Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)
athenischen Schiffen immer sorglos umgeht, selbst wenn der mögliche Gegner nicht alle Flotten von Asien und Phönikien aufbieten kann.«
Barsine ließ ein leises Lachen hören; es schien ihr keine Schmerzen im Leib mehr zu bereiten. »Und euer besonderer Freund Demosthenes, Vorkämpfer der hellenischen Freiheit?«
»Demosthenes der Windweiser, der immer in die Richtung zeigt, wo für ihn der größte Einfluß zu holen ist, schweigt mit erstaunlicher Verbissenheit und schielt übers Meer in des Königs Lager, wo sich sein Pflegesohn Aristion aufhält. Er scheint zu finden, daß der zweimal gegen persische Heere siegreiche Alexander, König und Gott Ägyptens, Beherrscher der Phöniker und vieler Asiaten, mehr Macht und Reichtum verheißt als der Spartaner, der bisher nur mit einem Unterstrategen des Antipatros zu tun hatte.«
»König und Gott ...« Barsines Stimme zerfaserte; sie räusperte sich. »Er hat sich verändert.«
Drakon lachte gepreßt. »Er verändert sich unausgesetzt, seit ich ihn kenne.«
»Deine Lügen wären eine Wohltat, wenn ich sie nicht durchschaute.«
Drakon hob die Hände. »Ah, nichts schlimmer als eine kluge Frau; sie entblößt die Dummheit der Männer.«
Mit einem Schwarm von Dienerinnen trat Sisygambis ein. Nach den Begrüßungen ließ sie Wasser und Wein bringen, verscheuchte ihre Begleiterinnen und setzte sich auf Barsines Bett.
»Sprich, Heiler der Leiber, damit wir wissen.« Sie war mild und liebenswürdig, wie immer, aber in ihrer Stimme steckte Stahl.
Drakon verschränkte die Arme und lehnte sich an den Fenstersims. Im Hof sangen Vögel; etwas wie der Geruch von Geißblatt drang ein.
»Was wollt ihr wissen, edle Frauen?«
»Laß uns beginnen mit eurem Ritt. Und mit den Auskünften des Gottes.«
Drakon begann zu erzählen; dabei schloß er die Augen, um Bilder aus dem Gedächtnis hervorzuholen. Alexanders Suche nach dem besten Platz für die neue Stadt, die Hauptstadt des Reichs werden und den Handel anziehen sollte – Hauptstadt eines Reichs, über das er mit seinen Makedonen noch würde streiten müssen, jedenfalls mit den älteren. Der Aufbruch nach Westen, mit einer Ile Hetairenreiter unter Amyntas, dazu ein paar Diener, Königsknaben und andere Begleiter wie Aristandros. Sie ritten nach Westen, zwischen der brennenden libyschen Wüste und dem gleißenden Meer, das die Sonne spiegelte, über die uralte Karawanenstraße nach Paraitonion, wo Gesandte aus dem hellenischen Kyrene ihre Freundschaft sowie Streitwagen und 500 gute Pferde anboten, was Alexander gnädig annahm. Von Paraitonion brachen sie mit einheimischen Führern nach Süden auf, ritten tagelang durch sengende Sonne und blendende Sandstürme, über glühenden Sand und erhitzte Schieferflächen, die unter den Hufen barsten, und endlich erschien ihnen, wie die Elysischen Gefilde und alle persischen paradeisos- Gärten vereint, das ewige Leben in tödlicher Wüste: die langgestreckte Senke der 280 Quellen, mit Ölbäumen und Dattelpalmen, mit steingefaßten Brunnen und kleinen kühlen Seen im Schatten der Bäume, mit Tempeln und gepflasterten Straßen, mit den Häusern der Einheimischen, der Burg des Königs von Siwah, den Weideflächen für Karawanentiere, den Zeltplätzen für viele und den Gasthäusern für wenige Fremde.
Sisygambis unterbrach. »Laß mich zwei Fragen stellen, Drakon. Es heißt, unser Großkönig Kambuzhya, den ihr Kambyses nennt, habe vor zweihundert Jahren nach aller Schändung des Nillandes auch noch das Ammoneion von Siwah zerstören wollen. Weiß man dort etwas darüber?«
»Nur, daß man sich selbstverständlich göttlichen Schutzes erfreut.« Drakon lächelte spöttisch. »Der König, dieses Schutzes gewiß, erhebt würgende Zölle von den Karawanen; die Bewirtung ist für Fremde teuer; der Tempel des Amun-re erwartet Geschenke und Weihgaben, die seiner Bedeutung zumindest entsprechen; und wie das Beispiel des Kambyses zeigt, ist der göttliche Schutz zuverlässig. Man erzählt dort die gleiche Geschichte wie hier und bei euch in Iran, Fürstin: Fünf Zehntausendschaften, auf dem Weg von Memphis nach Siwah, wurden durch Amuns Zorn bei einer mittäglichen Rast von einem Sandsturm überrascht und unter Sandbergen begraben. Niemand hat sie je gefunden.«
»Dein spöttisches Lächeln«, sagte Barsine. »Ist da noch etwas?«
»Fürwahr. Jener, der zu unser aller Freude dein Lager teilt, König und Gott Ägyptens, Herrscher der Makedonen, Hegemon des Hellenischen Bundes und demnächst,
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