Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)
vermieten.«
»Laß uns einen Schluck trinken, Herr der Karawanen. Das sieht nach längerem Feilschen aus, und derlei Dinge betreibt man besser im Sitzen.«
Sie tranken Wein auf der erhöhten Terrasse vor einer Hafenschänke, betrachteten die Masten, die eingerollten Segel, die schaukelnden Rümpfe der Schiffe, sahen das Gewimmel der Menschen um die Stände mit Fisch und Getreide und Früchten, rochen Salz und See und Fisch und Pech und tausendfachen Schweiß.
Die Karawane – Esel, Kamele und zwei Dutzend Männer – hatte Kamelfüllen, Weihrauch und Steinsalz nach Sidon gebracht; mit kyprischem Wein und phönikischem Purpurtuch würde sie in drei oder vier Tagen nach Damaskos ziehen, von dort mit Schwertklingen, Dolchen, Pfeilspitzen und Lanzenköpfen nach Babylon.
»Durch die Wüste, die große syrische Wüste, ahhh. Nichts Göttlicheres als die Wüste, Fremder.«
»Warum gehst du nicht nach Norden, bis zum Euphrat, und dann flußab? Ist das nicht sicherer?«
»Für wen? Auf der breiten Straße wimmelt es von Menschen und Tieren; entlassene Söldner und lausige Händler treiben sich dort herum. Sicher? Ich ziehe die Sicherheit des grellen Himmels, der Sandfluten und des schmalen Weges vor. Außerdem ist er kürzer.«
»Du scheinst den Weg zu kennen.«
Der Karawanenmann hob die Brauen; das helle Tuch auf seinem Kopf tanzte, als ob er mit der gesamten Kopfhaut wackelte. »Jeden Stein, jeden Platz, an dem ein Strauch überflüssig wäre, jede Wasserstelle, und jedes Versteck, das man meiden sollte, weil dort Vipern oder entlaufene Krieger lauern.«
»Auf einem Kamel oder Esel durch die Wüste ...«
»Nachts, Herr – aber auch tags; im Winter ist dies möglich.«
»Wie lange dauert es?«
»Hmt. Drei Monde? Dreieinhalb? Ich weiß nicht, wie lange wir in Damaskos brauchen. Vielleicht bricht sich unterwegs ein Tier den Hals, und man muß die Ladung neu verteilen. Zwischen drei und vier Monde, sagen wir.« »Was braucht man?«
Der Araber lachte. »Das kommt darauf an, wie sehr und wie bald du dich verlieren willst.«
»Angenommen, ich wollte mich jeden Tag verlieren, jede Nacht wiederfinden und am Ende Babylon sehen.«
»Du brauchst, was du immer brauchst – Decken zum Schlafen, deine übrigen Dinge.«
»Vorräte? Waffen?«
»Ah, bah. Waffen wirst du nicht brauchen, jedenfalls nicht sehr. Vielleicht ein kleines Schwert, einen Bogen, einen Köcher, ein Messer? Vorräte – ich weiß nicht viel über deine Vorlieben, aber wenn du nicht jeden Tag verdorbene Muscheln essen und zu diesem Zweck mitnehmen willst, kannst du dich aus den Vorräten laben, die wir für alle mitführen. Getreide, getrocknete Früchte, Salzfleisch, Wasser, ein wenig Wein.«
»Kommen wir zur schwierigsten Frage. Wieviel?«
»Das ist die einfachste aller Fragen, Herr. Drachmen oder sigloi?«
»Drachmen.«
»Hm. Ein gutes Reitkamel kostet soviel wie zwei Sklaven. Die Preise, ach, die Preise; alles ist teurer geworden. Vor fünf, nein sechs, nein sieben Jahren wären es fünf Minen gewesen; heute sind es fünfundzwanzig. Nahrung – für jeden Tag vier Drachmen. Meine Kenntnisse dazu, noch einmal eine Drachme; ich bin heute großmütig, Freund. Sagen wir, hundertzwanzig Tage? Sechshundert, und die Minen... Dreitausendeinhundert Drachmen.«
Dymas nickte, lächelte, trank seinen Wein aus und stand auf. »Ich wünsche dir eine gute Reise, Herr der Wüstenräuber.«
Der Araber blieb sitzen. »Was ist dein Geschäft, Mann? Kannst du durch irgendeine Fertigkeit zum besseren Gelingen der Reise beitragen?«
»Ich bin Musiker. Kitharist. Und Sänger.«
»Musiker.« Der Karawanenmann knurrte leise. »Es reisen schon Musiker mit; immerhin, vielleicht könnt ihr zusammen ein wenig die Öde lindern. Hm. Sagen wir, für dein gutes Gesicht erlasse ich dir hundert, und für deine Musik... noch einmal hundert?«
»Ich mache dir ein anderes Angebot. Die zweifellos köstliche Verpflegung soll mir eine Drachme am Tag wert sein; also hundertzwanzig. Dein Kamel will ich nicht kaufen, sondern mieten; sagen wir, noch einmal hundert. Deine Kenntnisse erfahren durch meine Anwesenheit keinerlei Abnutzung, sondern eher eine Bereicherung, denn ich kann dir viele Dinge erzählen. Dafür, und für die Musik, ziehen wir zwanzig ab. Ich biete dir zweihundert Drachmen für den Weg nach Babylon.«
»Ich wünsche dir gutes Gelingen, Fürst der Taschendiebe«, sagte der Araber. »Du vergißt, daß ich teure Lasten verschmähe, damit du reiten kannst – Lasten,
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