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Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)

Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)

Titel: Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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bitte mein Gesamtguthaben, über das ich neu verfügen muß.«
    Der Bankherr nahm einen Stift und eine Wachstafel, legte sie zurecht, holte aus einer Schublade des Tischs einen Rechenrahmen mit verschiedenfarbigen Tonperlen, runzelte heftig die Stirn und rechnete.
    »Die Gebühr für diesen Vorgang«, sagte er halblaut, zerstreut, »beträgt ein Hundertstel des Guthabens, höchstens jedoch fünf Drachmen ...«
    »Zieh sie ab. Ein Hundertstel wäre zuviel.« Dymas grinste ohne innere Anteilnahme.
    Endlich legte der Mann den Stift beiseite und verstaute den Rechner wieder. »Erstaunlich ... Der Umgang mit wohlhabenden Männern vermag selbst den trübsten Tag zu erhellen. Dein Guthaben, edler Herr Dymas, beträgt, pfm, hrrm, neun Talente elf Mi ...«
    »In Drachmen, bitte.«
    »In Drachmen, bitte sehr. Fünfundfünfzigtausend einhundertdreiundsechzig Drachmen und vier Obolen. Die fünf Drachmen habe ich bereits abgezogen.«
    »Gut. Ich möchte eine neue Gutschrift, besiegelt und überall gültig, über fünfzigtausend. Den Rest solltest du mir gleich auszahlen. Die Gutschrift muß lauten ...«
    Der Bankmann hob die Hand. »Edler wohlhabender Herr Dymas, das sind zwei weitere Dienstleistungen – zweimal fünf Drachmen.«
    Dymas knirschte mit den Zähnen. »Wegelagerer sind bescheidener.«
    »Sie sind ja auch ärmer.« Der Grauhaarige lachte.
    Dymas seufzte, dann wies er den Mann, an, wie die Gutschrift auszufüllen sei.

    Abends, wie immer, Musik und Wein und Speisen. Der Wirt, der sich Umsatz versprach, übernahm Verpflegung und Unterbringung der Musiker, die Zuhörer zahlten hin und wieder, wenn es ihnen besonders gut gefiel, für einen oder mehrere Becher Wein; während Tekhnef auf dem Doppelaulos noch einen letzten schnellen Tanz spielte, ging Dymas mit seinem breitkrempigen Lederhut in der Hand von Tisch zu Tisch. Etwas in ihm lenkte die Hand, bewegte den Mund und dankte; ein zweiter Teil stellte fest, daß die Musik (oder die Laune der Gäste) besser schien als am Vorabend, aber fern von allem, was vor nicht allzu langer Zeit gewöhnlich gewesen wäre. Eine Halbdrachme war die größte Münze im Hut, der Rest nur Obolen, insgesamt vielleicht zweieinhalb oder drei Drachmen.
    Der Mann, von dem die Halbdrachme stammte, mochte um die dreißig Jahre alt sein. Er trug Lederpanzer und Gurt, aber keine Waffen. Das gebräunte Gesicht, von einem gepflegten schwarzen Bart umrahmt, war freundlich und fein geschnitten; das linke Ohr fehlte, und als er sich bewegte, rutschten Panzer und Chiton so weit zur Seite, daß Dymas die schlimme Narbe auf der linken Schulter teilweise sehen konnte: wie von einem Schwerthieb, der nach Abtrennen des Ohrs die halbe Schulter gespalten hatte. Mit der eingeübten, längst von Teilnahmslosigkeit überdeckten Wahrnehmung des Spitzels bemerkte Dymas die schlanken, sauberen, gepflegten Finger des Mannes und den Blick, der an etwas erinnern zu wollen schien, als habe der Mann ihn schon einmal gesehen, getroffen, gehört.
    Der Wirt brachte ihnen Näpfe – eine dicke Gemüsesuppe mit Fleischbrocken – und zwei Becher; Dymas und Tekhnef aßen und tranken eine Weile schweigend, am letzten Tisch im Winkel neben dem Feuer.
    »Wohin?« sagte Tekhnef schließlich. Dabei schaute sie sich im Raum um, an den rohen, unbehandelten Tischen, spärlich beleuchtet von ein paar Öllampen und Wandfackeln, mochten insgesamt fünfzig Leute sitzen, die meisten Männer, von diesen die meisten Bauern und Handwerker.
    »Wie, wohin?«
    »Wir sind schon zu lange hier. Wie du weißt. Wie der Wirt durch Miene und Haltung sagt und zweifellos später, spätestens morgen früh laut sagen wird.«
    Dymas nickte. »Mag sein. Ja. Vielleicht. Ich weiß nicht.«
    Tekhnef schnitt eine Grimasse; die weißen Zähne blitzten im Gesicht. Dymas, der wie beiläufig aufschaute, sah eine der Stammeskerben auf der Wange sich winden wie eine Natter.
    »Du solltest nach Athen – wenn ich deine Auskünfte über die Wünsche des edlen und mächtigen Antipatros richtig verstanden habe. Ich will nach Athen – raus aus dem Hinterland. Du gehst in Athen unter, so wie du zur Zeit bist; dort wird man dir nicht einmal ein paar Obolen in den Hut werfen, sondern sagen, geh, spiel woanders oder mit dir selbst.« Sie hatte sich vorgebeugt; ihre Stimme war leise und scharf; Dymas zuckte nicht einmal zurück. Die Schneide der Rede hätte ihn wenigstens ritzen sollen; das wußte er; aber er spürte nichts, nur Überdruß und Gleichgültigkeit.
    »Also,

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