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Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)

Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)

Titel: Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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mißfielen ihm die dortigen Winter, oder es gab gute Gründe, einen Teil des Jahres in anderen Gegenden des Riesenreichs zu verbringen und die Steuerpächter und Zolleinnehmer zu prüfen.
    Harpalos bewirtete ihn, lauschte der Musik und den Liedern, immer zusammen mit seiner Gefährtin, einer ehemaligen athenischen Dirne namens Glykera. Von ihrer Vorgängerin, der verstorbenen Pythionike, hatte er einen Sohn. Dymas erinnerte sich an das Haus außerhalb von Megara; welche Kniffe, welche unerhörten Kunstfertigkeiten mußte Glykera besitzen, mußte Pythionike besessen haben, um Harpalos zu binden? Es gab andere Frauen im Palast, Sklavinnen und Freie, und Harpalos bot sie Dymas ebenso an, wie er selbst Gebrauch von ihnen machte; er genoß es, Glykera gelegentlich beim Treiben mit stämmigen Sklaven oder anderen Frauen zuzusehen; aber wenn sie mit den Fingern schnippte, sprang er. War es Angst? Angst vor Glykera?
    Dymas verbrachte den Winter in Kilikien, meistens in Tarsos, reiste allenfalls ein wenig an der Küste umher. Die Erträge der Musik waren vorzüglich; Karchedons Schuldverschreibungen hatte er nie antasten müssen und hegte sie. In einer stürmischen Frühlingsnacht, die er wieder in Harpalos’ Palast verbrachte, kam es zu einer merkwürdigen Halbenthüllung.
    Laßt mich, Götter, im achtzigsten Jahr, nach wüstem Gelage,
lustvoll erschlafft schon vor Tisch durch ergötzliches Spiel mit zwei Dirnen,
satt vom köstlichsten Braten, taumelnd vom edelsten Wein,
reichlich gelabt auch durch witzige Worte und wildes Gelächter
mit einer Schrift in der Hand schleunig beim Scheißen verrecken.
    Dymas sang dies nach wüstem Gelage, ergötzlichem Spiel und sattem Taumel; Glykera kicherte schrill und stieß Harpalos beinahe von der breiten Liege. Der Makedone setzte sich auf; er war nackt bis auf den Leibschurz, und wieder sah Dymas die mühelosen Bewegungen, das Spiel harter Muskeln unter dem täuschenden Fett.
    »Im achtzigsten Jahr?« murmelte Harpalos. »Beim Scheißen? Fürwahr, Freund, ein göttlicher Wunsch. Die Erfüllung wird nicht vielen beschieden sein.«
    »Du sprichst so ernst – als ob du an dich dächtest. Was sollte dein Fortleben verhindern?«
    Harpalos schwieg; Glykera legte ihm eine Hand auf die Schulter.
    »Sein Fortleben?« sagte sie, plötzlich nüchtern, mit harter Stimme. »Harpalos, Sohn des Machatas, aus elimiotischem Fürstenhaus, edler Makedone, vermählt mit einer athenischen Dirne – willst du fortleben? Wie andere edle Makedonen? Parmenion, zum Beispiel, oder Philotas, oder Nikanor? Kleitos der Schwarze, Lebensretter des Königs? Weiterleben wie des Aristoteles’ Neffe Kallisthenes? Es gab viele kluge Männer, Dymas, wie du weißt – wie ganz besonders du weißt. Männer, die unter der Leitung des listigen Korinthers schon für Philipp gearbeitet haben, die für Alexander unschätzbare Kenntnisse beschafft, die durch das richtige Wort und die richtige Münze tödliche Hindernisse beseitigt haben. Antigonos – er zittert in Phrygien, hofft, daß Alexander nie heimkehrt. Nearchos – er ist aufgebrochen mit Verstärkungen; lebt er noch? Ptolemaios – er ist beim König, träumt Alexanders Träume, hütet Alexanders Rücken, wie Seleukos und Leonnatos und Laomedon. Sie sind sicher; noch sind sie sicher. Sie denken seine Gedanken, das macht sie gewaltig und winzig und läßt sie leben. Wer andere Gedanken denkt, eigene, mag noch so gewaltig gewesen sein, er ist jetzt tot. Parmenion. Philotas, Führer der Hetairen. Nikanor, sein Bruder, Führer der Hypaspisten. Kleitos, vielleicht der beste Mann des Heeres nach Parmenion, vielleicht der beste Mann des Demaratos. Demaratos, jählings an Alter gestorben. Erigyios, Bruder Laomedons, mit Alexander von Philipp verbannt, an einer rätselhaften Krankheit gestorben zu der Zeit, da auch Kallisthenes starb, hingerichtet. Drakon der Heiler, kluger Kopf, Freund des Demaratos, verschollen? Sterben alle, die mehr wissen, als der König gestattet? Überleben nur die, die ihm morgens und abends die Füße küssen und ehrfürchtig seine Worte wiederholen? Die Jugendfreunde, die Verbannten, schienen sicher, nicht wahr? Alexanders Liebe und Treue, oder? Ptolemaios, Laomedon, Harpalos, Nearchos, Erigyios. Einer fehlt schon – Erigyios, der den Satibarzanes im Zweikampf tötete und so die Satrapie Areia rettete. Ah, auch er wollte nicht knien, nicht den Boden küssen vor dem König der Könige.«
    »Ist es so?« sagte Dymas; er beobachtete den

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