Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)
Parmenion und seine Leute, Barbaren aus dem Norden, sture Hinterwäldler, unfähig zu loderndem Jubel, allzu ehrerbietig gegenüber den Bauwerken und der Geschichte eines anderen Barbarenvolkes; ah ja, und besorgt ob der Manneszucht ihrer Kämpfer.
Die Perserin hatte geweint, als er im zuckenden feuertriefenden Morgen zum Zelt getaumelt kam, trunken von Worten und Wein und Gewalt. Eine barbarische Sklavin, angenehm warmes Tier in den Nächten, nicht mehr und nicht weniger; er hatte eine Aufwallung von – was? Sorge, Kummer, Teilnahme? Irgendwas hatte er gespürt –, zurückgedrängt, es dem Rausch zugeschrieben. Sie hatte stundenlang gewimmert, während er vor dem Zelt saß und trank und die auf die Stadt gestürzten Himmelsfeuer zu beschreiben suchte.
Wieder nahm er ein Ried, tunkte es in die schwarze Tinte, starrte auf den leeren Papyros, das Pult, die Maserungen der Holzplatte. Zu früh, vielleicht zu nah? Worte kamen zu schnell, rempelten einander in seinem Hirn; er sah Aristoteles spöttisch lachen, hörte ihn eine neue, nüchternere Fassung verlangen.
Vielleicht ... Wenn er die letzten Schreiben noch einmal läse, die Abschriften der Briefe, die längst unterwegs waren, und die noch nicht abgeschickten, mochte das helfen; vielleicht konnte er anknüpfen, die gemessene Sprache des hellenischen Berichters wiederfinden. Aber er war ja längst mehr als nur Berichter; in den letzten Monden, gezeichnet von Wein und Schlafmangel und zunehmender Entfremdung gegenüber den herben Makedonen, hatte Alexander ihn immer öfter in die Beratungen geholt, seine Meinung gehört, ihm Geschenke gemacht. Kallisthenes nickte; und stöhnte, als der eingeschlafene Schmerz, durch die Bewegung geweckt, wieder alle Nischen des Schädels erkundete und scharfkantige Meldungen über die Zustände machte.
Er legte das Ried in die Aussparung am oberen Rand des Tragpults, mischte kühles Wasser und warmen Wein, trank; dann nahm er sich die Rollen der letzten Monde vor.
Der Aufbruch aus Babylon. Nebensächliches – ein Streit zwischen Hephaistion und Perdikkas; eine lange Unterhaltung mit Barsine, schön und klug und sanft, aber Barbarin; die Plünderung eines Dorfs mit Burg, unterhalb der Persischen Tore, und die Auspeitschung – vor dem Heer – der dafür verantwortlichen Dekadarchen; die Hinrichtung zweier Hopliten, die andere zum Verlassen des Heeres hatten aufwiegeln wollen; die Beratung vor den Persischen Toren ...
Hier waren ihm zwei Rollen durcheinandergeraten. Zuerst kam Susa, Verwaltungshauptstadt der Großkönige und des Reichs; die Beschreibung der Stadt, ihrer Tempel und Gärten und Paläste und Straßen; friedlich übergeben gegen Zusicherung von Schonung und Gnade, aber keine Gnade für den Schatz – fünfzigtausend Talente, unvorstellbar wie die Rückseite des Mondes. Die Unterstellung von Susa unter den Satrapen Babyloniens, Mazaios – ein persischer Satrap, ein hellenischer Schatzverwalter, ein makedonischer Stratege, drei Völker für das eine Reich, das sich abzeichnete und von dem die Makedonen nichts hielten. In Susa blieben auch die Frauen zurück – Sisygambis (und ihre Enkelkinder), Barsine, deren Bauch sich zu runden begann und die hoffte, diesmal Alexanders Kind lebend zur Welt zu bringen.
Dann der Vorstoß nach Südosten, ins Herzland der Großkönige, Parsa das Land – Persis – und Parsa die Stadt – Persepolis. Und Pasargadai, wo Alexander das Grab des von Xenophon gepriesenen Kyros sehen und bekränzen wollte, aber das lag noch in der Zukunft. Die steilen Berge, die kargen Hochflächen vor dem üppigen Garten der Persis: Berge, in denen harte Männer wohnten, Uxier genannt, ein wildes Volk, das jahrhundertelang den Großkönigen getrotzt und von ihnen Tribut verlangt hatte, Zoll für die Benutzung der Pässe, der Persischen Tore. Das unwegsame Land ... Man erzählte blutige Geschichten über gescheiterte Versuche, die Uxier botmäßig zu machen; schließlich hatten die Großkönige beschlossen, den Tribut zu zahlen, da er geringer sei als die Kosten weiterer Eroberungsversuche.
Alexander hielt nichts davon. Er ließ unterhalb der Pässe lagern, forderte die Unterwerfung, die die Uxier höhnend verweigerten. Unmöglich, die Persischen Tore zu stürmen; ein paar Männer mit Pfeil und Bogen, Mauern aus Bergtrümmern, von den Hängen und Gipfeln herabrollende Felsen – die Uxier konnten ein riesiges Heer abwehren, ohne selbst Schaden zu nehmen.
Alexander schickte Hephaistion mit ausgewählten
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