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Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)

Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)

Titel: Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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andere Musiker, andere Schänken, Frauen, Gerüche, Speisen; im Sommer eine Begegnung mit Antigonos Monophthalmos, von dem er über Alexanders Neuordnung des Heeres hörte, die Erfolge der selbständigen kleinen Einheiten, die endgültige Unterwerfung des östlichen Iran, die Vermählung mit der unvergleichlichen Roxane, den Widerstand von Hellenen und Makedonen gegen fortschreitende Barbarisierung und Einführung der proskynesis sowie andere Feinheiten persischer Hofgebräuche – Widerstand, gebrochen durch Hinrichtung des scharfzüngigen Kallisthenes und anderer Männer, dann Aufbruch über die Grenzen der Oikumene nach Indien. Antigonos sprach vorsichtig; seine Aufgabe sei es, die Dinge in Phrygien zusammenzuhalten, zu verwalten, die Verbindungen zu ermöglichen, Nachschub zu senden. Er erwarte nicht, den König je wiederzusehen, dessen unbändiges Sehnen nach dem Randsaum des Kosmos man kenne. Wenn, wie manche sagten, die Erde keine Scheibe, sondern eine Kugel sei, werde Alexander eines Tages, im Osten verschwunden, von Westen wieder auftauchen; bis dahin gelte es, die Ordnung zu hegen, den Wohlstand zu mehren und die Sicherheit des Besitzes zu hüten.
    Wie alle anderen Satrapen, Festungsherren und sonstigen Gebietsstrategen war Antigonos längst dazu übergegangen, eigene Söldner zu werben und in Phrygien waffentüchtige Männer auszuheben.
    »Die Anzahl der Menschen in Makedonien ist begrenzt«, sagte der Einäugige. »Sie sind durch Überlieferung, Erziehung, Ausbildung und Veranlagung ohne Zweifel die besten Kämpfer, aber Antipatros braucht einige, die übrigen schickt er dem König, und was für uns bleibt, reicht nicht.«
    »Was macht ihr – du und die anderen – eines Tages, wenn Alexander tatsächlich zurückkommen sollte und sein Heer entläßt oder auf die Satrapien verteilt?« sagte Dymas. »Dann hättet ihr doch zu viele – Söldner und andere.«
    Antigonos winkte ab. »Wenn, wenn, wenn. Söldner kann man mieten und entlassen; darüber werde ich nachdenken, wenn es soweit ist. Falls es je dazu kommt.«
    Im Herbst reiste Dymas weiter nach Norden, zur Küste des Euxeinischen Meers; den Winter verbrachte er in Sinope. Nachrichten aus Indien rissen nicht ab, aber irgendwie mochte niemand ihnen Glauben schenken. Es lag jenseits der Grenzen der von bekannten Völkern bewohnten Welt; Händler und Krieger waren bekanntlich unzuverlässig, was ihre aufgeblasenen Geschichten anging; goldhaltige Flüsse, Kämpfer auf Elefanten, nackte Philosophen, die ihr Leben lang auf einem Bein standen, Bernsteinpaläste, sprechende Schlangen – nett, wie der Bericht des Homeros über Odysseus in der Unterwelt. In Wahrheit war der König längst tot, oder zu den Göttern entrückt, oder in einem Weinfaß ertrunken samt seinem Heer, außerdem hatte er sich mit einer hundertbrüstigen Barbarin vermählt, die ihm zweifellos bald einen dreiäugigen Sohn gebären würde, und seine Satrapen hätten sicher gute Gründe, bestimmte Dinge zu erzählen und die Leute zu Gehorsam, Arbeit, Ruhe und Entrichtung von Abgaben zu zwingen.
    Mit einem Wollhändler und seinem langsamen Frachter segelte Dymas im Frühjahr über das Meer zum sagenhaften Kolchis, nördlich des Kaukasischen Gebirges, wo er feiste Schafe vorfand und wohlgenährte Menschen, aber keine goldenen Vliese. Zu Schiff kehrte er zurück nach Sinope, von dort durchquerte er das sommerheiße Kappadokien nach Süden. In Gordion bedachte er, daß der König, wenn er denn noch lebte, nun im unglaublichen Indien seinen dreißigsten Geburtstag begehen mochte, und ihn schauderte bei der Überlegung, daß Alexander wie Parmenion siebzig werden oder, wie Antipatros, die siebzig überschreiten könnte. Vor zehn Jahren – wirklich erst vor zehn Jahren, nicht vor einem Jahrhundert? – war in Aigai Philipp ermordet worden. Athens Flotte, das persische Großreich bis zum Hellespont und zum Nil, Theben und Thrakien und Sparta, Phönikien und Babylon – und Alexander hätte noch viermal zehn Jahre?
    Im Herbst erreichte er Tarsos; zwei Tage nach seiner Ankunft wurde er in den Palast geholt, wo Harpalos Herbst und Winter verbrachte. Der hinkende Makedone hatte sich verändert und war doch gleich geblieben. Der eiskalte Kopf, der dem Wohlleben ergebene Leib, wahrhaft asiatisches Schwelgen in allen Dingen – aber etwas war anders. Es dauerte lange, bis Dymas auch nur in Umrissen begriff, daß es Angst war.
    Der Hüter der Schätze ... Sein eigentlicher Sitz war Babylon, aber vermutlich

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