Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)
Bewundernswertes vollbracht habe, sondern allenfalls ein schwächlicher Vorläufer seines göttlichen Sohnes gewesen sei, konnte Kleitos sich nicht mehr halten; und er begann, Philipps Ruhm zu verkünden und Alexanders Taten zu verkleinern. Erregt und bezecht sprang er auf und schrie den König an, der ebenfalls aufsprang und zurückschrie. Kleitos sagte unter anderem, ohne das von Philipp und Parmenion erschaffene, einzigartige Heer der Makedonen wäre Alexander nicht einmal bis zum Granikos gelangt, so daß er – Kleitos – gar nicht in die Lage gekommen wäre, ihm das Leben zu retten; oder ob er denn meine, mit dem Geschwätz von Ammonspriestern und den Giften, Ränken und Mordanschlägen der Olympias würde er all das erreicht haben, was Kleitos’ Hand und die Hände der anderen Makedonen errungen hatten. Da wollte Alexander zornig und berauscht sich auf ihn stürzen, wurde aber von anderen Gefährten zurückgehalten. Er schrie, nun sei es mit ihm wohl auch so weit gekommen wie mit Dareios in den Händen des Bessos – der König Gefangener im eigenen Zelt, in den Händen seiner Offiziere. Diese ließen ihn daraufhin los; inzwischen hatte Ptolemaios, Sohn des Lagos, den schäumenden Kleitos aus dem Zelt gezerrt. Kleitos riß sich jedoch los, da er als makedonischer Fürst und hetairos des Königs wahrlich weder etwas zu fürchten noch seine Zunge zu hüten habe, und kehrte ins Zelt zurück, kaum beruhigt, um den ebenfalls kaum beruhigten Alexander abermals anzugehen. Der König entriß daraufhin einem der Wächter die Lanze und tötete Kleitos.«
Es folgte die ergreifende Beschreibung der Trauer und Reue des Königs: Er habe die Lanze gegen die Wand gestemmt, um sich selbst das Leben zu nehmen; als die Freunde ihn daran hinderten, habe er sich drei Tage und Nächte jammernd und wehklagend in sein Zelt zurückgezogen, ohne Nahrung zu sich zu nehmen.
Drei Tage ... Peukestas dachte an die drei Tage am Hyphasis, als der König durch Schweigen versuchte, die meuternden Krieger umzustimmen; er scheiterte am Willen des Koinos, der bald darauf starb. Drei Tage nach dem Tod des Kleitos kehrten Drakon und Demaratos von einer der immer geheimnisvollen Erkundungen zurück; bald darauf starb Demaratos, Freund des Kleitos, mit dem er eng zusammengearbeitet hatte. Der Korinther starb an Alter und Erschöpfung; einen Tag, nachdem er lachend vom Pferd gesprungen war. Abends nahm er an einem Gelage teil; Alexander selbst mischte Wasser, Wein und Honig, gab Gewürze zu, reichte besonders zu ehrenden Freunden eigenhändig die Becher. Demaratos war einer dieser besonders zu Ehrenden, und am nächsten Tag war er tot, betrauert von vielen, geehrt abermals von Alexander, der ihm ein prächtiges Denkmal errichten und den einbalsamierten Leichnam heimschaffen ließ nach Korinth.
Drei Tage in Opis, am oberen Tigris, im Jahr vor seinem Tod: als der Satrap Peukestas (der junge Makedone mochte den Mann nicht und hatte immer bedauert, den gleichen Namen zu tragen) dem König 30 000 makedonisch ausgebildete und ausgerüstete junge Perser zuführte und Alexander 11 000 altgediente Makedonen entließ, um sie in die Heimat zu schicken, unter dem Befehl des Krateros. Emes, der lange, graue, treue Emes, machte sich zum Wortführer der Kämpfer, die nicht so weggeschickt werden, nicht das von ihnen eroberte Reich den Barbaren übergeben wollten, denen sie es blutig entrissen hatten. Drei Tage verschanzte Alexander sich auch diesmal; am Schluß feierte er eine seltsame Versöhnung mit den Männern, die diesmal zwar den getreuen Emes, aber keinen Koinos hatten und nichts erreichten außer Umarmungen und Freundlichkeit.
Und zwischendurch so viele, so unendlich viele und unendlich verworrene Ereignisse. Der Zug über den Rand der Oikumene, nach Indien, verstärkt durch persische, baktrische und sogdianische Kämpfer sowie fast 22 000 Männer aus Hellas und Makedonien, deren Begeisterung lauter war als Überdruß und Müdigkeit der alten Krieger. Das unermeßliche Heer, das nach Indien zog, mit Frauen und Kindern und Troß mehr als 150 000 Menschen. Die schöne Baktrerin Roxane war dabei, die Alexanders zweiten Sohn gebar – der erste, Herakles, weilte mit seiner Mutter Barsine in Susa – und ihn wenige Tage nach der Geburt in Indiens Sümpfen sterben sah. Die Schlacht gegen König Poros, vielleicht ein noch größeres Kunstwerk als jene von Gaugamela – Poros erwartete einen befreundeten Herrscher und dessen Heer; er sperrte den Übergang über
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