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Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)

Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)

Titel: Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Makedonen.
    Harpalos verzog keine Miene. Die kalten Augen tasteten in weiter Ferne nach etwas, das Dymas nicht benennen konnte; es mochte durchaus die Idee eines achtzigsten Lebensjahrs sein.
    »Ich habe seine Schätze gemehrt und verwaltet«, murmelte er plötzlich, immer noch scheinbar ohne Regungen. »Ich habe seinen Rücken gesichert und Babylonien gehegt. Ich habe, wie er es wollte, Getreide nach Athen geschickt, als dort der Hunger drohte, und nun hat mir zum Dank dafür Athen das Bürgerrecht verliehen. Wenn Alexander wiederkehrt, wenn ich vergesse, daß ich Freund und Gefährte bin, Makedone wie er – wenn ich mich emiedrige und proskynesis vollziehe, seine Füße lecke – wird es mich retten vor der Last des Wissens, vor dem Makel, Athener durch Verleihung geworden zu sein?«
    »Was wirst du tun?«
    »Man trifft Vorkehrungen.« Harpalos lächelte; es war das Lächeln eines Raubfischs. »Man verhandelt mit diesem und jenem, bespricht sich mit anderen, die in ähnlicher Lage sind. Es gibt ... Söldner, die nicht vom Reich, sondern von Personen bezahlt werden, verstehst du?«
    »Wie viele Söldner?«
    Harpalos hob die Schultern. »Elftausend hat Antigonos. Ich bin bescheiden; ich habe sechstausend, hier und da, gut verteilt; ein paar Schiffe; ein paar Münzen. Man wird sehen. Wahrscheinlich kommt er ohnehin nicht zurück – oder in zwanzig Jahren von Westen.«

    Aber dann kam er zurück, irgendwann, als Dymas die Eigenheiten kretischer Schänken und Frauen erforschte. Die Berichte überstürzten sich – abgesetzte oder gleich hingerichtete Satrapen; die Flottenfahrt des Nearchos, der Wüstenmarsch der sterbenden Krieger, die in Indien gewagt hatten, dem König zu trotzen; wüste Geschichten aus indischen Dschungeln, wo Alexander sich nachts in einen Tiger verwandelt und aufsässige Offiziere gefressen hatte. Harpalos, mit Glykera und seinem Sohn von Pythionike, mit 6000 Söldnern und 5000 Talenten, mit 30 Trieren: Er verließ Tarsos, fuhr nach Kypros, nach Kreta; jemand wollte wissen, er habe auf hoher See mit Karchedoniern verhandelt, die jedoch nichts tun wollten, was Alexanders Aufmerksamkeit oder Zorn hätte erregen können. Harpalos fuhr nach Athen, aber Demosthenes, immer schon Verfechter der makedonischen Sache, wie er nun behauptete, brachte den Rat dazu, Harpalos das Betreten der Stadt, ja selbst das Einlaufen in den Hafen nicht zu gestatten. Später hörte Dymas, der listige Makedone habe seine Schiffe und seine Söldner nach Tainaron geschickt; unbewaffnet – außer mit Geld – durfte er dann Athen betreten. Dreifach wurde seine Auslieferung verlangt: Olympias wollte ihn in Epeiros haben, Antipatros in Pella, Alexander in Babylon; Demosthenes wollte ihn festnehmen lassen und sein Geld beschlagnahmen, aber Harpalos kannte zu viele Athener mit zu vielen dunklen Seiten und hatte zu viel Geld; als er Athen verließ, blieben nur etwa 350 Talente zurück. Aber auch diese verschwanden, geheimnisvoll; Demosthenes feierte ein teures Fest und wußte nichts. Noch später erfuhr Dymas das Ende der Geschichte: Harpalos begab sich nach Tainaron, wo aber nur noch ein Teil seiner Söldner wartete. Mit diesen fuhr er nach Kreta, und dort wurde er aus unbekannten Gründen von einem seiner Offiziere namens Thibron ermordet.
    Nach dem Ende von Alexanders Rachegerichten in Susa und den Ruinen von Persepolis beschloß Dymas, sich in den Osten zu begeben. Seine Beweggründe waren ihm selbst nicht ganz klar. Mehr als zehn Jahre lag jene schreckliche Nacht vor dem Granikos-Kampf zurück; der Makedone hatte die Welt verändert; wenn Hamilkar sich nicht irrte, würde es nun einen Zug nach Westen geben, der noch furchtbarer und blutiger werden mußte als der asiatische. In Karchedon saß kein zaudernder Dareios. Dymas verspürte den undeutlichen Wunsch, den König noch einmal zu sehen, am liebsten aus der Ferne; und den sehr deutlichen Wunsch, weit im Osten zu sein, wenn Alexander in den Westen zog.
    Etwa eine Tagesstrecke vor Sidon, auf offener See, geriet der Segler in eine Flaute. Dymas stand an der Bordwand und betrachtete, verzückt und versunken, das Spiel der Delphine, die in verwirrenden Kreisen um das Schiff zogen, sich näherten, über- und untereinander hinwegtauchten, immer wieder die Köpfe hoben, aus dem Wasser sprangen; sie schienen ihn anzulachen. Er riß sich von dem Anblick los, ging zum Koch, nahm einen Holzeimer mit Essensresten und Abfällen, stopfte sich die auf seinen Chiton genähten Taschen voll

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