesehen hat. Ich wusste auch, dass es diese Klassenfahrt gab, an der Henning sehr gerne teilgenommen hätte. Er hatte sich auf das Europaparlament gefreut. Im Gegensatz zu den meisten anderen Jugendlichen interessiert Henning sich sehr für Politik. Dass es – was diese Lea betrifft – so schlimm um ihn stand, habe ich natürlich nicht gewusst. Über solche Dinge haben wir nie gesprochen. Seit sein Vater uns … mich verlassen hat … waren manche Themen zwischen uns ein wenig heikel. Er gibt mir die Schuld an der Trennung, denke ich.«
    Für Sekunden betrachtete sie ihre etwas zu kräftigen Hände, an denen mehrere Ringe glänzten. Dann hob sie abrupt den Kopf und sah mir gefasst in die Augen. »Herr Gerlach, ganz ehrlich: Wie hoch schätzen Sie die Wahrscheinlichkeit, dass mein Sohn noch lebt?«
    »Das lässt sich nicht in Zahlen fassen«, sagte ich mit einem Kloß in der Kehle. »Dass er seinen Roller abgestellt hat, kann daran liegen, dass der Tank fast leer war. Nach Straßburg hätte das Benzin allerdings noch gereicht. Dass er seinen Rucksack ins Gebüsch geworfen hat – vielleicht war er mit Lea verabredet, und sie hatten vor, alle Brücken hinter sich abzubrechen?«
    Wenn ich nur selbst hätte glauben können, was ich da redete.
    Ihr Blick irrte ziellos hin und her. Schließlich nickte sie, als hätte meine Antwort sie am Ende doch in irgendeiner Weise befriedigt.
    »Vielleicht …«, flüsterte sie. »Wenn ich … Ich hätte ihn nicht alleinlassen dürfen. Ich hätte mich mehr kümmern müssen. Es war so offensichtlich, dass er liebeskrank war, dass er …«
    »Es hilft weder Henning noch Ihnen selbst, wenn Sie sich mit Vorwürfen quälen.«
    »Aber wie soll das gehen?«, erwiderte sie mit erstickter Stimme. »Wie sollte ich mir keine Vorwürfe machen?«
    »Haben Sie jemanden, der Ihnen ein wenig Gesellschaft leisten kann? Eine Freundin vielleicht?«
    »Sascha«, sagte sie mit plötzlich wieder fester Stimme und zwang sich, mir ins Gesicht zu sehen. »Mein … Mann. Er ist auf dem Weg hierher. Ich habe ihn gestern endlich erreicht. Er war in Hanoi. Sie bauen dort eine Chemiefabrik oder eine Ölraffinerie. Ich kann mich nicht mehr erinnern …«
    »Weiß Ihr Mann Bescheid? Hat Henning sich vielleicht bei ihm gemeldet?«
    »Er weiß Bescheid. Wir telefonieren zur Zeit viel. Aber er hat auch nichts von Henning gehört.«
    »Wann kann er seinen Rucksack gepackt haben, ohne dass Sie etwas davon bemerkt haben?«
    »Gestern, nehme ich an. Ich bin jeden Dienstagvormittag für zwei Stunden im Fitnessstudio.«
    »Ihnen ist also nicht

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