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Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)

Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)

Titel: Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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König, die Vorzüge seiner Gefährten durch milden Zwang zu fördern. Er hat Proteas nach Makedonien geschickt, zu Antipatros, mit irgendwelchen Aufträgen. Antipatros wollte den redseligen Trinker loswerden, möglichst ehrenhaft und auf Dauer. Immerhin, er ist ja der Neffe des edlen Kleitos. Deshalb fiel es dem trefflichen Strategen ein, Proteas an Bord eines der nicht eben zahlreichen Kampfschiffe Makedoniens zu senden. Vielleicht hatte er die Hoffnung, Proteas möchte es gelingen, das von den Persern und Phönikern beherrschte Meer leerzutrinken, so daß die gegnerische Flotte keinen Schaden mehr anrichten kann. Proteas hat etwas anderes getan – er hat mit seinem Kampfverband in einer wilden Nacht, und vermutlich waren alle Mann besoffen, eine kleinere persische Flotte angegriffen und ihnen zehn Schiffe weggenommen. Er ist jetzt so etwas wie ein großer Nauarch ehrenhalber.«
    Dymas wackelte mit dem Kopf. »Die Welt ist voller Wunder.«
    Harpalos lehnte sich in seinem Scherenstuhl zurück, die Hände auf der Tischplatte gefaltet, und starrte an die Decke. »Wie gesagt, bisweilen gefällt es dem König, seine Freunde zu erproben. Proteas ist nicht der einzige.« Er riß sich mit einer merklichen Anstrengung von der Deckenbetrachtung los; sein kühler Blick streifte Dymas, kletterte das Rollengestell hinter dem Musiker empor, fiel wieder herunter. »Andere sind, soweit ich weiß, zur Zeit damit befaßt, die Zustände in Hellas zu, ah, untersuchen und möglicherweise zu beeinflussen. Wie wir alle wissen, sind die Dinge meistens nicht so, wie sie aussehen.«
    »Kannst du ein wenig deutlicher werden?«
    Harpalos schnaubte; seine Finger trommelten auf die Tischplatte. »Deutlicher? Hmf. Nun ja, warum nicht?« Er grinste. »Nehmen wir ein Beispiel, das ganz in der Nähe liegt. Vorhin, draußen, im Hof, hat die Mauretanierin mich angenehm erleichtert. So dienen auch die Königsknaben den edlen Makedonen, wenn denen gerade danach zumute ist, oder nach einem knackigen Arsch. Wie du, als gelegentlicher Besucher der hohen Kreise, wohl weißt.«
    »Ich weiß. Und?«
    »Derlei Dinge ... Man spricht nicht darüber, man handelt nicht davon in hehren Tragödien, man tut sie einfach. Dichter und Bildhauer und Amphorenmaler preisen die Liebe zwischen Mann und Frau, von vom und von hinten; und die unerfüllten Sehnsüchte; und die Philosophen rühmen das edle Beisammensein reifer Männer mit prägbaren Knaben. Dichter beklagen die Sprödigkeit des jungen Gespielen, der nur nach langem Flehen und gegen Geldgeschenke bereit ist, seine Vorderseite zum erleichternden Lendenstoß hinzuhalten und dabei selbst nichts empfindet, außer vielleicht Überdruß. Dinge, die man als niedrig empfindet, werden durch Verzierungen und rankendes Gerede erhöht, damit sie, wertvoll begründet, durchführbar sind. Aber nur Philosophen, die derlei ausbrüten, glauben den Unfug – den eigenen. Acht Zehntel der Männer und Knaben und Frauen und Dirnen in Hellas betreiben andere Dinge, um zu Lust zu gelangen und nicht noch mehr Kinder zu zeugen; nur braucht man nicht darüber zu reden, da es ohnehin jeder weiß. Und daß ein Dichterlein mit fliehendem Kinn, Mundgeruch und wirren Augen dem angebeteten Knaben Geldgeschenke machen muß, heißt noch lange nicht, daß etwa ein kräftiger, machtbewußter, wohlgestaltiger Mann mehr tun müßte als mit den Fingern zu schnippen.«
    Dymas kratzte sich den Kopf. »Deshalb erforscht Harpalos nun das Geschlechtsleben der Hellenen?«
    Der feiste Makedone lachte. »Harpalos tut nichts dergleichen. Es war dies nur ein Beispiel. Ein anderes wäre die Tugendhaftigkeit und für die Oikumene vorbildliche Gestaltung der athenischen Demokratie. Mit Demen und Phylen und Archonten und dem Areopagos, mit dem Prytaneion und dem Volksgericht. Die zehn Phylen, deren jede fünfzig Männer in den Rat der Fünfhundert entsendet, wo jeden Mond eine andere Phyle den Vorsitz hat, wo über die Dinge entschieden wird ... Alles Unfug. Wie du weißt. Ein Problem wird beraten, sagen wir mal so; wenn es dabei um nichts geht, wird eben einfach beraten und entschieden. Wenn es aber um wichtige Dinge geht, die zum Beispiel die Anliegen reicher Kaufherren oder großer Grundbesitzer oder hehrer Amtsträger berühren, so gibt es viele Wege, diese Anliegen mit Nachdruck zu vertreten. Man kann, wenn man selbst nicht gut redet oder nicht im Rat sitzt, dort gegen treffliche Bezahlung einen trefflichen Redner sein Anliegen trefflich vertreten lassen. Man

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