Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)

Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)

Titel: Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
Vom Netzwerk:
Gedanken denken«, sagte Drakon; er bemühte sich, Ablehnung und Überdruß nicht allzu deutlich zu zeigen. »Was will Krateros von mir?«
    »Er will dich kluge Gedanken denken hören.« Der Offizier grinste spöttisch. »Kneten wird er dich nicht, verlaß dich drauf, aber er hat sicher genug Wein. Komm.«
    Sie durchquerten zwei Höfe voller Geister und Götterbilder, mehrere lange Gänge, in denen ein daimon den Hall der Schritte verhundertfachte, stiegen Treppen hinauf, deren Stufen in Jahrhunderten ausgetreten worden waren, und noch mehr Gänge. Überall – in Nischen, hinter Vorsprüngen, auf Absätzen – standen Posten.
    »Fürchtet Krateros um sein Leben?«
    »Krateros fürchtet nichts. Er will nur sicher sein, daß kein Lauscher sich an Wörtern und kein Dieb sich an Gold vergreift.«
    Der Taxiarch befand sich auf einer weiten Terrasse, zehn Mannshöhen über der Stadt, die summte und glitzerte. Auf dem Fluß bewegten sich beleuchtete Lustkähne, Musikerboote: Abendausflüge. Vom Tempel des Ptah war schriller Gesang zu hören, den endlich aufkommender Wind zerfetzte. Glimmende Becken mit Holzkohle und Weihrauch mochten die Fliegen vertreiben, die von den Fackeln und Lampen angezogen wurden, aber sie mehrten den Gestank. Überall standen Offiziere und Schreiber, gingen in Gruppen langsam auf und ab, saßen an Tischen, wo sie sich über Wachstafeln und Papyrosstapel beugten. Trotz des leichten Nachtwinds war es stickig. Der sechs Fuß große, breitschultrige, am ganzen Leib dunkel behaarte Krateros trug nur einen hellen Leibschurz. Schweiß hatte etliche Brusthaare zu Stacheln, Büscheln und witzigen Säulchen verklebt; die zahllosen Narben glänzten wie seichte Seen.
    Drakon kannte die Vorzüge des Bären. Er war ein überragender Kämpfer, tapfer und umsichtig; die Männer liebten ihn und folgten ihm blind – »lieber ein Eilmarsch mit Krateros als ein Festmahl mit Hephaistion«. Er hatte seine 1500 Raufbolde im Griff, und daß Alexander ihm bei Issos alle Fußtruppen von Parmenions Flügel unterstellt hatte, machte ihn nach dem König und dem Strategen zum dritten Mann des Heers, vor Parmenions Söhnen Philotas, der die Hetairenreiter befehligte, und Nikanor, Lenker der Hypaspisten. Flüchtig dachte Drakon an Parmenions dritten Sohn, Hektor, der vor wenigen Monden im Nil ertrunken war, als das Boot, in dem er saß, kenterte und ihn unter Wasser einschloß. Ebenso flüchtig dachte er an viele andere, die nicht mehr dabeiwaren, und an all die, die noch sterben würden. Aber das erwartete jeden, früher oder später. Er seufzte und drängte sich durch die Männergruppen.
    »Edler Krateros, du siehst mich überrascht.«
    Der Bär schob einen Griffel hinters Ohr, rülpste, patschte auf das Wachstäfelchen. »Inwiefern etwa, Vergifter der Kranken?«
    »Der Bär zerfleischt Persiens beste Kämpfer – gut; der Bär leert eine Amphore auf einen Zug – gut; der Bär zerschlägt eine Schänke und verwöhnt danach drei Frauen – auch gut; aber der Bär bei Schreibarbeiten? Baah.«
    Krateros grinste und betrachtete seine behaarte Pranke, als wäre sie frisch gewachsen und insgesamt eine unwillkommene Überraschung. »Schon recht, Gliederrenker. Aber wenn der König es will ...« Er stand auf und wandte sich an die neben ihm sitzenden Leute des Stabs. »Macht weiter; ich komme bald zurück. Wir haben etwas zu bereden.«
    Er nahm Drakons Arm und zog ihn zum Nordrand der Terrasse, oberhalb der Palastgärten.
    »Was, sei es nun lausartig oder löwenmütig, krabbelt harten Fußes über dein Gemüt, Freund?« sagte Drakon.
    Krateros wühlte in seiner Brustbehaarung. »Ah, baah, vieles. Wir haben eine Verabredung.«
    »Ach, haben wir? Wer wann wo mit wem?«
    Krateros spuckte ins Dunkel. »In viereinhalb Monden, nachmittags, am Euphrat. Mit den anderen und Dareios.«
    Drakon kicherte. »Weiß Dareios das? Er könnte sich verspäten.«
    Der Bär knurrte. »Lassen wir die blöden Scherze, Drakon. Ich hab mir das nicht ausgesucht, aber jetzt muß ich es machen.« Er wies mit dem Daumen hinter sich, zu den Tischen und Männern und Schreibwerkzeugen. »Alexander hat seine Anweisungen gegeben und ist losgeritten, um seine neue Stadt noch einmal zu sehen. In Ägypten bleiben zwei Satrapen, für das Obere und das Untere Land, und zwei Strategen, und ein Schatzhüter, und Richter und Schreiber und überhaupt alles, was einem das Leben erschwert. Ich weiß, wer wohin soll, um was zu tun, und wieviel Krieger und Schiffe und Waffen

Weitere Kostenlose Bücher